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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

dem Gründer dieser herrlichen Schöpfung der Dank und die Bewunderung des gesammten Vaterlandes.

Die Schwierigkeiten, welche sich der Ausführung des Planes entgegenstellten, würden für einen gewöhnlichen Geist unbesiegbar gewesen sein. Der Boden, aus Sand oder schwerem Lehm bestehend, mußte größtentheils verbessert, künstliche Hügel mußten geschaffen werden, um den Hintergrund zu bilden und dessen Einförmigkeit zu unterbrechen. Die Leitung des Wassers durch den Park, nach dem Tumulus und zur Spree hin, welches durch sehr reichhaltige Quellen und unterirdischen Zusammenhang mit der Spree gespeist wird, gegenwärtig noch nicht vollendet, erforderte großen Aufwand an Mühe und Kosten. Dem Mangel an Bäumen mußte bis jetzt durch Anpflanzung von mehr als einer Million Schock kleiner, von über 1000 Stück bis zu 30 Fuß hoher Bäume abgeholfen werden. Ganz große Bäume von 50 – 125 Fuß Höhe sind hundert versetzt und aus einer Entfernung von mehreren Meilen herbeigeholt worden.

Alle diese und viele andere Werke beschäftigten und beschäftigen noch jetzt Hunderte von Arbeitern, denen dieselben, als eine Gelegenheit des Broderwerbs, zum wahren Segen gereichen. Sowie in Muskau wurden auch bei den Anlagen in Branitz überall erst die Hauptmomente festgestellt und gleichzeitig darin gearbeitet; natürlich wurde die nächsten Umgebungen des Schlosses zuerst vollendet. Die dem Ganzen zum Grunde liegende Idee ist nach Verlauf einer nunmehr fünfzehnjährigen Arbeit ihrem Ziele ganz nahe gerückt. Die Kosten für die bereits hergestellten Anlagen belaufen sich bis jetzt auf 250,000 Thaler, und dürften zu deren gänzlicher Vollendung wohl noch 50,000 Thaler und einige Jahre Zeit erforderlich sein. Den bereits vorhandenen, neu aufgeführten Gebäuden, welche dem Park zur Zierde dienen, werden im Laufe dieser Zeit noch hinzutreten: eine doppelte Vergrößerung der Gewächshäuser, ein Gestüthaus, ein neuer Parkhof, ein neues Gärtnerhaus, ein Fischerhaus am Pyramidensee, nebst mehreren kleineren in der ganzen Landschaft vertheilten Baulichkeiten.

Der eigentliche Schloßpark mit Gärten und pleasure-ground enthält etwa 600 Morgen Flächenraum; die ferme ornée mit Wald, welche denselben umgiebt, wird über 2000 Morgen betragen. Obgleich die Anlage noch nicht ganz vollendet ist, erscheint sie doch wie aus einem Guß; die Erfahrungen eines Menschenalters sind hier angewendet worden, um ein Werk zu schaffen, welches in der Anmuth des Styls und hinsichtlich der überwundenen Schwierigkeiten wohl von keinem zweiten übertroffen werden dürfte. Besonders schön ausgeführt sind die Partieen mit dem Rosenberge und die Blumengärten um das Schloß, welche häufig selbst über jene von Muskau gestellt werden. Die große Freitreppe vor dem Schlosse, welche mehrfach verändert werden mußte, ehe sie dem Fürsten genügte, mit der ihr gegenüberliegenden Pergola, machen beide einen ebenso imposanten als wohlthuenden Eindruck; der italienische Geschmack scheint hier mit dem deutschen in eine glückliche Verbindung gebracht worden zu sein. In weiterer Entfernung giebt der Tumulus (zum Begräbnißort des Fürsten bestimmt), eine Pyramide von 50 Fuß Höhe bildend, die in ihrer Basis einen Flächenraum von etwas über einen halben Morgen bedeckt und aus einem in Arbeit begriffenen, umfangreichen See emporsteigt, der Landschaft einen ganz eigenthümlichen, fremdartigen Reiz und bietet dem Auge zugleich in der weiten Plaine einen befriedigenden Ruhepunkt. Eine zweite Pyramide von gleicher Höhe ist noch in der Arbeit begriffen. In der Nähe der beiden Pyramiden befindet sich eine Anlage, wie sie wohl noch nirgendwo gesehen worden ist. Tausende von kleinen Fichten sind vor etwa fünf Jahren an die Grenze des Parks gepflanzt worden, und als sie nun kräftig angewachsen waren und zu wipfeln anfingen, ließ der Fürst sie alle in gleichen Linien köpfen, nöthigte dadurch die kleinen Finsterlinge Seitenäste zu treiben und diese dicht in einander zu verschränken, so daß nicht nur Hasen und Fasanen ein undurchdringliches Versteck finden, sondern das Auge auch durch die Originalität einer solchen Fichtenwiese ganz überrascht wird. Auch fehlt es nicht an Fernsichten auf die Stadt und andere hervorragende Punkte der Umgebung, wie auf die in Gruppen so zu sagen ausgeschnittenen entfernteren Kiefernwälder, die dem Ganzen die nöthige Abwechselung verleihen.

Wenn die Muskauer Anlagen den Stempel des Großartigen tragen, so muß dem Branitzer Park der Charakter des Lieblichen beigelegt werden. Der Sinn für Naturschönheit ist allen civilisirten Menschen eigen. In einer dürftig ausgestalteten Gegend finden wir einen willkommenen Ersatz in dem Genuß eines immer schönen und neuen Anblicks dieser von Meisterhand geschmückten Gefilde, welche ein lebendiges, beseeltes Bild alles dessen sind, was die Natur uns bietet. Durch solch eine wohlgefällig umgestaltete Natur können die Gefühle des Menschen nur veredelt, Viele erfreut, erhoben und erbaut werden.




Blätter und Blüthen.


Paketbeförderung durch den elektrischen Strom ist nicht mehr blos ein frommer Wunsch. Wenn der galvanische Strom bisher nur den unwägbaren Gedanken mit Augenblicksschnelle in dem Telegraphendrahte weiter leitete, so soll er jetzt wie der Dampf an die Deichsel gelegt werden, um unsere Lasten zu befördern.

Der italienische Physiker Bonelli, derselbe, der dem Leserkreise der Gartenlaube schon durch die Erfindung des elektrischen Webstuhles bekannt geworden ist, hat auf eine scharfsinnige Weise das Problem gelöst.

Er hat in einen kleinen mit Briefen belasteten eisernen Wagen, der mit metallenen Rädern auf einem Schienenwege lief, eine elektrische Batterie gelegt, und diese wirkte als eine vortreffliche Zugkraft, welche die Geschwindigkeit von Station zu Station steigerte.

Es ist bekannt, daß, wenn durch einen spiralförmig um einen Eisenkern gewundenen Kupferdraht ein elektrischer Strom geht, der Eisenkern zu einem Magnete wird. Aber nicht nur der Eisenkern selbst, sondern auch der um ihn gewundene Kupferdraht wirkt anziehend. Die leere Spirale wird durch den elektrischen Strom gewissermaßen selbst ein Magnet. Ihre Anziehungskraft steigert sich in die Mitte ihrer Windungen. Sie hält den Eisenstab mit einer gewissen Gewalt fest, und wenn derselbe leicht beweglich verschoben wird, so wird er von ihr mit steigender Geschwindigkeit wieder vom Anfange der Windungen bis in die Mitte gezogen.

Bonelli hat nun in seinem Apparate die geistreiche Einrichtung getroffen, daß er die Anziehungskraft der Spirale auf das Eisen – (auf seinen kleinen auf Schienen laufenden eisernen Transportwagen) – nur so lange wirken läßt, bis derselbe die Mitte und somit die größte Geschwindigkeit erreicht hat. Er läßt nämlich den mit der elektrischen Batterie belasteten Wagen auf Schienen laufen, welche mitten durch die Spirale hindurchführen und die bis zur Mitte der Drahtwindungen von Metall, von da aber von einem nichtleitenden Körper, Holz, hergestellt oder mit einem solchen wenigsten überzogen sind.

Der elektrische Strom geht aus der Batterie durch die metallenen Räder des Wagens in die Schienen und wird von diesen in die Spirale geleitet, deren Anfang und Ende mit den metallenen Schienenstücken in Verbindung steht. Sobald also die Räder auf die metallenen Schienenstücke kommen, zieht die Kupferspirale wie ein Magnet den eisernen Wagen an, er bewegt sich, und da, je näher er der Mitte kommt, die anstehende Kraft der Spirale mehr und mehr wächst, so steigert sich auch seine Geschwindigkeit, die endlich in der Mitte der tunnelförmigen Drahtwindungen am größten wird. Hier aber treten die Räder plötzlich auf die Holzschienen. Der Strom wird im Momente unterbrochen, die Spirale verliert jede Einwirkung und läßt den Wagen mit der verlangten Geschwindigkeit weiter schießen.

Damit allein wäre nun freilich nicht viel gewonnen, denn die treibende Kraft muß endlich durch die Reibung aufgezehrt werden.

Um daher einem Stillstande vorzubeugen, befindet sich in gewissem Abstande eine zweite ganz ebensolche Spirale, in deren Bereich die Schienenleitung wieder von Metall hergestellt ist. Sobald der Wagen sie erreicht, fängt der Strom an in dem Kupferdrahte zu kreisen, und die Räder erhalten durch die Anziehung einen neuen Impuls.

In gleicher Weise setzt sich das Spiel auf der ganzen Länge der Bahn fort. Jede Spirale ist ein Relai, wo frische Pferde vorgelegt werden. Die Beschleunigung wird sich um so mehr steigern, je näher die Spiralen an einander gerückt werden. Außerdem aber hat man es noch in seiner Hand, durch Verstärkung der Batterie Zugkraft und Schnelligkeit zu erhöhen. Von dem Strome wird nichts nutzlos vergeudet, er spannt sich nur ein, um auch wirklich zu arbeiten. Er läuft nie leer. Selbst die rasendste Geschwindigkeit wird er noch vergrößern; denn er ist in seinem Laufe durch die Spiralen noch viel rascher. Die Reibung der Räder kann so gering wie möglich gemacht werden, was bei Locomotiven nicht erlaubt ist.

Wenn daher auch eine telegraphische Geschwindigkeit sich nicht erreichen läßt, wie sie jenen Bauer so entzückte, als derselbe an Stelle der für seinen Sohn in der fremde bestimmten und auf Anrathen eines heimlichen Handwerksburschen über den Draht gehangenen treuen Stiefel wenige Minuten später ein Paar alte Latschen fand, von denen er überzeugt war, daß sie ihm sein geliebtes Kind zum Ausbessern geschickt habe, so wird doch durch die Bonelli’sche Erfindung dem Verkehr ein neues Hülfsmittel dargeboten, das für die Beförderung kleiner Lasten, Briefe, Depeschen ein Muster von der weitgreifendsten Bedeutung zu werden verspricht.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 431. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_431.jpg&oldid=- (Version vom 14.3.2024)