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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Blätter und Blüthen.


Von der Beleuchtung. Vor etwa zwei Jahren verbreitete sich plötzlich über Amerika die Kunde, daß in Virginen, Pennsylvanien und anderwärts aus verschiedenen Stellen des Bodens ein eigenthümliches Oel quelle, das an Größe der Leuchtkraft alle bekannten Oele überträfe. Mit der Rührigkeit, welche den Amerikanern in allen praktischen Dingen eigen ist, machten sie sich schnell den so günstigen Umstand zu nutz, und in kaum einem Jahre war bereits mehr als eine Million (1,112,476) Gallonen Erdöl aus dem Boden gewonnen. Ebenso schnell hatte man die Lampen, welche bisher für das dem Erdöl verwandte Schieferöl und Photogen im Gebrauch waren, zu größerer Vollkommenheit gebracht, so daß sich dieses ebenso schöne, wie billige Beleuchtungsmittel an allen Orten mit reißender Schnelligkeit Eingang verschafft hat. Als nun gar das Erdöl nebst den zugehörigen Lampen in ungeheuerer Menge nach Europa versandt wurde, erreichte schon die vierteljährige Ausbeute (Januar bis April 1862) dieselbe Höhe, wie die des ganzen vorigen Jahres. Waren ja doch bereits im Jahre 1861 32,000 Gallonen nach Bremen und 43,000 nach Hamburg versandt worden. Es giebt wohl kaum eine Stadt in Europa, in der nicht schon ein großer Theil der Bewohner die alten Lampen bei Seite gelegt und dafür die schönen und billigen Erdöllampen angeschafft hätte. Und in der That, zahlreiche und genaue Versuche, welche von den Gelehrten diesseits und jenseits des Oceans angestellt worden, haben unwiderleglich bewiesen, daß das Petroleum von allen bekannten Oelen im Verhältniß zu seiner Leuchtkraft das billigste ist. Selbst Photogen, welches eigentlich an Leuchtkraft das Erdöl übertrifft und bisher als das billigste Oel galt, ist um 20 Procent theurer, als dieses. Beträgt ja doch der Verbrauch in einer Stunde nur 19/100 Kreuzer, oder etwa ¾ Heller!

Das rohe Erdöl, wie es unmittelbar dem Boden entquillt, ist gelblich-grün, sehr leichtflüssig und leicht entzündlich. Dadurch aber, daß es mehrmals einer sorgfältigen Reinigung unterworfen wird, nimmt es eine fast wasserhelle Farbe mit einem Stich in’s Grauliche an und hat auch viel von seiner Entzündlichkeit verloren.

Die Warnungen, welche man wegen der Feuergefährlichkeit des Oels verbreitet hat, sind, wenigstens was das raffinirte betrifft, von allzu großem Eifer eingegeben. Freilich scheint der Erlaß der würtembergischen Regierung, welcher die größte Vorsicht anempfiehlt, dadurch an Bedeutung zu gewinnen, daß erst vor wenigen Wochen ein amerikanischer Dampfer, welcher Erdöl in großen Quantitäten führte, nahe am Gestade in Brand gerieth und einen furchtbaren Anblick darbot. Weithin verbreitete sich die flüssige Gluth über’s Meer, so daß der ganze Ocean zu brennen schien; doch aber ist das Petroleum nicht mehr und nicht weniger entzündlich, als das Schieferöl oder das Photogen, welches man doch so lange zur Beleuchtung gebraucht hat, ohne von dessen Feuergefährlichkeit besonderes Aufhebens zu machen. Das Erdöl entzündet sich durch Annähern eines brennenden Hölzchens oder Papiers bei gewöhnlicher Temperatur nicht, wohl aber, wenn es bis auf 50 Grad erhitzt worden; bei 54 Grad Wärme entzündet es sich schon, wenn das brennende Hölzchen noch ein Zoll von der Oberfläche entfernt ist.

Der Hauptfundort des amerikanischen Erdöls ist in Pennsylvanien längs den Ufern des sogenannten Oelbaches, welcher von Titusville nach der Bil-City in südlicher Richtung fließt und in den Alleghanyfluß mündet. Dieses Wasser ist ungefähr 100 Fuß breit und drei Fuß tief und durchläuft eine Strecke von 17 englischen Meilen. Auf beiden Seiten ist es von niedrigen Hügelreihen umschlossen, und auf den schmalen Wiesen, welche seine Ufer umgeben, sind die Brunnen angelegt, aus welchen das Oel theils von selbst ausfließt, theils durch Pumpen zu Tage gefördert wird. Die fließenden Brunnen sind bis zu einer Tiefe von 350 bis 500 Fuß gebohrt, und in der Kürze wird man noch viel tiefer in die Erde dringen.

Zahlreiche Raffiniranstalten sind rasch hinter einander in Venango, Erie, Cleveland und Pittsburg gegründet worden, und selbst das kühne Project, eine 40 Meilen lange Röhrenleitung bis Kiltanning herzustellen, von wo aus das Oel nach New-York geschafft werden soll, ist im Werden begriffen und sieht seiner raschen Vollendung entgegen.

Daß in Amerika das Erdöl jeden andern Leuchtstoff, mit Ausnahme des Gases, vollständig verdrängen muß, geht schon daraus hervor, daß der Preis für ein Pfund sich in New-York auf 1¾ Sgr. stellt. Auf welche Art das amerikanische Petroleum im Innern der Erde gebildet wird, darüber kann man allerdings bloß Hypothesen aufstellen, doch aber solche, welche einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, ja Gewißheit in Anspruch nehmen dürfen.

Es giebt eine besondere Art Schiefer, die auch in Süddeutschland, namentlich zwischen Main und Rhein, in einer Ausdehnung von mehr als 60 Meilen vorkommt und wegen ihres übelen Geruches „bituminöser“ Schiefer genannt wird. Diese merkwürdige Felsart enthält eine ungeheuere Menge vorweltlicher Thiere, welche in ihr verwesen, eingeschlossen, so daß sie ganz mit Oel getränkt ist. Destillirt man diesen Schiefer, so erhält man ein Oel, das sogenannte Schieferöl, welches schon Jahre lang zur Beleuchtung gebraucht wird. Möglich also, daß an manchen Orten die innere Gluth der Erde diesen Destillationsproceß eines tiefliegenden Schiefers selbst übernimmt, wobei das entstehende Oel durch allerhand Canäle an die Oberfläche der Erde geführt wird.

Durch Auffindung dieses Petroleums ist die Frage der Beleuchtung in ein neues Stadium getreten und nimmt gegenwärtig das allgemeinste Interesse in Anspruch. Deshalb dürfte es an der Zeit sein, das ganze Beleuchtungswesen in seinen Grundzügen zu entwickeln und die wichtigsten und interessantesten Versuche in dieser Richtung einmal in der Kürze vor Augen zu führen. Wir kommen darauf später zurück.

G. Kr.


Die Pflegerin Theodor Körner’s. Wir können heute unseren Lesern die interessante Mittheilung machen, daß die treue Pflegerin des muthigen Freiheitskämpfers jetzt noch und zwar in unserer unmittelbaren Nähe, in dem benachbarten Dorfe Groß-Zschocher, lebt. Es ist die neunundsiebzigjährige Wittwe Häusser, die Frau jenes barmherzigen Gärtners, der den verwundeten Körner im Walde aufsuchte und dort an der Eiche fand, unter deren Zweigen er sein schönes Abschiedslied dichtete. Die jetzt noch immer rüstige und muntere Frau, die dem schwer getroffenen Dichter damals die brennenden Wunden auswusch, seine Uniform vom Blute reinigte und ihn dann noch 10 bis 12 Tage unter banger Sorge pflegte, war es auch, die Körner’s Briefe – in dem Strumpfe versteckt – heimlich durch die vom Feinde besetzten Thore Leipzigs an den Kaufmann Kunze trug. Sie gerieth nach dem Tode ihres wackeren Mannes oft in große Bedrängnisse, aber keine Noth konnte sie dazu bewegen, den silbernen Becher, den ihr Körner aus Dankbarkeit verehrte und den sie jetzt noch besitzt, zu veräußern. Sie weiß heute noch viel aus jener Zeit zu erzählen und erinnert sich aller Einzelheiten jener Begebenheit mit treuem Gedächtniß.

Vielleicht wünschen einige der vielen Verehrer des Dichters der wackern Patriotin nachträglich noch ihre Anerkennung für ihre treue Pflege auszudrücken. Wir sind gern bereit, etwaige Zusendungen weiter zu befördern, und freuen uns, der braven Frau – wenn auch erst nach 50 Jahren – öffentlich den wärmsten Dank für ihre ebenso gefahrvolle, wie schöne That aussprechen zu können.


Aufgepaßt! Unter dem Titel: „Elekromotorische Fabrikate“ werden jetzt von den Apothekern Gebrüder Gehrig wieder einmal neue Heilapparate angezeigt. Diese Fabrikate bestehen für Erwachsene aus: Leibbinden à 2, 3, 4 Thlr., Cravatten und Shlipse à 1½, 1⅔, 2 Thlr., Einlagen dazu à 10 Sgr., Cravattenbänder für Damen à 15 und 17½ Sgr., Kopftücher à 11/6 Thlr., Fußsohlen à Paar 10 Sgr., Pulswärmer und Manschetten à 20 Sgr. und 11/6 Thlr., Rückenwärmer à 1½ Thlr., Brustwärmer à 1 Thlr., Unterjacken à 5½ Thlr. etc.; für Kinder: Zahnhalsbänder à 10 Sgr., Leibbinden à 1 und 2 Thlr. – und sollen helfen gegen die verschiedensten rheumatischen und gichtischen Leiden, Magenkrampf, habituelle Diarrhoe, Bleichsucht etc. Zahnkrämpfe der Kinder werden durch dieses Mittel augenblicklich beseitigt.

Unterzeichneter hält es für nothwendig, das Publicum vor diesem Schwindel (auch I. Classe!) zu warnen, und erlaubt sich, das Ergebniß, welches die Untersuchung eines elektromotorischen Zahnhalsbandes für Kinder ergab, mitzutheilen. Ein 8½ Zoll langer, 1¼ Zoll breiter zusammengenähter Sammtstreifen enthält – 2 etwas kürzere und schmälere Streifen Glanzkattun, welche mit Gummi bestrichen sind und zwischen welche circa ½ Gran Schwefelblumen (Flores Sulphuris) eingestreut ist. Ueberlegt man, daß von ordinärem Sammt die Viertelelle (1 Elle breit) 2½ Sgr. und von Schwefelblumen das Loth 4 Pfennige kostet, so wird man sich die Procente, welche für den Fabrikanten als Reinertrag abfallen, berechnen können, und zugleich wird die Ueberzeugung gewonnen werden müssen, daß ½ Gran Schwefel in Sammt eingenäht auf den Körper nicht mehr elektrisch einwirken kann als ein in der Tasche getragenes Büchschen mit Streichhölzern. Den Zeugnissen, welche die Verfertiger ihren Fabrikaten beilegen, präsidirt ein Attest von einem Dr. Hertwich, königl. Professor in Berlin, und eines Dr. Höltzel, Kreis-Physicus in Strasburg. Nehmen wir zur Ehre dieser Herren an, wenn sie überhaupt existiren und die betreffenden Atteste ausgestellt haben, daß sie nicht wußten, zu welchen Schwindelpreisen die Verfertiger ihre Präparate verkaufen, und möchten vorstehende Zeilen dazu beitragen, das Publicum auch vor diesen Mitteln, soweit sie nur dazu dienen, die Geldbeutel zu leeren, zu behüten.

V. M.


Kleiner Briefkasten.


S. in V. Wir müssen Sie auf Nr. 15 des Jahrgangs 1862 verweisen, worin der Klärungsapparat des Herrn Rawald in Freiburg a/U. ausführlich besprochen wird. Das unzulängliche chemische Klärverfahren, zeit- und geldraubend und meist die Substanz schwächend, wird durch das billige und schnelle Rawald’sche Klärmittel für immer beseitigt. Dieses Mittel besteht aus einem sinnreich construirten Apparat und einer besonders zubereiteten Klärmasse, und diesen beiden einfachen Factoren widersteht durchaus nichts Trübes in allen erdenklichen Flüssigkeiten. Wasser, Wein, Bier,Cider, Frucht- und Zuckersäfte, Spirituosen, Laugen, Oele und Essenzen, Farben, Wasserglas werden, und wenn sie noch so trüb sind, sofort glanzhell, ohne daß Farbe, Qualität oder Geschmack im Mindesten beeinträchtigt würden. Die Klärung erfolgt unmittelbar nach der Einfüllung in den Apparat. Dieser besteht aus einer dauerhaften steinartigen Masse, welche weder von Säuren, noch Temperaturwechsel angegriffen wird, nimmt wenig Raum ein und ist unmittelbar nacheinander für jede Flüssigkeit zu gebrauchen, unter Anwendung derselben Klärmasse, welche sich wenig abnutzt. Gleichzeitig dient dieses Verfahren auch zur Ausscheidung der noch nutzbaren Bestandtheile aus dem Waschwasser der Fabriken und der Hauswirthschaft und stellt sich somit als das sicherste, schnellste, zweckmäßigste und billigste Klärmittel dar, von Dr. Gall, Dr. Döbereiner und andern Autoritäten auf’s Wärmste empfohlen. Herr Rawald liefert den Apparat in verschiedener Größe für 3, 5 bis zu 20 Thaler, und es werden damit in der Stunde 30–60 Quart bis 4 Eimer geklärt.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_176.jpg&oldid=- (Version vom 18.9.2018)