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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

der Signale nur bei ruhiger See möglich ist, bedarf keiner Erklärung, denn wenn das Schiff in den Wogen stark rollt, so wird nicht nur der Taucher von dem ungleich mehr auf- und abfahrenden Receptor auf- und niedergeworfen, sondern auch der Führer kann nicht mehr im Gefühl mit dem Taucher bleiben, weil die Signalleine bald straff, bald schlaff wird.

Leider geht uns hier der Raum aus und sind wir mit einem Bildchen im Stiche gelassen worden, das zur Vervollständigung dieses Artikels nothwendig ist; wir sind deshalb genöthigt, unsere Leser später noch einmal zu unserm Gegenstand zu führen, um ihnen mitzutheilen, wie Bauer selbst seine Taucher abgerichtet, wie diese sich dabei angestellt, wie die anfängliche Verzagtheit endlich bis zum Uebermuthe ausartete, so daß sogar ein Taucher einmal in der Tiefe auf dem Ludwig sitzend seinen Rausch ausschlafen wollte, ferner, auf welche Weise Bauer seine Ballons und Kameele herstellte, warum er sofort Kameele zum Heben anwandte und das Versprochene über seinen Hebungsplan mit Terrainzeichnung von der Lagestelle des Ludwig bis zum Bergungsort.





Der Verrath des Barons Warkotsch gegen Friedrich den Großen.

Nach den Acten des Breslauer Oberamtes, datirt Breslau, den 22. März 1762.

Die Festung Schweidnitz war in die Hände der Oesterreicher gefallen – Held Friedrich der Große um einen Theil seiner müherrungenen Lorbeern ärmer. Es war wiederum einer jener bangen, erwartungsvollen Momente in der Weltgeschichte, wo sich die Freunde des großen Königs fragten: „Wie soll er nun noch ferner bestehen vor der Macht seiner Gegner?“ eine Frage, die der Gewaltige stets mit einem Siege beantwortete, der den Verlust aufwog.

Es war der 6. November 1761. Ein kalter Wind fegte über die kahlen Felder und durch die entlaubten Zweige des Parkes der gräflichen Besitzung Schloß Schönbrunn, zwei Meilen hinter dem Städtchen Strehlen in Schlesien gelegen. Das Schloß bildete gewissermaßen den Mittelpunkt der strategischen Operationen beider Heere. Vor sich sah es die sich zwischen Freiburg und Bögendorf an das Gebirg lehnenden Oesterreicher unter Laudon, im Rücken bei Neiße stand die preußische Armee unter ihrem Heldenkönige, beide Heere nach der Ruhe des Winterquartiers sich sehnend, aber beide begierig, vor der Unthätigkeit noch einen Schlag zu führen. Der Besitzer des Schlosses Schönbrunn war zu jener Zeit der Baron, Freiherr Heinrich Gottlob v. Warkotsch, Erbherr von Schönbrunn, Ober- und Niederrosen und Casserei. Früher in österreichischen Diensten als Hauptmann des Regimentes Totta, hatte der Baron im Jahre 1756 seinen Abschied genommen, nachdem er durch den zu Carlsbad erfolgten Tod seines Bruders, der als Kammerherr im Dienste des Königs von Preußen stand, alleiniger Besitzer sämmtlicher Güter geworden. Der Baron Warkotsch war, wie die spätere Untersuchung ergab, ein sehr wunderlicher, unliebenswürdiger und verhaßter Herr.

Vielfache Vergehungen gegen das sechste Gebot, welche nur seiner Gattin, einer trefflichen Dame, gebornen Freiin von Hösser zu Löwenstein, Kummer bereiteten, würden seine Unterthanen gleichgültiger betrachtet haben, hätte nicht der Baron den feudalen Ansichten als Gutstyrann Geltung zu verschaffen gesucht, denen zufolge er die Behauptung aufstellte: „Der Bauer ist eigentlich kein Mensch.“ Bei solchen Gesinnungen mußte dem Baron freilich das Regiment eines Königs, wie Friedrich II., es war, sehr unbequem erscheinen, da dieser Fürst seine Bauern als äußerst wichtige Menschen anerkannte. So erbärmlich das Motiv erscheinen mag: Warkotsch hegte gegen den großen König einen unauslöschlichen Haß, weil Friedrich, wie bekannt, dem wiedergewonnenen Schlesien preußische Einrichtungen gab, durch welche namentlich der Landmann von manchem Drucke, der aus vergangenen Jahrhunderten auf ihm lastete, befreit ward. Schon 1756 äußerte Warkotsch ganz unverhohlen seinen Widerwillen, unter preußischem Scepter stehen zu müssen, und als sich später in Böhmen eine österreichische Armee zusammenzog, meinte er: „Wenn die Oesterreicher nur erst wieder Schlesien haben, dann können wir das Bauernpack zu Paaren treiben.“ Der Baron war Protestant. Dessenungeachtet vernachlässigte er auffallend den in Schönbrunn eingesetzten protestantischen Prediger Gerlach, während der katholische Pfarrer Curatus Schmidt, zu Siebenkuben in der Nähe des Gebirges wohnend, sein beständiger Umgang war. So sehr der Baron ein Feind des großen Königs war, wußte er doch mit vieler Gewandtheit seinen Haß unter der Maske der Loyalität zu verbergen und hatte sich auf solche Weise die Neigung des Königs zu gewinnen verstanden. Bereits im August hatte der Prediger Kranicher zu Reichenbach dem Könige durch vertraute Boten treffliche Pfirsichen, Weintrauben und Gartenfrüchte in das Hungerlager zu Bunzelwitz gesendet. Der König nahm dies sehr gnädig auf. Warkotsch konnte nicht schnell genug ähnliche Spenden in das Bunzelwitzer Lager liefern.

Es war also der 6. November 1761. Heftige Kälte hatte er mitgebracht. Die Kamine der hohen Zimmer des Schlosses Schönbrunn entsendeten eine behagliche Wärme. Die Lichter verbreiteten von den hohen silbernen Armleuchtern herab eine trauliche Stimmung als Contrast zu dem Schneesturme, welcher über die Gegend sauste und an den fein bemalten Läden rüttelte, die den hohen, gewölbten Fenstern ihren Schutz liehen. In einem Zimmer des Erdgeschosses saßen drei Personen: eine Dame, die, an einer Stickerei arbeitend, sich in eine Ottomane geworfen hatte; ein mit elegantem Schlafrocke bekleideter Cavalier, diesem gegenüber endlich die dritte Person, der man den Geistlichen angesehen haben würde, obgleich sie einfache Bürgerkleidung trug und ihre Füße in Reitstiefeln steckten. Die Personen waren Baron und Baronin Warkotsch mit ihrem Hausfreunde, dem Curatus Schmidt aus Siebenkuben. Die Dame arbeitete, wie gesagt, an einer Stickerei, die Herren spielte Karten. Die Unterhaltung war eine zu jenen Zeiten gewöhnliche – die Kriegsereignisse betreffende und zeichnete sich nur durch den Widerstand aus, welchen die Baronin den beiden Herren entgegensetzte, sobald diese die Verdienste des Preußenkönigs zu verkleinern suchten. Unter Spiel nebst Gezänk war die neunte Abendstunde herangekommen. Die Pendülen in den Zimmern verkündeten sie laut.

Plötzlich ertönte auf dem Schloßhofe ein gewaltiger Lärm. Pferdegetrappel, Rufen, Hundegebell, Klirren von Eisen mischte sich untereinander. Warkotsch und sein Gast sprangen erschrocken auf. Der Baron öffnete einen Laden. Auf dem Hofe wogten eine Menge Menschen umher. Lichter bewegten sich hin und wieder, Waffen blitzten. „Heda dort unten! was giebt’s denn?“ rief der Baron hinab. „Seine Majestät der König von Preußen reiten soeben in den Hof und ersuchen den Herrn Baron um ein Nachtquartier,“ tönte es von unten herauf. „Der König!“ schrie der Baron und sprang vorn Fenster weg. Wie eine Feder schnellte die Baronin vom Sopha in die Höhe, und zur Hinterthür hinaus huschte die schwarze Gestalt des Pfarrers, mit dem festen Vorsatze, sich heute nicht mehr sehen lassen zu wollen. Eilig stürzte der Baron durch die Vorzimmer, auf den Flur des Hauses, riß die Flügelthüren, welche auf die Treppe zum Hofe gingen, auseinander und trat hinaus in das Schneegestöber; hier, an der untersten Stufe erblickte er zwischen zwei mit Windlichtern versehenen Jägern den König.

Ein hellblauer Reitrock mit kleinem Pelzkragen umgab die Gestalt des Helden, der mit freundlichen Bonsoir! die Stufen hinaufstieg. „Komme unverhofft, cher Baron! muß um Pardon bitten! Dérangement soll nicht lange dauern.“ Der Baron stammelte Etwas wie von außerordentlichem Glück, ging in devotester Weise vor dem Könige her und öffnete die Thüre zum Empfangssaale, hinter welcher die Baronin mit tiefer Verbeugung den König begrüßte. Galant bot Friedrich ihr den Arm. Bald war ein schnell hergerichtetes Nachtmahl aufgetragen, und die Gesellschaft wurde noch durch den Markgrafen Karl und den General Adjutanten von Krusemark vermehrt. Zwei Stunden später waren die Lichter erloschen; tiefe, nur von dem Tritte der Wachen auf dem Schloßhofe unterbrochene Stille umgab das Schloß. In gutem Vertrauen hatte der König am Tische des Edelmanns gespeist – in gutem Vertrauen schlief er unter seinem Dache – und der Edelmann saß während dessen zusammen mit dem Priester, das Verderben seines Herrn berathend. – Nach Mitternacht tönte eine Klingel im Zimmer, Warkotsch fuhr zitternd auf. Der Kämmerer Leining rief nach ihm. Als der Baron sich meldete, bat Leining, er möge schnell

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 798. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_798.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)