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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Feines Mittagsmahl in der Menageriebude.

Von den Kunststücken der Elephanten zu sprechen, ist jedenfalls hier überflüssig, Jedermann kennt dieselben aus eigener Anschauung, denn sie sind ja fast immer dieselben. Mir ist immer das Hinlegen auf Commando das Interessanteste dabei gewesen, da dies so abweichend von dem aller andern Thiere ist, daß man, ohne es zu sehen, keinen rechten Begriff davon hat. Gewöhnlich wird dabei das Publicum belehrt, daß „nach der Naturgeschichte“ die Elephanten sich nicht hinlegen könnten und im Stehen schlafen müßten, was aber falsch sei, und nun erfolgt der Gegenbeweis. Natürlich fällt damit auch die berühmte Art des Fangens, nach welcher man den Elephanten sich an einen Baumstamm lehnen, einschlafen und den Stamm umhauen läßt, in ihr schmähliches Nichts zusammen.

Die erwähnten Kunststücke würden übrigens sehr leicht zu vervielfältigen oder wenigstens abwechselnder zu machen sein, wenn die Abrichter dabei etwas von der gewöhnlichen Routine abweichen wollten. Es scheint aber, als geschähe dieses Abrichten immer über einen Leisten, nur selten sieht man eine neue Kunstleistung des Elephanten oder auch nur eine neue Form derselben. Besonders das Komische könnte in diesem Fache viel mehr cultivirt werden und würde beim Publicum am meisten Glück machen. In dieser Beziehung war es z. B. eine äußerst originelle und glückliche Idee, als einst in einer einem Franzosen gehörigen Menagerie, welche auch nach Leipzig kam, bei der unvermeidlichen Mahlzeit des Elephanten ein Affe, ganz als Koch gekleidet, auf einem langen Bret zum Tische des gewaltigen Thieres heraufgetrippelt kam, um demselben die verschiedenen Gerichte zu präsentiren, wobei er nicht verfehlte, sich bei dem Ueberreichen jedesmal ein Stück, welches ihm gefiel wegzustibizen. Die kleine, trippelnde Gestalt mit dem weißen Anzug, dem langen Schwanz und dem ernsten, zum Ueberfluß mit weißer Kreide bemalten Gesicht sah im Gegensatz zu dem ruhigen Elephanten außerordentlich drollig aus, und ich habe es nicht unterlassen können diese Scene zu zeichnen.

Wie mechanisch übrigens auch ein Elephant seine Kunststücke ausführt, wenn er dieselben fortwährend zu wiederholen gewohnt

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_413.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)