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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)


Mann, wie der Kaiser gewollt hatte, sondern nach und nach gegen 100,000 Mann zusammenbrachte und zusammenzuhalten verstand, so daß Freundes und Feindes Land fünf Jahre lang von seinen ihm ganz ergebenen Soldaten furchtbar ausgenutzt wurde. Denn er war stets aufmerksam und thätig, durch vornehme Verschlossenheit wie durch äußere Prunkentfaltung imponirend, genau und streng, aber auch freigebig und nachsichtig, je nachdem es sein Vortheil erheischte.

Den Grafen von Mansfeld zu verjagen und den bereits von Tilly geschlagenen König von Dänemark zum Frieden zu bringen, das war unter solchen Umständen keine große Arbeit. Dabei behielt der Herzog Zeit und Kraft genug, unter dem Vorwand, des Kaisers Stellung im Reiche zu sichern, den größten Theil des protestantischen Deutschlands zu besetzen und sich selber vorläufig wider alles Recht des Herzogthums Mecklenburg zu versichern. Der Kaiser war bei diesem Gebahren seines Feldherrn oft bedenklich gewesen, fügte sich aber, von den Gönnern des Herzogs beruhigt, theils aus Furcht, theils in der Hoffnung, die geschwächte kaiserliche Autorität im Reiche, besonders im Interesse der katholischen Kirche, wiederherzustellen. Dies sollte 1629 zunächst durch das Restitutionsedict, d. h. durch den Befehl, alles seit 1552 der katholischen Kirche entfremdete Besitzthum zurückzufordern, bewerkstelligt werden. Doch in Norddeutschland zögerte der Herzog mit der Ausführung desselben, weil er bei der Erbitterung der Protestanten und der Nähe Gustav Adolph’s, der schon des Herzogs Absichten auf Stralsund hatte vereiteln helfen, seine Stellung gefährdet glaubte. Denn er opferte stets das confessionelle Interesse dem politischen Vortheile auf, schien bald den Jesuiten, bald den Evangelischen gewogen, wie es die Verhältnisse mit sich brachten.

Doch plötzlich kam der Schlag von einer andern Seite. Max von Baiern und die andern katholischen Kurfürsten nöthigten jetzt, wo keine Gefahr mehr zu drohen schien, mit Hinweis auf den Ruin des Reichs 1630 in Regensburg den Kaiser zur Entlassung des Herzogs und zur Reduction des Heeres, das mit dem der Liga vereinigt unter Tilly’s Oberbefehl gestellt werden sollte. Wallenstein, der es nicht wagte, gegen den Willen des Kaisers den Reichsfürsten entgegenzutreten, fügte sich und ging voll bittern Grolles nach Böhmen zurück, wo er theils auf seinen Gütern, theils in Prag fernerhin mit mehr als fürstlicher Pracht lebte.

Während dieser Zeit war Gustav Adolph im Juni 1630 zum Schutze seiner Interessen wie zur Rettung seiner Glaubensgenossen in Pommern gelandet. Besonnen und kühn vorwärtsschreitend machte er in fünfzehn Monaten Norddeutschland frei und drang nach Tilly’s Niederlage bei Leipzig bis Ende des Jahres 1631 den Main entlang nach Mainz. Daß der Herzog während dieser Zeit seine Beamten in Mecklenburg nicht gerade im Interesse des vom König bekämpften Tilly instruirte, mag in seinem Groll gegen Max von Baiern seine Erklärung finden. Höchst auffällig aber sind die Versuche Wallenstein’s, durch geheime Agenten mit Gustav Adolph anzuknüpfen, der jedoch die Anerbietungen des Herzogs höflichst ablehnte. Auch den Sachsen, den Bundesgenossen der Schweden seit dem September 1631, hatte der Herzog insgeheim die Einnahme Prags erleichtert. Da er jedoch durch diese Umtriebe nichts gewann, so entschloß er sich, die durch die Unglücksfälle der Kaiserlichen ihm eröffneten Aussichten zu benutzen und den seit lange an ihn gestellten Bitten Gehör zu geben; er übernahm im December 1630 zur Werbung eines neuen Heeres für den Kaiser, jedoch nur auf drei Monate, den Oberbefehl. Mit wunderbarer Energie war bis zum Frühjahr ein tüchtiges Heer schlagfertig gemacht. Der Herzog versprach, dem Wunsche des Kaisers gemäß den jetzt wieder auf dem Kriegsschauplatz in Franken thätigen Tilly zu unterstützen, der von Gustav Adolph nach der Donau verfolgt wurde. Doch seine Generale bekamen geheime Contreordre, und der verlassene Tilly ward im April 1632 am Lech von den Schweden geschlagen, welche zur Freude des Herzogs siegreich in Baiern vordrangen. Kurze Zeit darauf hatte Wallenstein sich endlich zur definitiven Uebernahme des Oberbefehls entschlossen, den kein Anderer übernehmen konnte, wenn das Heer in gutem Stande bleiben sollte, aber gegen Bedingungen, die den Herzog zum Kriegsherrn, den Kaiser zum Diener machten. Daneben hatte er sich, außer der Sicherung seines Besitzthums, ein kaiserliches Erbland und den Besitz eines zu erobernden Landes mit der Kurwürde als Lohn ausbedungen. Nur die größte Mäßigung des Herzogs konnte ein solches Verhältniß dem Kaiser erträglich machen.

In der nächstfolgenden Zeit blieben Beide fast ein ganzes Jahr lang mit einander in gutem Vernehmen. Da der Herzog Sachsen bedrohte, eilte Gustav Adolph aus Baiern zurück und verschanzte sich zur Concentrirung seiner Truppen in Nürnberg. Dorthin kam auch der Herzog und wartete klüglich in der sehr festen Position bei Fürth, bis Gustav sich in der ausgesogenen Gegend nicht mehr halten konnte. Der endliche Angriff der Schweden auf das kaiserliche Lager wurde von Wallenstein kräftig abgewiesen, und Gustav Adolph ging wieder über die Donau nach Baiern. Statt nachzufolgen, wie der König hoffte, wendete sich Wallenstein nach Sachsen; er gönnte den Schweden die Winterquartiere im Lande seines Feindes. Doch Gustav Adolph eilte zurück und überraschte die Kaiserlichen bei Lützen. Der König fiel den 6.( 16.) November 1032, aber Wallenstein mußte geschlagen den Kampfplatz räumen und während des Winters sein Heer in Böhmen reorganisiren. Der ganze Feldzug hatte von Wallenstein´s besonnener Kriegführung, aber von keiner höhern militärischen Begabung desselben Zeugniß gegeben.

Die Fortschritte der Schweden im südwestlichen Deutschland während der ersten Monate des Jahres 1633 nöthigten den Herzog, dem bedrängten Max allerhand Versprechungen zu machen, die er nicht erfüllte, obgleich er sie erfüllen konnte. Er wendete sich im Frühjahr nach dem von den Sachsen besetzten Schlesien. Statt aber die demoralisirten Truppen des kursächsischen Generals Arnim nach Sachsen zurückzuwerfen, knüpfte er unerwartet mit Armin geheime Verhandlungen an, welche bis auf den Herbst hinein fortgesetzt wurden. Allerdings konnten diese zum Vortheil des Kaisers gedeutet werden, aber Mißtrauen mußten sie in Wien erregen, da Wallenstein dem Kaiser jede Auskunft darüber versagte und dem immer mehr bedrängten Kurfürsten Max jede Hülfe verweigerte. Einen bestimmten Plan hatte damals der Herzog sicherlich noch nicht gefaßt, da er überhaupt ein Zauderer war und immer schwankend günstige Gelegenheiten suchte. Jedenfalls dachte er aber schon jetzt daran, den baierischen Kurfürsten zu demüthigen und sich selbst bald einen Lohn zu verschaffen, wie ihn der Kaiser hatte in Aussicht stellen müssen. Dieser hatte bei der zweiten Bestallung auf die Rheinpfalz hingewiesen. Doch nach Gustav Adolph’s Tode hatte Wallenstein in’s Geheim vom Kaiser die Aechtung des Kurfürsten von Brandenburg und dieses Land nebst Pommern, später aber, da der Kaiser nicht darauf eingehen wollte, Würtenberg und Hessen verlangt. Da trotz der Unterstützung dieser Projecte durch die spanische Regierung der Kaiser sich vorläufig nicht entscheiden wollte, so dachte der Herzog sich selber zu helfen und suchte unter allerhand Intrigen eine vortheilhafte Situation. Doch mußte er merken, daß seine Stellung unsicher wurde, und hielt es für zweckmäßig, nach langer Waffenruhe etwas zu unternehmen. Daher überfiel er nach dem Abzuge Armin’s den 1.(11.) October bei Steinau an der Oder die noch zurückgebliebenen schwachen Feinde und suchte sich den wiederholten dringenden Forderungen des Kaiser zur Unterstützung des Max gegen die an der Donau siegreich vordringenden Schweden durch Bedrohung der Lausitz und der Mark Brandenburg zu entziehen. Da aber mit der Einnahme Regensburgs durch Bernhard von Weimar Böhmen bedroht war, mußte endlich Wallenstein im November mit dem größten Theile des Heeres nach Böhmen zurückgehen. Er sollte nach dem Wunsche Ferdinand’s an der Donau vordringend dem Kurfürsten Max Luft machen. Statt dessen vertheilte er die Truppen in die böhmischen Garnisonen: er selbst nahm sein Hauptquartier in Pilsen. Alle Vorstellungen des Kaisers, daß sich Wallenstein gegen Bernhard in Bewegung setze oder wenigstens das arg mitgenommene Böhmen durch eine andere Disposition der Winterquartiere erleichtere, wurden schnöde zurückgewiesen. Der Kaiser mußte sich dem trotzigen Willen seines Generals fügen, der damals des Heeres ganz sicher zu sein schien.

Der Herzog machte sich nach dem, was vorgefallen war, keine Illusionen über seine Stellung zum Kaiser; er wußte, daß seine Gegner, die jetzt auch von der spanischen Regierung unterstützt wurden, seine Entfernung vom Kommando durchsetzen und seine ehrgeizigen Pläne vereiteln würden. Dem mußte vorgebaut werden, und so entschloß er sich gegen Ende des Jahres 1633 zur energischen Action gegen den Kaiser. Die schon im Laufe des Sommers zwischen dem Agenten des Herzogs, Kinsky, und dem Herrn von Fonquières eröffneten, aber bald wieder abgebrochenen geheimen Unterhandlungen mit Frankreich wurden gegen Ende des Jahres energisch aufgenommen und führten zu einem für den Herzog

günstigen Abschluß, nach welchem der König von Frankreich demselben,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_359.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)