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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

muß er aber den Ball b auf die Seite schieben, und Jedermann weiß nun, daß in diesem Falle der letztgenannte Ball in der durch den Pfeil angedeuteten Richtung nach dem Eckloch weiter läuft.

Der Punkt also, wo man einen Ball zu treffen hat, damit er einen bestimmten Weg einschlage, läßt sich sehr leicht finden, wenn man jene Richtungslinie sich durch den Ball hindurch verlängert denkt. Damit in Fig. 3 d nach dem linken Mittelloche gehe, muß er von e an dem Punkte g getroffen werden. Daraus läßt sich der durch die Praxis bestätigte Schluß ableiten, daß die letzte Möglichkeit, einen Ball zu schneiden, dann gegeben ist, wenn die Richtung, nach welcher er gehen soll, auf der Richtung, in welcher der Spielball steht, senkrecht steht. Die Caroline d kann also nur durch solche Bälle nach der linken Mitte gemacht werden, die rechts von der Linie AB stehen.

Jeder auf der Seite getroffene (geschnittene) Ball verhält sich so, als wäre er schief gestoßen worden; und das ist vorzüglich zu beachten, wenn der gespielte Ball an die Bande trifft, weil er dann in ganz entsprechender Weise, wie wir es bei Fig. 2 gesehen haben, abprallt; daher bieten die sogenannten Schnittdoubles dem Mindergeübten so große Schwierigkeiten. Ebenso erleidet der Spielball, nachdem er den andern Ball getroffen, eine Drehung, als ob er um den getroffenen Ball herum laufen wollte, die ihn nicht unter demselben Winkel wieder vom getroffenen Balle abprallen läßt, unter welchem er ankam, sondern seinen Lauf nach der Bahn des zweiten Balles mehr oder weniger mit ablenkt. Nach den Gesetzen der Elasticität allein müßte z. B. der Spielball e, wenn durch ihn die Caroline d geschnitten wird, in der Richtung nach f hin abprallen; dies thut er aber in der Wirklichkeit nicht, sondern er geht unter einem viel flacheren Winkel ab und trifft, wie bekannt, noch gewöhnlich den unteren Carambolball a.

Da die Drehung des Balles nach der Seite einen wesentlichen Einfluß auf den Abschlag von der Bande ausübt, wie uns Fig. 2 gezeigt hat, so sind die Schwierigkeiten, welche sich der Ausführung der doublirten Bälle in den Weg stellen, auch viel größer, als die, welche gewöhnliche Schnittbälle darbieten.

Es wird zwar von allen Seiten als einzig zu beachtende Regel das Gesetz gepredigt, daß der Ball unter demselben Winkel abschlägt, unter welchem er an die Bande ankommt; allein das gilt ganz streng nur für sehr wenige Bälle. Die meisten Bälle sind von Haus aus nicht gerade getroffen worden, sondern bringen eine Drehung, welche die Abschlagsrichtung verändert, schon mit an die Bande; alle übrigen aber, die nicht ganz steil auf die Baude auftreffen, erhalten eine solche, auch wenn sie ganz voll und gerade gestoßen worden sind, weil im Augenblick des Anschlags nur der berührende Punkt des Balles in seiner Fortbewegung aufgehalten wird, während die übrigen Punkte eine gewisse Geschwindigkeit behalten, mit der sie sich nach vorwärts bewegen wollen, und die zu einer Drehung um den Berührungspunkt führt. Man muß dies berücksichtigen und Bälle wie r in Fig. 4 etwas weniger flach an die Bande spielen, als es das oben ausgesprochene Abschlagsgesetz verlangt.

Um einen Ball sicher zu doubliren, wird man aber nichtsdestoweniger sich in Gedanken den Winkel vorzustellen haben, unter welchem er an die Bande angeschlagen und wieder zurückgeworfen würde, falls lediglich die Gesetze der Elasticität in’s Spiel kämen. Dem Anfänger macht dies Schwierigkeit, und selbst für fertige Spieler giebt es Fälle, in denen die goldene Praxis nicht ausreicht.

Vorzüglich sind die Triples, Quadruples etc. bei denen der Ball zwei, drei, vier und mehrere Mal die Bande berühren soll, ehe er sein Ziel erreicht, nur durch lange Uebung zu erlernen. Da aber die Richtungen, die ein doublirter, triplirter etc. Ball einschlägt, von mathematischen Gesetzen bestimmt werden, so kann man auf dem Papiere sich die Wege verzeichnen, und dieselben Aufgaben mit Bleistift und Lineal lösen, die auf dem Billard Einem gegenübertreten können. Für ein Double z. B. findet man den Punkt der Bande, nach welchem der Ball zu spielen ist, sehr leicht, wenn man, wie in Fig. 4, an das Billard a, b, c, d ein anderes a², b², c², d² sich angeschoben denkt, und nach dem entsprechenden Punkte auf diesem zweiten (Hülfs-) Billard visirt. Diese Visirlinie giebt die Richtung, in welcher der Ball zu spielen ist, wenn er durch Abschlag von der Bande sein Ziel erreichen soll. Soll also der Ball B durch den Ball A in das Mittelloch e gespielt werden, so muß er so getroffen werden, als ob er nach auf dem Billard 2 direct gehen sollte, also an m; dagegen an n, wenn er in die Ecke d gehen soll, in welchem Falle er in der Richtung nach gespielt wird.

Fig. 4.

Bei einem Triple muß der Ball zweimal die Bande berühren, ehe er an dem bestimmten Orte ankommen darf. Man findet den Punkt, nach welchem er dann zu spielen ist, auf ähnliche Weise, indem man sich noch ein zweites Billard neben das vorhin gedachte angesetzt denkt; für Quadruples ist noch ein drittes nöthig. Die Figur 5 zeigt uns, in welcher Weise diese Hülfsbillards sich um das ursprüngliche gruppiren. Es sind nämlich, um alle möglichen Doubles zu bestimmen, ihrer schon 4 nöthig, die sich an die Seiten des Hauptbillards anlegen, und die in unserer Zeichnung mit der Ziffer 2 bezeichnet sind. Zwischen und neben diesen stehen die Triplebillards (8), die durch 3, und dann die Hülfsbillards für Quadruples (10), die durch die Ziffer 4 kenntlich sind.

Fig. 5.

In welcher Weise sich die Figur für Bälle höheren Ranges als Triple und Quadruple vervollständigt, leuchtet aus dem Schema von selbst ein.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_189.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)