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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

bekundet. Die Bären spielen bei der Vorstellung so gut wie keine Rolle. Sobald das afrikanische Gastmahl vorüber und die böse Sieben hereingestürzt ist, ziehen sie sich in eine Ecke zurück, wo sie, auf den Hinterfüßen aufgerichtet und mit höchst bedenklichen Gesichtern, dem Aufruhr der Andern zuschauen und dessen Ende abwarten.

Wie bei den Theatervorstellungen der alten Griechen nach der erschütternden Tragödie ein lustiges Satyrspiel den Schluß bildete, so folgt auch in der Kreutzberg’schen Menagerie auf das gewaltige Schauspiel der im Verein vorgeführten fünfzehn Bestien die heitere Erscheinung des Elephanten Pepita und seiner schönen Künste.

L. 




Aus dem deutschen Schriftstellerleben.
Ein Weihnachtskranz auf das Grab eines Vielgeprüften.
Von Friedrich Hofmann.

Rastatt! — Bruchsal! — Waldheim! —— Alles überwunden! Freund, leb’ wohl!“ — Diese Scheideworte rief, drei Erdbrocken, für jeden der drei Kerker einen, als letzten Gruß auf den Sarg werfend, am 7. Juli dieses Jahres Ludwig Würkert dem Heimgegangenen in’s Grab. Drei Eichenkränze und ein Lorbeerkranz, geschmückt mit den schwer errungenen Farben Deutschlands, waren der letzte Lohn, den hier ein deutscher Dichter und Freiheitskämpfer mit in die Gruft nahm. Er hatte sie verdient, durch sein Streben und Leiden, wie Wenige. Und wie ein Gruß von den Eisengittern her, hinter denen er einst die Blüthentage seines Lebens im Züchtlingskittel vertrauen, schüttelte ein Regenschauer die Blätter der Bäume auf seine Sargdecke, als eine treue Schaar von Gesinnungsgenossen ihm die letzte Ehre erwies.

Im neuen Gottesacker zu Leipzig, unweit dem Grabe seines Freundes Hermann Marggraff, fand August Peters seine ewige Ruhestätte. Sie gehörten nebeneinander, die beiden Dulder, denen der gemeinsame Nachruf gilt:

„Zwei Dichterherzen haben ausgeschlagen,
Zwei Herzen, die ihr redlich Theil getragen
Von dieses Lebens Liebe, Kampf und Noth;
Zwei Männer, die den Pfad der Freien gingen
Und von der schnöden Welt den Dank empfingen,
Den sie von je dem Dienst der Freiheit bot.“

Der Sturm des Jahres 1848, welcher Tausende von Männern jedes Alters und Standes selbst aus bis dahin ungestörten und der Politik fremden Friedensbahnen zu reißen vermochte, fand in August Peters eine jugendliche Kraft, die durch ihre Natur von selbst in seinen Strom hineingerissen wurde.

Aus tiefer, bitterer Armuth hervorgegangen, ein Kind des Volks, das mühselig von Tag zu Tag um den Bissen Brod ringen muß, hatte August Peters eines mächtigen inneren Triebes bedurft, um eine früh erkannte ungewöhnliche Begabung nicht innerhalb der Schranken des elterlichen Gesichtskreises verkümmern zu lassen. Der tägliche Anblick des Strumpfwirkerstuhls, hinter welchem er seinen Vater sein Leben in Kummer und Sorgen trotz unsäglichen Fleißes hinbringen sah, erfüllte ihn mit Grauen; er war es, der den dreizehnjährigen Knaben aus dem Elternhaus trieb, um sein Glück in der Welt zu suchen. Und denselben Knaben, dessen Vater aus Noth sogar seine Familie verlassen mußte, um in einer böhmischen Fabrik für sie und sich den Unterhalt zu erarbeiten, den sein Handwerk ihm nicht mehr einbrachte, sehen wir, zum Jüngling herangereift, durch eigene Kraft die Lyceen von Marienberg, Annaberg und Chemnitz und endlich die Universität Leipzig besuchen und finden ihn im Jahre 1847 als Redacteur eines politischen Blattes in Berlin. Dazwischen war er Schreiber, Kaufmannslehrling, Soldat, Schauspieler, Forst- und Brandcassen-Secretair gewesen, und alle diese scheinbaren Abschweifungen von der wissenschaftlichen Laufbahn hatten ihm nur als Nothstufen gedient, durch die er bis zu der Möglichkeit „zu studiren“ sich nach und nach hatte emporschwingen müssen.

Eine solche Kraft war, wie oben angedeutet, eine von Natur revolutionäre, sie war im Kampfe gegen Schranken aller Art groß gezogen; eine solche brauchte der Sturm von 1848 nicht erst an sich zu reißen, sie gehörte von selbst zu ihm.

Aber nicht etwa die pure Lust am Umsturz, nein, der redliche Trieb und der feste Entschluß, dem armen Volke, dessen Kind er war und dessen Herz er sich auch als Dichter und Schriftsteller bewahrt hatte, aus Erniedrigung und Gebundenheit emporzuhelfen — das war es, was August Peters die Waffe in die Hand drückte. Nicht ein eigenliebiger Gedanke vermochte in seiner Seele aufzusteigen; unter den uneigennützigsten und opferfähigsten Kämpfern und Duldern jener Zeit gebührt ihm ein Ehrenplatz.

Dieser Sturm von 1848 überraschte den von Berlin schon 1847 wieder nach Sachsen zurückgekehrten August Peters in Dresden. Die frisch aufathmende Presse zur Gründung eines republikanischen Wochenblatts, „die Barrikade“, benutzend, knüpfte er damals im Interesse der Redaction einen Briefwechsel mit Louise Otto an, die schon damals durch ihre freisinnigen Gedichte und Schriften sich einen volksbeliebten Namen erworben hatte. Wie wenig ahnte wohl Peters, daß die treue Liebe der Dichterin später ihm, dem armen Gefangenen, in der Nacht dreier Kerker als Stern des Trostes, der Ermuthigung, der geistigen Rettung leuchten sollte!

Im Januar 1849 begab er sich nach Marienberg (dem Wohnort seiner Eltern, wohin sie von Taura, dem Geburtsdorfe August Peters’, übergesiedelt waren und wo dieser seine Knabenjahre verlebt hatte), um hier, für die eingegangene „Barrikade“, eine neue Zeitschrift, „die Bergglocke“, zu gründen. Er vertrat in derselben jene gemäßigte Demokratie, welche das damalige Ministerium Oberländer in Sachsen lieber stützen, als stürzen wollte, weil man bereits voraussehen konnte, daß kein freisinnigeres an dessen Stelle kommen würde, und weil man erkannte, daß Sachsen der von auswärts drängenden Reaction nicht allein sich zu widersetzen vermöge. Als aber dieses Ministerium dennoch fiel und im Mai in Dresden der Kampf um die Reichsverfassung ausbrach, eilte auch er von Marienberg über Freiberg dorthin. Aber schon in Freiberg kamen ihm Flüchtige entgegen, denen er sich nun anschloß und mit denen er über Chemnitz, Altenburg und dann durch Thüringen nach der Pfalz und Baden eilte. Hier stieß er auf eine verlassene Freischaar, deren Führer davongelaufen waren, wurde aufgefordert sich ihr anzuschließen und kam so nach Rastatt — und in Gefangenschaft.

Ueber Peters’ Thätigkeit in dieser Festung können wir keine authentischere Mittheilung machen, als die betreffende Stelle aus den „Entscheidungsgründen“ seiner Verurtheilung „zu einer gemeinen Zuchthausstrafe von acht Jahren“. Nachdem erwähnt ist, daß Peters erst die Stelle eines Quartiermeisters des sogenannten Rheinhessischen Bataillons und zuletzt die eines Hauptmanns in der Lunette 33 übertragen worden war, heißt es weiter:

„In dieser Eigenschaft leitete der Angeschuldigte am 8. Juli einen Ausfall, welchen er mit Freiwilligen aus der Lunette 33 unternahm, und drang, nachdem er die Mannschaft mit geistigen Getränken angefeuert hatte, im Gefecht mit den königlich preußischen Truppen bis an das Dorf Niederböhl vor. Die Einzelheiten des Ausfalls sind in der Seite 50 der Acten befindlichen Meldung des Angeschuldigten an den Gouverneur der Festung angeführt, einer Meldung, welche zugleich darthut, daß der Angeschuldigte mit großer Energie dabei zu Werke ging und das Kenzinger Aufgebot mit dem Säbel vom Rückzuge abhielt.“

Die Verurtheilung, so hart sie erscheint, war immer noch ein Glück, denn weit Schlimmeres war ihm bestimmt: auch er war vor das Standgericht geladen. Damals schrieb er an Louise Otto und seine Eltern: „daß er wohl Trützschler’s Loos theilen werde und daß er mit ihren Namen auf den Lippen ruhig sterben wolle“ — Wirklich wurden ihm bisher gestattet gewesene Begünstigungen plötzlich entzogen, er kam in strenge Haft in eine Casematte, aus welcher man täglich Einen um den Andern zum „Schlußverhör“ abführte — d. h. vor das Standgericht. Keiner kam wieder. — Da erkrankte Peters mit vielen Anderen an der Ruhr; täglich kam die Anfrage, ob er „zum Schlußverhör“ vorgeführt werden könne; der menschenfreundliche Militärarzt verneinte

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 830. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_830.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)