Seite:Die Gartenlaube (1863) 807.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

durch Anlagen und kleine Thierbehausungen mannigfach verzierten Graben dahin und gelangt sodann zu dem größten Teich des Gartens, auf welchem sich eine namhafte Zahl von Schwimmvögeln in größerer Freiheit als irgend wo anders umhertreibt. Links vom Wege ab liegt die Wolfsschlucht, ein höchst gelungener und durchaus eigenthümlicher Bau, welcher dem Wesen des Wolfes entspricht und der Phantasie des Beschauers den weitesten Spielraum läßt. Weiter nach Südwest hin erhebt sich der bereits genannte Hügel, den später eine Ruine krönen soll. An seinen Gehängen liegen die Behausung der Schafe, der kleinen Raubthiere, der Schweine und das Gehege der Waldhühner. Am oberen Ende des Teichs hausen die Bisons und asiatischen Büffel, die Tapire, das Wasserschwein, die Bisamschweine, der Fischotter und die Rohrdommeln, neben dem obern Wasserlauf, der einen Gebirgsbach darstellt, die Kraniche, Marabus, Flamingos, Ibisse und ähnliche Stelzvögel.

Ein anderer Weg führt von hier aus an dem sogenannten Oekonomieschuppen vorüber, in welchem vorläufig noch die Raubthiere untergebracht sind, zur Wohnung des Inspectors, zum Straußenhause, dem innerafrikanische Hütten zum Muster gedient haben, dem Spechtkäfig und endlich zu dem Bärenzwinger, bis jetzt eins der großartigsten Gebäude des Gartens. Nördlich von ihm breitet ein zweiter Teich sich aus, welcher sein Wasser von einem versteckten, durch die Maschine gefüllten Becken empfängt, nachdem es eine in Tuffstein ausgeführte Grotte durchflossen hat und ungefähr zwanzig Fuß über Felsen hinabgestürzt ist. Der weitere Weg führt von hier aus zwischen den Lamas und Kameelen hindurch zu den Kängurus und von hier aus durch eine Baumallee, in welcher bei gutem Wetter Ara’s und Papageien ihr Wesen treiben, zu den Gemsen und Mufflons, welche ein sehr nettes Schweizerhäuschen bewohnen, das auf einer zweiten Grotte errichtet ist. Nunmehr wendet man sich wieder rückwärts und kommt zunächst zu dem vorläufigen Erfrischungsgebäude, dem Gehege der Stachelschweine und Agutis, dem Becken der Seehunde, dem Blockhause, in welchem Zebus, Antilopen und Wildesel wohnen, und endlich, entweder längs des Teiches fortschreitend, oder mehr an der nördlichen Grenze dahingehend, auf den Mittelweg des Gartens zurück. Ungefähr ein Viertheil des gesammten Raumes ist gegenwärtig durch eine Umplankung von dem übrigen getrennt. Dieser Theil wird enthalten das bereits vollendete Aquarium, das großartigste, welches es giebt, das Raubthierhaus und ein großes Wintergebäude, in welchem Vögel und Lurche zugleich mit untergebracht werden sollen, während der Mittelbau bestimmt ist, dem Andenken Merck’s gewidmet zu werden. Für Erhaltung größerer Plätze, welche später Antilopen, Giraffen, Elephanten, Nilpferden und dergleichen raumbedürftigen Thieren zum Aufenthalt gegeben werden sollen, ist Sorge getragen worden, und außerdem Hoffnung vorhanden, daß durch die zu erbauende Verbindungsbahn zwischen Hamburg und Altona möglicherweise noch ein etwaiger Zuwachs an Grund und Boden entstehen kann.

Schon gegenwärtig bietet die Bevölkerung des Gartens des Anziehenden und Unterhaltenden genug. Wir sind von dem Grundsatze ausgegangen, zunächst wenigstens gewisse Familien so vollständig als möglich zusammenzubringen, zumal solche, deren Mitglieder gern zu Geschenken benutzt werden. Und Geschenke erhält der Hamburger Garten mehr als jeder andere. Es verdient hervorgehoben zu werden, wie sehr jeder Hamburger, der in der Fremde lebt oder dort auch nur Verbindungen hat, bestrebt ist, dem Garten irgend ein Thier von fern her zuzuführen. Fast jedes Hamburger Schiff, welches von einer weiten Reise zur Heimath kehrt, hat für uns etwas an Bord. Wir dürfen ohne Uebertreibung behaupten, daß fast jeder Tag uns ein Geschenk bringt, durchschnittlich gewiß.

Für den Kundigen ist es ein Genuß, unsere fast überfüllten Gehege zu betrachten, und selbst der Laie, welcher sich mühen muß, ein Thier von dem andern zu unterscheiden, lernt staunen über die Mannigfaltigkeit, welche wir schon jetzt dem Beschauer bieten können. Funfzehn Arten von Hirschen bevölkern den Vordertheil des Gartens, und gar stolze und stattliche sind darunter! Der Norden und Süden hat sie geliefert: das nordische Elch fehlt ebensowenig, als der amerikanische Wapiti. Neben dem seltenen Barasingahirsch steht der zierliche Spießhirsch aus Amerika, neben dem Pampashirsch der stolze Mähnenhirsch. Das große Raubvögelgebauer ist jetzt schon zu klein und bereits so überfüllt, daß viele gleich starke Arten untereinander leben müssen. Raubvögel aus Amerika, welche noch niemals lebend in Europa gezeigt wurden, zählen wir mit Stolz zu der Einwohnerschaft unseres Gartens. Das Gleiche gilt von unserm Hühnerhaus, in welchem zur Zeit noch eine sehr gemischte, aber der Beachtung im höchsten Grade würdige Gesellschaft lebt. Für dieses Haus brachte uns von der Decken aus Mittelafrika ein lebendes Perlhuhn mit, von welchem man bis jetzt nur einen einzigen Balg nach Europa gesandt hatte. Daß die Steppenhühner aus der Mongolei, welche in diesem Jahre schaarenweise Deutschland besuchten und mir zu ausführlicherer Beschreibung Veranlassung gegeben haben, uns nicht fehlen, will ich besonders hervorheben. Ein kleines Rindenhäuschen beherbergt Eichhörnchen und Aeffchen, ein anderer Käfig, welchen die Zweige einer Traueresche ganz umhüllen, eine Gesellschaft von Nachtreihern, so natürlich als möglich, und auf dem Teiche tummelt sich in buntem Gemisch eine zahlreiche Gesellschaft von Möven, Gänsen, Enten und Schwänen umher. Gerade dieser Teich pflegt die Beschauer besonders anzuziehen, und in der That bietet er ihnen ein Schauspiel, wie man es so leicht nicht wieder haben kann. Ich bin von dem Grundsatze ausgegangen, unsern Thieren so viel Freiheit als möglich zu gewähren. Diejenigen, welche leicht wieder zu erlangen sind, habe ich gar nicht in ihrem Treiben behindert. Möven und Enten, welche wir jung erhielten und bezüglich ausbrüten ließen, sind anfangs mit großer Vorsorge gepflegt worden und haben in unserm Garten wirklich ihre Heimath gefunden. Das Jägerauge blickt verwundert auf die Wildenten der verschiedensten Art, welche vom Wasser sich erheben, hoch auf in die Luft steigen, oft halbe Stunden lang aus dem Garten sich entfernen und doch regelmäßig wieder auf dem See desselben einfallen. Mehr als hundert kleine Möven führen alltäglich prächtige Flugspiele über dem Wasser auf, die schwarzen Störche fliegen nach ihrem Belieben aus und ein. Gar oft kommt es vor, daß diese Halbwilden von der Elbe und Alster oder sonst woher Gäste mitbringen, und manchmal haben wir Hunderte von ihnen zu bewirthen. Wie sehr ein Garten durch diese Bewohnerschaft belebt wird, vermag sich nur Der vorzustellen, welcher wirklich unsere munteren Schaaren selbst gesehen hat.

Ueber unsere kleinen und großen Raubthiere kann ich mich hier nicht verbreiten. Gerade unter ihnen finden sich so viel theilnahmswerthe Gesellen, daß ich mir nicht vorgreifen, sondern sie mir lieber zu ausführlicher Schilderung an diesem Orte aufbewahren will. Dann verdienen noch unsere Kängurus einer besondern Erwähnung; denn gerade diese merkwürdige Familie besitzen wir in ziemlicher Vollständigkeit. Arm sind wir zur Zeit noch an Affen und an Schmuckvögeln, deren Behausungen entweder noch im Bau begriffen sind oder erst gebaut werden sollen. Immerhin aber beherbergt unser Garten schon jetzt 1200 Thiere in fast 300 Arten.

Es ist erfreulich, zu melden, daß der Besuch unsers Gartens die Anstrengungen, welche die Gesellschaft gemacht hat, über Erwarten belohnt. In den seit Eröffnung verflossenen fünf Monaten haben fast eine Viertelmillion (212,000) Personen den Garten besucht, Actionäre, Abonnenten und Frei- oder Armenschüler ungerechnet. An einem einzigen Sonntage wurden bei ermäßigtem Eintrittsgelde 38,285 Karten ausgegeben. Die Einnahmen sind dem entsprechend ganz ausgezeichnet gewesen und haben die Lebensfähigkeit der jugendlichen Anstalt zur Genüge bewiesen.




Der Musiktelegraph.


Die überraschenden Ergebnisse im Gebiete der Telegraphie haben sicherlich schon oft die Frage angeregt, ob es nicht auch möglich sei, die Tonsprache selbst in die Ferne mitzutheilen. Die dahin zielenden Versuche konnten jedoch insofern bis jetzt kein einigermaßen befriedigendes Resultat liefern, als die Schwingungen der schallleitenden Körper bald so sehr an Kraft abnehmen, daß sie für unsere Sinne nicht mehr wahrnehmbar sind. An eine Wiedergabe der Töne in gewissen Entfernungen, und zwar unter

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863). Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 807. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_807.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2022)