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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

Die erste Wochensuppe.
Originalgemälde von Rudolf Jordan.


in Erwägung gezogen wurde, hatten die Jesuiten, ihrer Gewohnheit gemäß, durch provocirte Prophezeiungen auf die Gemüther zu wirken angefangen, 1770 hatten die Weissagungen einer gewissen Bernardina Beruzzi aus dem Dorfe Valentano begonnen. Sie sagte unter anderm, die Gesellschaft werde nicht aufgelös’t werden, es würde vielmehr ein in großem Ansehen stehender Jesuit von Clemens den Purpur erhalten. Die Prophezeiungen behielten diesen gemäßigten Charakter, so lange die Jesuiten noch hofften. Als sie sich des Schlimmsten versahen, weissagte die Beruzzi, der Papst werde am 24. März todt sein.

Nach geschehener Publication kannte die Wuth der Jesuiten keine Grenzen; ja sie gingen soweit, die Wahl Clemens des Vierzehnten für erschlichen und ungültig und ihn selbst als den Antichrist zu erklären.

Mit diesen Anfeindungen gingen die Prophezeiungen Hand in Hand. Im Kloster zu Montefiascone lebten zwei Nonnen, Bernardina Ranzi und Maria Poli. Die letztere war stigmatisirt; sie bot jene Erscheinung der blutenden Wundmale an Händen und Füßen dar, von denen die Heiligenlegende so viel erzählt, die aber die exacte Medicin nie zu sehen Gelegenheit fand. Sie prophezeite: die Gesellschaft Jesu werde wieder aufleben, die Priester würden in ihre Provinzen zurückkehren, aber die himmlische Rache werde nicht ausbleiben. Der Papst und die Fürsten, welche die Unterdrückung veranlaßt, würden sterben. Und zwar werden sich diesmal keine Gläubigen finden, die der Gewohnheit gemäß dem sterbenden Papst die Füße küssen.

Die Weissagungen dieser beiden Nonnen wurden, wie in der später angeregten gerichtlichen Verhandlung zu Tage kam, durch deren Beichtväter, die Jesuiten Coltraro und Veniza, in Briefen an Ordensmitglieder verbreitet. Coltraro schrieb an seinen Freund: „Pflanze die Gerüchte fort, damit ein System in die Sache komme“, und hat damit auf’s Naivste eine Probe seines Ordens ausgesprochen.

Zu diesen Todankündigungen scheint mir noch das Erscheinen eines Kupferstichs zu gehören, der unmittelbar nach der Aufhebung der Jesuiten in den deutschen Ländern verbreitet wurde. Die Prager Universitätsbibliothek besitzt ihn in zwei von einander wenig verschiedenen Ausgaben. Man sieht auf diesen Kupfern den Tod, ein Geripp in einen Mantel gehüllt, den Schädel mit Lorbeer gekrönt, wie nach einer Heldenthat. Er hält eine Fahne in der Hand. Vor ihm steht ein Exjesuit, als Weltpriester gekleidet, in Mantel mit kleinem Collet, den dreispitzigen Hut in der Hand. Er scheint heiter und guter Dinge. Im Hintergrunde in der rechten Ecke steht eine Art von Tabernakel, an welchem die abgelegten Insignien der Jesuiten hängen. Ober dem Bilde sieht man das bekannte Symbolum der Jesuiten, rund herum die Worte: „Freuet Euch, Eure Namen stehen im Himmel.“

Unter dem Bilde liest man auf dem einen der Kupfer: „Sic finis erit!“ (So wird das Ende sein!) und die Worte: quod bonum est in oculis suis, faciat(I. Sam. 3. 18.) Was gut ist in seinen Augen, wird er thun (der Exjesuit?).

Bei allen diesen Androhungen baldigen Todes blieb Ganganelli gesund und munter und unternahm die weiteren Schritte, die zur Durchführung der Aufhebungspublication nothwendig geworden. Am 24. September wurde der General Ricci mit seinen fünf Assistenten und noch drei anderen Jesuiten verhaftet, in die Engelsburg gebracht und wegen der Ordensgeheimnisse, besonders wegen der vermutheten großen Ordensschätze, inquirirt. Doch man entdeckte weder die einen noch die andern, da Ricci Zeit gehabt, sowohl Geld als Papiere in Sicherheit zu bringen.

So kam das Jahr 1774 heran.

Der Papst erhielt nun von vielen Seiten Winke, sich vorzusehen. Der Vicar von Padua meldete der Congregation de rebus Jesuitarum, daß ein Jesuit in seiner Gegenwart in den

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_009.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)