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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

fort: „Sie sehen ein Netz von Längen- und Breiten-, Kreuz- und Quergräben, die alle miteinander in Verbindung stehen und an der zu beiden Seiten herausgeworfenen Erde ihre natürlichen Schutzwälle haben. Diese Gräben, bald länger oder kürzer, schmäler oder breiter, heißen mit einem Worte die Tranchéen. In ihnen lagern die Feldwachen und Sturmcolonnen, und in oder zwischen ihnen sind auch die Feld- und Belagerungsgeschütze aufgestellt.“

„Verstanden! Aber welches sind die Parallelen?

„Sehen Sie dort drüben die dänischen Schanzen, welche sich wie riesige Maulwurfshaufen ausnehmen und in einer Zickzacklinie, nämlich so, daß sie mit ihren Feuerschlünden sich gegenseitig decken, vom Wenningbund bis zum Alsensund errichtet sind; sehen Sie jene unförmlichen ,Biester’?“

„Ja, ich sehe und höre sie.“

„Merken Sie also, daß jene Hauptgräben, welche in der gleichen Richtung streichen, Parallelen heißen, weil sie eben parallel mit den feindlichen Schanzen ausgehoben sind. Die äußerste von ihnen, welche dem Feinde dicht auf den Leib gerückt und ihm gewissermaßen unter der Nase errichtet ist – denn seine Bomben gehen schon über sie hinweg – diese heißt die letzte Parallele, und sie ist in unserm Tranchéenwerke die dritte, oder, wie Sie später selbst sehen werden, eigentlich die vierte. Diejenige dagegen, welche zunächst vor uns liegt und sich von den Schanzen noch in etwas schüchterner Entfernung hält, nennt man die erste, weil sie zuerst ausgehoben wurde.“

„Sehr begreiflich, nur weiter!“

In den Tranchéen vor Düppel.
Nach der Natur gezeichnet von Otto Günther.

„Also weiter, Herr Inquisitor! Die schmälern Gräben, welche die Reihen der Parallelen untereinander, sowie mit den Batterien und Blockhäusern, Magazinen und Stapelplätzen verbinden, diese Längengräben heißen Approchen oder Laufgräben, auch Communicationen, denn sie sind ja in dieser unterirdischen Festung die Straßen, auf denen sich Mannschaften und Geschütze, Proviantwagen und Munitionskarren hin- und herbewegen.“

Wir stiegen nunmehr in den ersten Laufgraben, der schon 5–600 Schritt vor der ersten Parallele anhob und neben der Sonderburger Chaussee bis zur letzten Parallele führte. Er maß über 2000 Schritt, war gleichfalls in einer Zickzacklinie angelegt und dadurch mit den verschiedenen Batterien und Communicationen in Verbindung gesetzt. Der andere Hauptlaufgraben erstreckte sich die entgegengesetzte Seite des Wenningbunds entlang. Beide mochten eine Sohlbreite von neun, eine Tiefe von acht Fuß haben, davon die eine Hälfte auf den eigentlichen Graben, die andere auf den Erdwall oder die Brustwehr kam. Diese fiel nach innen zu ganz steil ab und war durch Bohlen und Schanzkörbe gegen den Einsturz gesichert, wogegen die äußere Böschung eine schräge Abdachung zeigte, wie sie der natürliche Fall des Erdkörpers bedingt.´Die Sohle der Gräben bildete ein fetter weicher Lehmboden, den die fast ununterbrochenen Regengüsse in eine fußtiefe Schlammpfütze verwandelt hatten. In diesem naßkalten Schlammbrei campirten die armen Soldaten seit Wochen durch Tage und Nächte, und den arbeitenden Pionieren und Infanteristen gingen Koth und Wasser gewöhnlich über die Knöchel. Kein Wunder, daß es neben den Verwundeten auch Hunderte von Innerlichkranken gab, die in den Lazarethen am Nervenfieber und an Brustkrankheiten dahinsiechten. Jetzt hatte man Faschinenbündel in die Pfützen geworfen und darüber Bohlen gelegt, die unter jedem Tritte

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_453.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)