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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Der Kölner Dom nach seiner Vollendung.

solcher Loose werden nach Abzug der Gewinne und der Kosten dem Dombau etwa dreimalhunderttausend Thaler einbringen. Auf ein Jahr hat die Regierung diese Prämiencollecte versuchsweise genehmigt; gelingt das Unternehmen, so wird es in den folgenden sieben Jahren fortgesetzt, und am Ende dieser Periode ist denn auch das große Werk des „ewigen Baues“ vollendet.[1]

Aber noch eine andere gute und schöne Seite hat das Unternehmen: ein Theil der Gewinne wird in Kunstwerken bestehen, und somit kommt ein Theil des gesammelten Geldes ganz rein der vaterländischen Kunst zu Gute; dreißigtausend Thaler sind zu solchem Zwecke ausgesetzt, die deutsche Künstlergesellschaft ist berufen worden, ihre Werke anzubieten, und in den letzten Tagen war im Museum zu Köln eine Ausstellung von vierhundert Kunstwerken deutscher Meister aller Schulen, aus welchen das Beste und Zweckentsprechendste ausgewählt und unter die Gewinne der Dombaulotterie aufgenommen werden wird. Derart wird der größte Gewinn einmalhunderttausend Thaler, der kleinste ein Gemäldchen von fünfzig Thalern Werth sein.

So greift in unserer commerciellen und industriellen Zeit der Handelsgeist in Alles ein und auch der Kunst unter die Arme, und was das Mittelalter mit aller Frömmigkeit des Sinnes, mit aller Ueberzeugung des Glaubens und allem Muthe unbeirrter Ueberzeugung nicht vollenden konnte, das fertigt die moderne Welt des neunzehnten Jahrhunderts, die so oft verschrieene, unfähig, frivol, leichtsinnig genannte.

Jede Zeit hat ihre Art, und wenn im dreizehnten und im vierzehnten Jahrhundert St. Peter’s Boten durch das Land gingen, Gaben heischend für das große Gebäude zu Gottes und der heiligen Jungfrau Ehren, und Ablaß der Sünden geboten wurde als Lohn für die Beiträge, so macht man das jetzt anders und sagt: „Gebet, Ihr Weltkinder, Etwas zu dem gewaltigen Werke, das wir zu Gottes Ehre errichten, indem wir darin der geschaffenen Menschen Schöpfungskraft aufs herrlichste offenbaren, und da Ihr liebe Weltkinder seid, so versprechen wir Euch als Gegengabe die Aussicht auf einen ganz hübschen Gewinn. Ob Ihr den Gewinn bekommt, ist Glückssache, aber Euer Thaler wird gut, wird vortrefflich verwandt.“

Hermann Becker.
  1. Dürfte es nicht gerathen sein, den Ziehungstermin noch um einige Wochen hinauszuschieben?
    Die Red.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 557. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_557.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2017)