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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Von Preußen überhaupt haben im Feuer gestanden das elfte Linien-Infanterie-Regiment, zwei Bataillone vom fünfundzwanzigsten, ein Ersatz-Bataillon vom einundsiebenzigsten, dazu die beiden Bataillone Coburg und Gotha, sonst nur Landwehr und zwar zwanziger, zweiunddreißiger und siebenundzwanziger, Landwehr-Husaren und Dragoner, im Ganzen sehr wenig Cavallerie, so wie die Ersatz-Escadron des zehnten Linien-Husaren-Regiments, endlich einige Batterien vom siebenten Feld-, so wie eine vom vierten Festungs-Artillerie-Regiment. Vom vierten Garde-Regiment, welches im Kampfe des 27. Juni sehr gelitten haben sollte, ist kein Mann mit im Gefechte gewesen.

Die Coburg-Gothaer, meistens blutjunge Leute, gingen mit der größten Beherztheit in’s Gefecht. Sie sangen und scherzten noch, als schon die Granaten rechts und links einschlugen. Ihr tapferer Herzog, der aber kein Commando hatte, war immer in der Nähe, scheute selbst den Kugelregen nicht und feuerte sie zum Widerstande an. Manches junge, hoffnungsvolle Blut liegt nun schwer verwundet darnieder, kehrt als Krüppel heim oder – nie mehr, unter diesen einer ihrer tapfern Führer, der schon genannte Oberstlieutenant v. Westernhagen.

Ebenso brav, beherzt und wahrhaft todesmuthig benahmen sich die Turner von Gotha, Mühlhausen und Langensalza. Unter dem heftigsten Kugelregen, in sichtbarer Lebensgefahr, begaben sie sich, die ersteren schon sehr frühzeitig, auf die Stätte des Kampfes, um die Gefallenen aufzuheben, in Sicherheit zu bringen und für den ersten Verband mithelfend zu sorgen. Man wird staunen, wenn Schreiber dieses unter den Turnern Jünglinge erblickte von nur sechszehn bis achtzehn Jahren, denen der Tod schließlich völlig gleichgültig blieb, welche mit rastlosem Eifer, unter rinnendem Schweiß und kämpfend in sengender Sonnengluth mit eigener Ohnmacht und Ermattung, von ihrem barmherzigen Thun dennoch nicht abließen. Und dieses Liebeswerk haben die meisten den ganzen Nachmittag, Abend und durch die ganze Nacht fortgesetzt. Ja, am folgenden Tage gingen sie, die Verlorenen und Schmachtenden im hohen Getreide aufzulesen, in die Lazarethe zu führen und zu tragen und Hülfe und Labungen für die armen Unglücklichen zu erflehen.

Mit ausgezeichneter Tapferkeit hat sich das Füsilier-Bataillon vom zwanzigsten Landwehr-Regiment geschlagen, meistens Berliner Kinder. Die Nationalzeitung hat bereits darüber berichtet und ich kann hier nur wiederholen, was sie mittheilt.

Bei dem unaufhaltsamen und unerschrockenen Vorgehen dieser Truppe sah sie sich plötzlich von allen Seiten von hannover’schen Cavalleriemassen eingeschlossen und war förmlich umzingelt. Augenblicklich wurde Quarré formirt, aber der hannoversche General ritt im Galopp auf den preußischen Bataillons-Commandeur zu, ihn auffordernd, die Waffen zu strecken. Ehe dieser noch eine Antwort erhielt, donnerte aus hundert kräftigen Wehrmannskehlen der Ruf zurück: „Berliner Landwehr ergiebt sich nicht, wir bleiben bei der Fahne!“ Da sprengten von allen Seiten die feindlichen Reitermassen heran, es war ein peinlicher Augenblick und man mußte glauben, das ganze Bataillon würde zusammengehauen werden. Die Wehrmänner aber standen wie die Mauern, mit eiserner Ruhe

Die ersten Preußen in Leipzig am 17. Juni.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_444.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)