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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Geschäftsträgern der Mächte verzeihe ich die Falschheit der Berichte, die sie beständig über mich erstattet. Einigen Franzosen, denen ich Gelegenheit gehabt hatte nützlich zu sein, verzeihe ich die Verleumdung, womit sie mich überhäuft haben, um mir ihren Dank zu bezahlen; ich verzeihe denen, die dieser Verleumdung ohne Untersuchung Glauben beigemessen haben, und ich hoffe ein wenig im Andenken meiner theuern Landsleute zu leben. Ich danke allen denen, die mich umgeben, gleichwie meinen Dienern für ihre guten Dienste, und ich hoffe, daß sie mein Andenken nicht vergessen werden.“

Der Prinz hatte seine Mutter zärtlich geliebt; sein Schmerz aber blieb still und in sich gekehrt. Ueberall war ihr Bewunderung, Achtung und Liebe gefolgt; sie bildete in der Schweiz den Mittelpunkt einer großen Wohlthätigkeits-Gesellschaft und gewann möglicherweise durch ihre Verbindung mit den Napoleoniden weniger, als sie dadurch verlor. Louis Napoleon betheiligte sich jetzt mehr als früher am öffentlichen Leben der Schweiz, lehnte aber Stellen im großen Rath etc. ab. Auf sein Thurgauisches Bürgerrecht schien er einen Werth zu legen, was die Behörden der Schweiz veranlaßte, sich seiner thätig anzunehmen. Der sonst so schlaue und berechnende König der Franzosen hatte die Unklugheit begangen, die Ausweisung des Prinzen aus der Schweiz zu fordern. Dadurch legte er diesem eine ungeheure Wichtigkeit bei in den Augen der Napoleonisten und Frankreichs, lenkte die Aufmerksamkeit auf ihn und machte ihn zu einem politischen Märtyrer. Wie ein Mann stand die Schweiz in Waffen auf zur Vertheidigung ihres Bürgers, und es hatte ganz den Anschein, als ob die Angelegenheit auf blutigem Wege entschieden werden sollte, als plötzlich der Prinz der ganzen Sache eine andere Wendung gab. Am Nachmittage des 21. Septembers 1837 zeigte er dem Präsidenten des kleinen Raths zu Frauenfeld, Landammann Anderwert, persönlich seinen Entschluß an, die Schweiz nicht in die Nothwendigkeit zu versetzen, seinetwegen Krieg zu führen, indem er ihr für ihren Schutz seinen Dank aussprach.

Am 14. October Nachmittags um halb drei Uhr traf der Prinz, von achtzehn Equipagen bis an die Barriere begleitet, in Constanz ein, wo er im Gasthof zum Adler einstieg. Von da aus fuhr er um fünf Uhr Abends mit Postpferden wieder ab. Sein Freund Gerelle saß allein bei ihm in seinem Reisewagen; in einem andern folgte sein Arzt Conneau und sein Kammerdiener Carl Thelin. Eine dumpfe Stille herrschte beim Einsteigen unter den ihn umstehenden Zuschauern aus Mitgefühl über sein Schicksal, und der Schmerz, einen so werthen Nachbar zu verlieren, sprach sich unverkennbar aus. Die Reise ging über Stuttgart, Mainz, Coblenz, Cöln, Wesel und Rotterdam nach England.

Der nun verwaiste Arenenberg blieb bis zum Mai 1843 im Besitz des Prinzen, wurde aber in diesem Jahr mit dem Inventar sammt Gütern und Wäldern an einen Herrn Keller aus Sachsen verkauft. Im Jahr 1855 erwarb ihn der Kaiser wieder, mit Ausnahme des Waldes, den Herr Keller behielt. Das Oekonomiegebäude, welches dem Zerfallen nahe war, wurde in der nämlichen Weise wieder fester und dauernder ausgebaut und die innere Einrichtung des Schlosses durch neue Tapeten von ganz gleicher Zeichnung und Farbe wie die ursprünglichen ersetzt. – Wenn wir jetzt den Arenenberg besuchen, so finden wir trotz des vielen Schönen dennoch die interessantesten und kostbarsten Stücke nicht mehr. So fehlt z. B. der prachtvolle Gobelin mit dem Bilde Kaiser Napoleon’s I. zu Pferde, dem einige Grenadiere eine Fahne überreichen, einem der gelungensten Portraits desselben. Er befindet sich jetzt im Invalidenhaus zu Paris. Ebenso mangeln das herrliche Bild Napoleon’s auf der Brücke von Lodi von Gros, die Marmor-Bildsäule der Kaiserin Josephine von Canova, die Büsten der Königin Hortense und ihres in Italien verstorbenen Sohnes Napoleon, des Prinzen Eugen, ein Mercur, eine Mediceische Venus etc. aus cararischem Marmor, was Alles nach Paris kam.

Nichts desto weniger ist der Besuch dieser historischen Stätte sehr lohnend. Im Vorraume grüßen uns sechs Portraits von ägyptischen Scheiks, welche dem Kaiser Napoleon I. Besuche abstatteten. Im Empfangszimmer sehen wir das große Portrait der Königin Hortense vom Maler Cottreau, der manche Jahre auf dem Arenenberge verweilte, in sehr sonderbarer Beleuchtung – Mond- und Lampenlicht. Ihm gegenüber hängt vom gleichen Maler der Prinz, seinen andalusischen Hengst im Schnee an der Hand zum Arenenberg führend – es ist das Bild, welches die eine der beigegebenen Illustrationen wiedergiebt – und außerdem an den Wänden die Portraits von Joseph Bonaparte, Eugen Beauharnais und drei Kindern desselben, sammt einem Bilde der zwei jüngsten Kinder der Hortense. Im Bibliothekzimmer befinden sich Portraits der Kaiserin Josephine in ganzer Figur, des Generals Beauharnais, des Grafen Tascher de la Pagerie und Murat’s etc.

Eine Wendelstiege führt zu dem im ersten Stock gelegenen Sterbezimmer der Königin, welches früher beschrieben wurde. Der Eintritt in dasselbe kann nur gegen einen Erlaubnißschein seiten des Administrators Ammann in Tägerweilen erlangt werden. Die Wände sind mit Damasttapeten bekleidet, weiße Verzierung auf gelbem Grunde. Die Möbel, zwei Commoden mit goldenen Verzierungen und einem großen Blumenstrauß auf Porcellan gemalt, erregen ein wehmüthiges Gefühl im Beschauer, denn sie gehörten einst der Gemahlin Ludwig’s XVI., der unglücklichen Königin Antoinette, die auch im Tode sein Schicksal theilte. Eine betende Frau von Fräulein Marie Ellenrieder in Constanz und ein Bild, welches den jetzigen Kaiser Napoleon und seinen ältern Bruder als Cherubim darstellt, vollendet die Ausschmückung des kleinen Zimmers. Das in einer Nische stehende Bett ist das nämliche, in welchem die Königin starb. In dem anstoßenden Cabinetchen beschauen wir das Portrait der Kaiserin Josephine, die in eine schöne Gegend hinaussieht und das von Hortense selbst gemalte Bildniß der liebenswürdigen Madame de Broc. Dieselbe verunglückte am 10. Juni 1813 vor den Augen der Königin, als sie den Wasserfall von Gresy in Savoyen besuchte, in welchen sie hinunterstürzte und ertrank.

Der Kaiser ließ seiner Mutter in der Capelle auf Arenenberg von Bartolini in Florenz im Jahr 1845 ein Grabmal aus Alabaster setzen. Hortense ist knieend dargestellt, mit zum Gebet gefalteten Händen. Die ganze Capelle stimmt, klein wie sie ist, zur Andacht und Erhebung, im Einklang übrigens mit einer gewissen süßen Melancholie, die den ganzen Ort umweht.



Das Geheimniß des Indianers.
Nach Mittheilungen eines deutsch-amerikanischen Arztes.
(Schluß.)

Auf den steilen Höhen angelangt, auf denen sich die Silbermine befand, suchte Tawanka die Mündung des Schachtes auf und überzeugte sich bei dem ersten Blick, daß hier seit seiner letzten Anwesenheit etwas vorgegangen sei. Er sah eine Menge zerschlagenen Erzes umherliegen und fand auch zwischen dem Gestrüpp die Werkzeuge, welche Jones dagelassen hatte, weil er sich nicht damit hatte belasten wollen. Anfänglich wollte er seine Nachforschungen auch im Innern der Mine fortsetzen, doch stand er nach einigem Nachsinnen davon ab, da es ihm nur darauf ankam, jede Spur des Einganges wie überhaupt die ganze Localität vollkommen unkenntlich zu machen. Er war fest entschlossen, den verräterischen Yankee, der außer ihm selbst der einzige Mann nach Werner’s Tode war, welcher um das Geheimniß wußte, aufzusuchen und unter allen Umständen zu tödten, noch ehe dieser wieder Gelegenheit hätte, die Insel zu besuchen; denn wenn Jones seinen Landsleuten auch Mittheilungen über das Dasein der Silbermine gemacht hatte, so war doch nicht anzunehmen, daß diese ohne einen mit der Oertlichkeit vollkommen vertrauten Führer sich in einem solchen Labyrinthe von Klippen und nackten Felsschluchten zurechtfinden würden.

So ging denn Tawanka rasch an das Werk und fing damit an, die alte abgestorbene Schierlingstanne, welche auf dem sonst baumlosen Plateau als Merkzeichen hätte dienen können, in Brand zu setzen. Während die gierige Flamme den harzreichen Stamm, welcher wie eine Pechfackel aufloderte, bis auf die Wurzeln verzehrte, warf der Indianer zuerst die aufgefundenen Werkzeuge der weißen Männer in die Tiefe des Schachtes, dann sammelte er die

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_201.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)