Seite:Die Gartenlaube (1863) 216.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

hättest; das Genörgele von Deiner Familie: siehst Du, nun hast Du’s, warum bist Du nicht nach Carlsbad gegangen u. s. f., nähme gar kein Ende, und ich müßte, wie immer, ganz gewiß als Sündenbock dafür herhalten, daß Du meinen ärztlichen Verordnungen nicht ordentlich nachgekommen wärst.“

„Nein! Da kennst Du meine Frau schlecht. Was Du sagst, hält sie für ein Evangelium.“

„Nun denn, ordentlich aufgepaßt, denn ihr Halbkranken hört immer nur mit halbem Ohre zu. – Alle Beschwerden, von welchen fettleibige Personen, zumal solche, die schnell in wenigen Jahren fett wurden, heimgesucht

Die gesunde Mannesleber.

werden, haben ihren Grund in widernatürlicher Fettablagerung im Innern des Körpers, ganz besonders in lebenswichtige Organe, wie das Herz, die Leber, die Gefäßwände etc. Es ist deshalb die Aufgabe jedes Fettsüchtigen, nicht nur neue Fettablagerung zu vermeiden, sondern auch das schon in zu reichlicher Quantität vorhandene Fett zum großen Theile wieder wegzuschaffen. Damit sich nun neues Fett in ungehöriger Masse nicht mehr absetzen (aus dem Blute ausscheiden) kann, muß eine solche Diät eingehalten werden, welche im Genusse fettarmer Nahrung besteht und ebenso wie fette auch fettbildende Nahrungsstoffe (z. B. Zucker, Mehlspeisen, Spirituosen) vermeidet, sodaß also die Kost hauptsächlich aus magern Fleischspeisen und wässrigen Getränken zusammengesetzt sein darf. Natürlich soll nicht alles Fett, aller Zucker und alles Mehl ängstlich vermieden werden, auch schadet von Zeit zu Zeit ein Gläschen Bier oder Wein nicht, aber nur sehr mäßig ist dies Alles zu genießen.

Zum Wegschaffen des unnützen Fettes dient nun aber nichts besser als tüchtige Bewegung und kräftiges Athmen in frischer, freier und besonders sonniger Waldluft, weil dadurch der Blutlauf und die Fettverbrennung im

Die verkrüppelte Frauenleber.

Blutstrome sehr gefördert wird. Das Faulenzen, lange Schlafen, überhaupt das Pomadigsein muß aufhören und dafür Frühaufstehen, Spazierengehen, Hantiren im Hause oder Garten, Holzfällen, Kegeln, Turnen eintreten. Das kräftige, tiefe Ein- und Ausathmen werde ordentlich gelernt und executirt, auch durch enge Kleidungsstücke nicht etwa behindert.

Ein prächtiges Unterstützungsmittel dieser Entfettungscur ist sodann das Wasser, aber in größerer Menge als sonst getrunken und, weil der Magen weniger dadurch beschwert wird, von heißer Temperatur. Doch kann ein guter Magen auch kaltes Wasser vertragen. Verstopften thut ferner ein schwachabführendes Mineralwasser (wie das Carlsbader) ganz gut, nur lasse man davon ab, sobald der Appetit dadurch vermindert wird. – So einige Biergläser heißen Wassers früh vor dem Kaffee und sodann während des Spazierengehens recht fleißig und kräftig, aber langsam Ein- und Ausathmen, das räumt auf in dem Fettbauche und bewirkt eine Blutmauserung aus dem ff. Wer’s nicht glaubt, der thut mir leid.

Uebrigens muß Jeder, der sich in Carlsbad mit Erfolg entfetten will, hier ebenfalls die soeben angegebenen Regeln streng beobachten; er muß fette oder fettbildende Nahrung so viel als möglich meiden und beim Abarbeiten in freier Luft kräftig athmen, Nach der Cur ist’s natürlich nothwendig, wenn sich nicht von Frischem die Verfettung einfinden soll, die angerathene Entfettungsdiät, nur in etwas milderem Grade, fortzuführen.“

Mein Freund ging dick nach Carlsbad dieses Jahr – und Weib und Kinder sah’n ihn dünne wieder.


2. „Ich leide an der Leber.“

„Es sollte mich wundern, wenn’s nicht umgekehrt wäre, mein Fräulein, wenn Ihre Leber nicht vielmehr an Ihnen litte. d. h. an einer schlimmen Behandlang von Ihrer Seite und zwar durch Ihre Kleider. Denn eine solche Taille, die einer Wespe keine Schande macht, kann nur das Product von Gewaltthätigkeiten gegen die Lebergegend sein.“

„Ich habe aber auch gelbe Flecke auf der Haut.“

„Solche Flecke haben mit der Leber ebensowenig zu thun, wie die Sommersprossen und der brünette Teint. – Ueberhaupt sind Leberleiden, für sich als Krankheiten, äußerst selten (s. Gartenl. 1856. Nr. 29), zumal bei jungen und so wohl aussehenden Damen, wie Sie.“

„Und ärgerlich bin ich im höchsten Grade; das muß doch mit der Galle zusammenhängen.“

Daß dieses leichte Aergerlich- und Zornigwerden eine tadelnswerte Unart ist, sagt man natürlich als artiger Mann der Dame nicht, denk sich’s aber.

„Auch werde ich sehr oft von stechenden Schmerzen in der Lebergegend (unter den letzten Rippen auf der rechten Seite) gepeinigt, die besonders beim tiefen Athmen sehr heftig sind.“

„Solche Schmerzen in der Lebergegend rühren fast stets von einem Entzündungszustande der Leberkapsel her und sind bei eigentlichen Leberkrankheiten äußerst selten vorhanden.“ – Uebrigens kommen wir durch unser Reden nicht zum Ziele, die Lebergegend muß durchaus mittels Beklopfens und Befühlens genau untersucht werden.

Und was ergiebt sich da? In der Haut der obern Bauchgegend geht ein ziemlich tiefer, fast kleinfingerbreiter, etwas gerötheter Eindruck quer von einer Seite zur andern herüber, und dieser rührt von den Unterrocksbändern (selbst wenn diese nur ganz locker gebunden werden) her. So wie in der Haut findet sich nun aber auch in der Leber selbst ein solcher Schnürstreifen, und durch diese Schnürung geräth, abgesehen von der Verunstaltung dieses Organs (s. Gartenlaube 1853. Nr. 26) und der Quetschung des Magens, die Leberkapsel in der Umgebung dieser Furche sehr leicht in einen Entzündungszustand, der jene Schmerzen veranlaßt. Nicht selten hilft auch noch das Schnürleibchen beim Maltraitiren der Leber mit, insofern dasselbe die Rippen in deren weiche Substanz hineindrückt und ebenfalls zur Leberkapselentzündung Veranlassung giebt.

Mein Rath geht deshalb dahin: lassen Sie an Ihre Unterkleider entweder Achselbänder (Heben) oder recht breite Bunde mit

Hefteln nähen, und schnüren Sie das Leibchen nur in seinem untern

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_216.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)