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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

sein könne, daß der bedeutende Betrag der disponiblen Jahreseinnahmen (14,800 Thaler) dazu vollständig in Anspruch genommen werde, so wird erlaubt sein, unter diesen günstigen Verhältnissen den schon anderwärts aufgetauchten Gedanken auszusprechen, daß ein Theil des durch die Lotterie eingetretenen Vermögenszuwachses zurückgelegt und damit ein Fonds zu künftiger Errichtung eines zweiten großen nationalen Instituts zu Förderung deutscher Literatur und deutscher Sprache gegründet werde, welcher die Auszeichnung und Belohnung der in diesen Wissenschaften sich hervorthuenden Männer zum Zweck haben solle. Demzufolge geht der Antrag des Hauptvereins dahin:

Dr. Hertel.

Die deutsche Schillerstiftung wolle ihr Einverständniß damit erklären, daß zu Gründung einer nach Schiller’s Namen zu benennenden Akademie für deutsche Literatur und Sprache von dem durch die Lotterie der Schillerstiftung zugeführten Ertragsantheile ein Capital von 100,000 Thaler zurückgelegt und dasselbe durch Zinsenzuwachs, ingleichen durch Hinzuschlagung der bei dem Verwaltungsrathe und der Schillerlotterie-Stiftung alljährlich etwa übrig bleibenden Nutzungsüberschüsse, sowie durch Vereinbarung mit der Tiedgestiftung hinsichtlich des von ihr offerirten Jahresbeitrags und sonst in zweckdienlicher Weise bis zu Erreichung des Betrags von 300,000 Thaler vermehrt werde.

Den zweiten Antrag stellen die Leiter der Schillerlotterie, wie den ersten, in wohlgemeintester Absicht, weil sie glauben, daß die deutsche Nation, welche durch zahlreiche Betheiligung an dem Lotterie-Unternehmen bei Erwerbung des großen Vermögenszuwachses für die Schillerstiftung mitgewirkt, in der That auch einen begründeten Anspruch darauf besitzt, von der Verwendung fortdauernd specielle Kenntniß zu erlangen. Dieser Antrag formulirt sich dahin:

Es möge entweder §. 10 der Satzungen in Wegfall gebracht und dafür eine die Veröffentlichung der Unterstützungsempfänger als Regel aufstellende Festsetzung substituirt, oder mindestens zu §. 10 der Zusatz beigefügt werden: „die Namen derer, welche von den Zinsen des durch die Allgemeine deutsche National-Lotterie erworbenen Stiftungsvermögens Unterstützungen empfangen haben, sind in den Jahresberichten zur Veröffentlichung zu bringen, dafern nicht in einzelnen Fällen und aus überwiegenden und dringenden Gründen die Nichtveröffentlichung ausnahmsweise als nothwendig erkannt und beschlossen wird.“

Wir glauben diese referirten Beschlüsse und Anträge des Hauptvereins, welche letztere dem Verwaltungsrathe mit dem Gesuche eingereicht worden sind, sie der bevorstehenden Generalversammlung der Schillerstiftung zur Beschlußfassung vorzulegen, mit wahrhafter Freude begrüßen zu müssen und sind überzeugt, daß nicht leicht geeignetere und zweckmäßigere an deren Statt gemacht werden konnten. Die Begründung einer lebensfrischen thatkräftigen Akademie halten wir für einen wahrhaft nationalen Gedanken und müssen uns auch für die Veröffentlichung der Unterstützungsempfänger als Regel aussprechen, weil es eine Ehre sein soll, von der deutschen Schillerstiftung unterstützt zu werden, und weil auch so eine zweckmäßige Controle herbeigeführt und dem Coteriewesen vorgebeugt werden kann. Die Verschweigung des Namens der Empfänger von Beihülfen – Gaben – erinnert zu sehr an das Verhältniß verschämter Armen zum öffentlichen Almosen. Und doch soll die den Schriftstellern gewährte Gabe nicht ein Bettelpfennig, sondern eine zeitweilige Unterstützung und zugleich ein Zeichen der Erkenntlichkeit, der dankbaren Anerkennung sein.

Wir glauben, daß es, wie dem Gründer und den Leitern der deutschen Schillerlotterie, so denen der deutschen Schillerstiftung heiliger Ernst ist, etwas Großes und Nationales zu schaffen, sowie „innerhalb und außerhalb derselben den unverbrüchlichen Gottesfrieden aufrecht zu erhalten, welcher allein einer pia causa, einem Werke reiner Humanität geziemt.“ Wir geben uns diesem frohen Glauben um so zuversichtlicher hin, als durch die gewaltigen in ihrer Art einzigen Erfolge der Schillerlotterie, sowie durch Annahme und getreuliche Ausführung des obgenannten Antrags der Zeitpunkt weit näher gerückt ist, „wo die Sonne des 10. November unter den vollendeten Pantheen und Capitolien deutscher Nation auch ihr Prytaneion, die Schillerstiftung und Schillerakademie, fertig und fest beleuchten wird!“

Wenn irgend etwas großartig Gutes, patriotisch Förderndes in unserer Zeit des wachgerufenen und werkthätig gewordenen Gemeinsinnes geschehen ist, die Schöpfung der Schillerlotterie darf sich ihm getrost zur Seite stellen. Sie macht dem Talent, dem Genius die Bahn frei von allen fesselnden und bedrückenden Hemmnissen des Alltagslebens, und dafür wird sie zu aller Zeit mit Erhebung und Dank gepriesen werden. Wie dem wackern, 74jährigen Major Serre, so wird auch seinen opferfreudigen Mitarbeitern im Hauptverein das deutsche Volk im Namen aller Derer, welche dereinst oder bald die Segnungen dieser Stiftungen genießen werden, den aufrichtigsten Dank und die vollste Anerkennung zollen, welche solcher uneigennützigen Hingabe an ein wahrhaft nationales Unternehmen gebührt. Nicht minder gebühren Dank und Anerkennung dem edlen Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, der als Protector und liberaler Schenkgeber an die Spitze der Unternehmung trat, ebenso der königl. sächs. Staatsregierung, vor Allem dem Ministerpräsident Freihern von Beust, sowie dem Chef des Finanzministeriums, Freiherrn von Friesen, und dem des Cultusministeriums, Freiherrn von Falkenstein, endlich allen Denen, welche durch Portofreiheit und sonstige Erleichterung der Schillerlotterie Vorschub leisteten. Allen Dank, herzlichen Dank; denn

„Was für Andre man gethan,
Bleibt doch immer wohlgethan.“


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_365.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)