Seite:Die Gartenlaube (1864) 015.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

von Erdwällen angebracht, in welcher acht Kanonen, unter diesen zwei 48pfündige Bombenkanonen, standen. Auf der Südseite der Bucht, kaum eine Viertelstunde von der Stadt, lag eine zweite Batterie von Erdwällen umgeben und von vier 18pfündigen Kanonen besetzt. In jener befehligte ein Hauptmann Jungmann (s. Jahrg. 1862, Nr. 32), in dieser ein Unterofficier Theodor Preußer. In Gettdorf, halben Weges zwischen Kiel und Eckernförde, war unter dem Herzog Ernst von Coburg-Gotha eine deutsche Brigade aufgestellt, um Kiel und Eckernförde zugleich zu Hülfe eilen zu können.

Am Morgen des 5. April um 61/2 Uhr lichteten die dänischen Kriegsschiffe die Anker. Ein frischer Ostwind schien sie zum Einlaufen in die Bucht einzuladen. Langsam und stolz segelte der Koloß Christian VIII. vorauf in die Bucht ein, ihm folgte die Gefion und in geringer Entfernung die Dampfschiffe. Eine halbe Stunde später lagen die beiden mächtigen Kriegsschiffe vor der Nordbatterie und begannen dann den ungleichen Kampf von hundertundvierzig Kanonen gegen acht.

Eine Breitseite nach der andern erschütterte die Luft, durchwühlte die Erde des nördlichen Ufers der Bucht, überschüttete die Batterie und ihre Umgebung mit Eisen und Sand. Aber eine Ladung des mächtigen Orlogschiffes um die andere wurde von den Kanonen der Nordbatterie beantwortet. Zwei volle Stunden dauerte der ungleiche Kampf, mehr denn einmal wurde die deutsche Fahne von den Wällen herabgeworfen, doch immer von der tapfern Besatzung dem Feinde zum Trotz wieder aufgepflanzt. Der größere Theil der Geschütze aber wurde allmählich unbrauchbar; die Besatzung, zum Theil getödtet, verwundet, übermüdet, leistete, trotz aller Aufmunterung ihres tapfern Hauptmanns, nach und nach nur noch schwachen Widerstand; endlich fehlte auch die Munition. Die Nordbatterie schwieg.

Mit freudigem Victoriaruf machten dann die beiden Kriegsschiffe eine Wendung, um auch die kleine Batterie an der Südseite des Hafens zum Schweigen zu bringen. Das Haupttagewerk war vollbracht; es galt nur noch eine Nachlese. „Nur die paar Kanonen dort noch, und der Tag ist gewonnen, Eckernförde unser!“ konnte siegesgewiß der Admiral der kleinen Flotte, Commandeur Paludan, seinen um ihn versammelten Officieren zurufen, als der Christian VIII. in majestätischer Ruhe auf die Südbatterie zusegelte.

Wie gesagt, in dieser vollkommen unscheinbaren, mit den gewöhnlichsten Erdwällen umgebenen Batterie standen vier Kanonen, Achtzehnpfünder; zweiunddreißig Artilleristen bedienten diese, und dreißig Mann Infanterie eines der thüringischen Contingente sollten die Batterie beschützen. Auf den beiden dänischen Kriegsschiffen waren 140 Kanonen und 1600 Mann bereit, dies kleine, letzte Hinderniß wegzublasen.

Der Befehlshaber der Südbatterie aber war Theodor Preußer. Er war der Sohn eines Soldaten, eines deutschen Majors des dänischen Heeres, im Jahre 1825 in Rendsburg geboren. Sein Vater hatte den dänischen Kriegsdienst aufgegeben, während der Sohn seine ersten Erfahrungen ebenfalls im dänischen Heere machte.

Bis zum Jahre 1814 gab es eine Kriegs- und Cadettenschule auch in Rendsburg. Die Dänen waren die letzten Bundesgenossen Napoleon’s I. in Deutschland gewesen; sie kämpften noch für ihn in Deutschland, als er selbst bereits über den Rhein zurückgeworfen war. Der Keim des Deutschenhasses treibt in der ganzen Geschichte Dänemarks mit jeder neuen Lebensthätigkeit des dänischen Völkchens immer wieder neue Früchte. Und das erklärt sich von selbst, weil Dänemark seit Jahrhunderten, ja von Anfang seiner Geschichte an, immer auf Kosten Deutschlands Macht, Ansehen und Wohlstand zu erringen gesucht hat. Der Aufschwung, den die deutsche Nation 1813 nahm, richtete sich auch gegen Dänemark im Bunde mit Frankreich, und die Dänen ahnten mehr als andere Völker, daß Deutschland durch die Bewegung von 1813 einer neuen Zukunft deutscher Größe entgegengehe. Von der Stunde an steigerte sich von Neuem das Mißtrauen, die Eifersüchtelei der Dänen gegen ihre deutschen Mitbürger unter der dänischen Krone. Eine der Folgen dieser Stimmung war es, daß die Kriegsschule und das Cadettenhaus von Rendsburg schon 1814 nach Kopenhagen verlegt wurde.

Hierhin mußten von nun an die Deutschen unter dänischer Herrschaft wandern, die sich dem Kriegswerke widmen wollten. Auch der Major Preußer schickte seinen Sohn, als er das Alter erlangt hatte, in dem er seinen Beruf wählen mußte, nach Kopenhagen auf die Kriegsschule. Aber schon nach Jahr und Tag trat Theodor Preußer aus dem Kopenhagener Cadettenhause und aus dem dänischen Kriegsdienste wieder aus und wurde Landwirth. – Er theilte hierin das Geschick nicht weniger deutscher Jünglinge aus Schleswig-Holstein, die wie er dem Soldatenstande sich widmen wollten, und denen dann in Kopenhagen ihr Beruf auf jede Weise verleidet wurde. Die Dänen spielten hier die Hauptrolle; mit bewußtem oder aus unbewußtem Nationalhasse suchten die Oberofficiere, Lehrer und Cadetten den Deutschen den Dienst zu verleiden. Jede Neckerei, jeder Hohn, jede Zurücksetzung war hier ein gutes Mittel zum Ziele. Nur wer nach und nach sein Deutschthum verleugnen, verstecken lernte, wurde endlich von den Dänen als vollgültig und ebenbürtig angenommen.

Wie manche Stunde bittern Zornes, stillen Hasses, verbissener Verzweiflung mag dem Entschlusse Theodor Preußer’s, wie dem so vieler wackern Deutschen, die wie er sich in diese Laufbahn wagten und aus ihr hinausgedrängt wurden, vorhergegangen sein, ehe er seinen Degen hinwarf und zu Pflug und Schaufel griff!

Wenige Jahre nachher fand der Kriegsruf Schleswig-Holsteins ihn am Pfluge, und trieb ihn als Freiwilligen in das junge deutsche nordalbingische Heer. Er wurde Unterofficier in der Artillerie, und ihm war die Vertheidigung der Südbatterie des Hafens von Eckernförde übertragen. !

(Schluß folgt.)




Blätter und Blüthen.


Der Tod und das Begräbniß eines Freiheitskämpfers. Einer der herrlichsten Freiheitskämpfer, der im blutigen Kampfe für das Vaterland freudig sein Leben opferte, war Karl Friedrich Friesen, von dem der alte Arndt gesungen hat:

Wohl Viele sind gepriesen
Im großen deutschen Land,
Doch dich, mein frommer Friesen,
Hat Gott allein gekannt.

5
Was blühend im reichen Herzen,

Die Jugend so lieblich verschloß,
Ist jeglichem Laut der Schmerzen,
Ist jeglichem Lob zu groß.

War je ein Ritter edel,

10
Du warst es tausendmal,

Vom Fuße bis zum Schädel
Ein lichter Schönheitsstrahl –
Mit kühnem und stolzem Sinne
Hast du nach der Freiheit geschaut,

15
Das Vaterland war deine Minne,

Es war dir Geliebte und Braut. –

Friesen war in Magdeburg geboren und hatte von Jugend auf eine ausgezeichnete Erziehung genossen. Im Jahre 1812 war er als Lehrer an der Anstalt des Dr. Plamann in Berlin beschäftigt und zugleich einer der eifrigsten Freunde und Förderer des damals neu aufblühenden Turnwesens. Der ihm befreundete Turnvater Jahn giebt folgende poetische und doch nach dem einstimmigen Zeugnisse seiner Zeitgenossen durchaus wahre Schilderung von dem jungen Helden: „Friesen war ein aufblühender Mann in Jugendfülle und Jugendschöne, an Leib und Seele ohne Fehl, voll Unschuld und Weisheit, beredt wie ein Seher: eine Siegfriedsgestalt von großen Gaben und Gnaden, den Jung und Alt gleich lieb hatten; ein Meister des Schwertes auf Hieb und Stoß, kurz, rasch, fest, fein, gewaltig und nicht zu ermüden, wenn seine Hand erst das Eisen faßte: ein kühner Schwimmer, dem kein deutscher Strom zu breit und reißend; ein reisiger Reiter, in allen Sätteln gerecht, ein Sinner in der Turnkunst, die ihm viel verdankt. Ihm war es nicht beschieden, in’s freie Vaterland heimzukehren, an dem seine Seele hielt. Von wälscher Tücke fiel er durch Meuchelschuß in den Ardennen. Ihn hätte auch im Kampfe keines Sterblichen Klinge gefällt. – Keinem zu Liebe und Keinem zu Leide; aber wie Scharnhorst unter den Alten, ist Friesen von der Jugend der Größeste aller Gebliebenen.“

Gleich im Beginn des heiligen Kampfen eilte der tapfere Friesen nach Breslau, wo er in die bekannte Freischaar den Majors von Lützow mit Theodor Körner, Graf Dohna, Karl Müller, Dorow, Beerenhorst, Friedrich Förster u. s. w. eintrat. Ein Freundschaftsband umschlang die edlen Jünglinge und Männer, doch zu Keinem fühlte sich Friesen selbst so hingezogen, als zu dem treuen August von Vietinghof. Beide gelobten sich einst in heilig ernster Stunde, daß, wenn der

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_015.jpg&oldid=- (Version vom 14.2.2021)