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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

werden dann die gefangenen Käfer durch Abbrühen mit kochendem Wasser oder durch Zerstampfen auf festem Boden oder Bretern. Eingraben darf man sie lebend nicht, da sie in der Erde lange fortleben und hier noch die verderbliche Brut absetzen können. Kann man übrigens auch auf die angegebene Weise eine Menge solcher Käfer vertilgen und dadurch der Vermehrung folgender Generationen Einhalt thun, so darf man doch in den ersten zwei Jahren nicht gleich eine allzugroße Wirkung erwarten, da die Erde immer noch voll Larven steckt, die sich während der Folgezeit entwickeln. Auch muß das Abschütteln täglich wiederholt werden, indem jede Nacht aus der Nachbarschaft wieder neue Käfer herzufliegen. Unsere Alliirten in dem Kriege gegen die Maikäfer sind übrigens so manche Thiere, als: Fledermäuse, Eulen, Bussarde, Falken und Weihen, Krähen, Raben, Dohlen, Spechte, Neuntödter etc., welche eine Menge dieser Käfer einfangen und fressen.

Um nun ferner die Weibchen abzuhalten, an gewissen Orten ihre Eier abzusetzen, so hat man zunächst vorgeschlagen, die Erde mit einer Schicht Baumlaub oder Moos zu bedecken; allein dies hilft wenig, auch wenn es in einer Gegend durchgehends geschieht. Der Käfer legt zwar seine Eier lieber da, wo der Boden kahl ist, als da, wo er die Laub- oder Moosdecke erst durchbohren muß, ist aber diese allgemein, so gräbt er sich doch hindurch. Auch ist es, deshalb gewagt, weil man durch das Laub oder Moos zugleich anderen schädlichen Insecten ein gutes Winterquartier bereitet. Besser ist es Composthaufen auf den Feldern zu vertheilen, welche die Käfer zum Eierlegen anziehen. Zugleich wird dadurch das Aufsuchen der Engerlinge erleichtert, der Käfer aber vom Felde selbst abgehalten. Man hat auch vorgeschlagen, in der Legezeit, also Ende Mai oder Anfangs Juni, die Felder zu bewässern, oder mit schweren Erdarten (Mergel, Gassenkoth, Teichschlamm) zu überfahren, oder mit Gyps, gebranntem Kalk oder Asche zu düngen, welche diese Thiere nicht vertragen können. In den Baumpflanzungen pflegen die Mutterkäfer am wenigsten gern dahin zu gehen, wo natürliche Verjüngung vorgenommen wird, und da, wo der Boden nicht wund gemacht worden ist, nur ungern zu legen. In solchen Gegenden, wo die Culturen häufig wegen des Maikäferfraßes verunglücken, müssen daher diese, wenn nicht andere wichtige forstliche Rücksichten dagegen sind, auf natürlichem Wege in nicht verwundetem Boden erzielt werden.

Was nun endlich das Aufsuchen und Vertilgen der Engerlinge betrifft, so kann man in den Rinnensaaten am meisten mit den geringsten Arbeiterkräften ausrichten; denn bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerkt man den Fraß gleich von seiner ersten Entstehung an, da die angegriffenen Baumpflänzchen sehr bald welken und roth werden. Es kann also bei Zeiten Veranstaltung gegen den Fraß getroffen werden, aber auch die Richtung, welche der Engerling genommen, wird sehr gut in den Reihen angedeutet, so daß ein geschickter Arbeiter in kurzer Zeit eine Menge Engerlinge ausheben und tödten kann. In den Pflanzungen ist die Vertilgung viel schwieriger; doch hat man u. A. folgendes Mittel vorgeschlagen: da nämlich den Engerlingen der Steinkohlentheer zuwider sein soll, so könnte man von frisch gepflanzten jungen Kiefern die Larven vielleicht dadurch abhalten, daß man ein vertrocknetes Eichen- oder Buchenblatt in solchen Theer taucht und dann in das Pflanzloch wirft. Auf den Feldern kann man nur wirken durch öfteres Umackern und in Gärten durch Umgraben, besonders im April, Mai und Juni, da die Larven zu dieser Zeit ihre tiefer liegenden Winterquartiere noch nicht bezogen haben. Viele werden dadurch bloßgelegt und kommen theils von der Sonnenhitze u. s. w. um, theils kann man sie selbst aufspüren, theils werden sie von Krähen und anderen Vögeln aufgesucht, die sich bald einfinden, um dem Pfluge zu folgen. Den Instinct der Krähe, nach dem Engerlinge zu gehen, kann man auch in Blumen- und Küchengärten beobachten. Hier wandelt sie zwischen den Pflanzen umher, und sobald sie eine Pflanze erblickt, die anfängt zu welken, nähert sie sich mit freudigem Sprunge, fährt mit ihrem Schnabel neben dem Gewächse herab in die Erde und weiß den Engerling so sicher zu treffen, daß sie ihn augenblicklich hervorzieht und verschluckt. Dasselbe thun die Krähen auf Wiesen, die zuweilen von ihnen ganz bedeckt sind. Hühner, Pfauen und Enten fressen Larven und Käfer ebenfalls gern, doch sollen sie, wenn sie zuviel davon genießen, leicht einen harten Kropf bekommen. Auch eine Heerde Schweine auf das Feld zu treiben, hat man empfohlen, da diese das Feld aufwühlen und eine Menge Engerlinge vertilgen, die sie eben so gern fressen, wie Maulwürfe, Igel, Dachse, Füchse und Marder es thun. Nicht minder hat man abwechselndes Düngen mit Menschenkoth und mit Gyps, Düngesalz etc. vorgeschlagen, da letztere Düngungsweise den Engerling tödtet oder sich doch so tief einzugraben nöthigt, daß er den Wurzeln nicht mehr schaden kann. Abhalten kann man ihn auch von einzelnen Gartenpflanzen, wenn man die Erde mit 1/5 Kohlenstaub vermischt. Uebrigens unterstützt uns die Natur selbst nicht selten im Kampfe gegen die Maikäfer. Ein nasser und kühler Mai z. B. ist dem Gedeihen derselben sehr nachtheilig, und durch große, anhaltende Ueberschwemmungen und lange starke Kälte gehen auch viele Larven zu Grunde.

Wollten wir uns aber auf die Natur allein verlassen und gar nichts selbst zur Vertilgung dieser Thiere thun, und würde aus jeder Larve ein Käfer und lieferte dieser wieder seinen beträchtlichen Beitrag zur Vermehrung seines Geschlechtes, so würden diese Thiere bald die Frühlingssonne verfinstern und die Wiesen und Felder in dürre Haiden verwandeln. Und dennoch möchten wir eine gänzliche Ausrottung, wenn sie auch möglich wäre, nicht rathen; denn abgesehen davon, daß die Maikäfer vielen Thieren eine wichtige Nahrung sind, lockern sie auch den Wiesenboden auf, den der Pflug nie so durcharbeiten kann, und bewirken dadurch, daß der Regen leicht einzudringen vermag; ja man hat wirklich gefunden, daß die von den Engerlingen stark bewohnten, aber endlich von ihnen befreiten Wiesen im nächsten Jahre eine doppelte Ernte gaben. Ferner verzehren sie nicht blos die Wurzeln nützlicher Gewächse, sondern auch die des Unkrautes und verhindern dadurch das Ueberhandnehmen desselben. Uebrigens hat man die Maikäfer auch auf mancherlei Weise verwenden gelernt.

Man hat sie u. A. zur Düngung zu benutzen versucht und nach den Untersuchungen der chemischen Versuchsstation in Salzmünde haben sie einen Düngewerth von wenigstens 5–0 Slbgr. pro Scheffel. Maikäferöl, das als Wagenschmiere dienen kann, gewinnt man auf folgende Weise: Man füllt Töpfe oder andere Gefäße mit Maikäfern an und stopft sie dann mit Stroh zu; dann macht man an der Böschung einer Anhöhe eben so viele Löcher, als Töpfe sind, setzt letztere umgekehrt in dieselben und schiebt ein eben so weites, leeres und reines Gefäß darunter, und nun läßt man um die Töpfe herum von Reisig, Hobelspähnen oder dergleichen ein Feuer anlegen, wodurch das Fett oder Oel aus den Käfern fließt, durch die Strohstöpsel dringt und in das untere Gefäß hinabtropft. Auch zur Gasbereitung hat man die Maikäfer benützt. Die rückständige schwarze, halb metallisch glänzende Kohle kann als Klärmittel gebraucht werden, und mit Kali und Eisenhammerschlag geglüht, giebt diese Kohle ein gutes Blutlaugensalz, das zur Bereitung von Berliner Blau dienen kann.

Wir können nicht schließen, ohne jene Tierquälereien nachdrücklich zu rügen, deren sich leider die Kinder so oft gegen den Maikäfer schuldig machen. Wie oft lassen diese den Armen an Bindfaden schnurren, oder spannen ihn vor kleine Schlitten, oder reißen ihm gar die Beine bis auf die beiden vorderen aus, kleben dann zwei so verstümmelte an kleine Stäbchen und lassen sie gegen einander fechten; doch uns ekelt, alle diese Grausamkeiten aufzuzählen, denen leider die Eltern nicht selten mit Lächeln zusehen, ohne zu bedenken, wohin schließlich diese Lust am Peinigen führt.

R. 




Ein Liebeswerk ungarischer Hausfrauen.

„Wie der Todeskampf eines Kranken stumm und schrecklich ist, so schrecklich und stumm ist bei uns die Noth. Wenn uns in den verflossenen Monaten ein Nothleidender um ein Almosen ansprach, jammerte und weinte er noch. Heute hat er keinen Klagelaut und keine Thräne mehr. Mit schreckhaft abgemagertem Körper, mit spitz hervortretenden Knochen, mit tiefeingefallenen Augen schleppt sich der Hungernde von einem verlassenen Hause zum andern, bis er wohl erst im fünften oder sechsten einen Menschen trifft, von dem er glauben kann, daß derselbe vielleicht noch ein Stück Brod besitze. Der Hungernde braucht kein Wort zu sagen,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_283.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)