Seite:Die Gartenlaube (1867) 222.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

von Frankreich polemisirt wird; Confiscation wäre das Allermindeste, was begegnen könnte.

Ferner vermeide man in den Verdacht der Post-Defraudation zu kommen; als solche wird es betrachtet, wenn man geschlossene Briefe, selbst wenn es nur Empfehlungsschreiben sind, Couverts, Paquete, Schachteln etc., welche eine Adresse tragen, bei sich führt. Will man gegen Andere in ähnlicher Beziehung gefällig sein (nicht um der Porto-Ersparniß, sondern um der Gewißheit willen, daß das zu Besorgende wirklich pünktlich abgegeben wird), so führe man solche verbotene Früchte lieber in der Brusttasche bei sich.

Bezüglich der Garderobe ist im Allgemeinen zu rathen, neue Kleidungsstücke, Stiefeln oder Schuhe mindestens einmal getragen zu haben, damit sie Spuren des Gebrauchs zeigen.

Zu den verpöntesten Artikeln gehören Tabak und Cigarren. Beide sind bekanntlich in Frankreich Regie-Artikel; im Budget für 1866 waren die Staats-Einnahmen aus dem Tabaksmonopol mit 233 Millionen Frcs. veranschlagt, eine Zahl, die zur Genüge beweist, wie theuer das Vergnügen des Rauchens in Frankreich erkauft werden muß. Unverzollt einzuführen ist lediglich erlaubt, was man während einer Fahrdauer persönlich braucht, – also höchstens eine gut gefüllte Cigarrentasche oder ein kleines Etui mit Tabak für Cigarretten. Seinen ferneren Bedarf muß man entweder (namentlich wenn man an ein gutes, reines Blatt gewöhnt ist) von daheim mitnehmen und diesen ehrlich und offen an der Grenze declariren und mit etwa neun Pfennigen pro Stück verzollen, – oder man muß rauchen, was das große herrliche Paris eben darbietet, – und damit hat es dann seine eigenen Wege. Denn was man in den von der Regierung concessionirten gewöhnlichen Tabaksläden (die nebenbei gesagt zu gleicher Zeit die Special-Postablagen für gewöhnliche Briefe sind, wo man auch Francomarken kaufen kann) erhält, ist für einen unverwöhnten Gaumen schon ziemlich verwendbar, wenngleich gegenüber den deutschen Cigarrenpreisen enorm hoch; wer aber, wie gesagt, an ein abgelagertes Kraut gewöhnt ist, der hat, so viel mir bekannt geworden, nur eine Quelle: unter dem Grand Hotel auf dem Boulevard des Capucines, aber natürlich auch zu Preisen, aus denen die 233 Millionen Staatseinnahme hervorschauen.

Nun noch, ehe wir den Koffer abschließen, ein paar Worte über die Wäsche. Die sechszig Pfund Freigepäck auf den französischen Bahnen gestatten zwar, sich reichlich mit Weißzeug zu versehen; allein ich rathe davon ab, namentlich Denjenigen, die im Punkte ihrer Leibwäsche etwas eigen und nicht gewöhnt sind, ausgetauschte Unterkleider mit zu engem oder zu weitem Halskragen, zu langen oder zu kurzen Aermeln, Baumwolle für Leinen zu tragen. Dieses Verwechselungs-Quiproquo kommt in den großen Hotels ohne Verschulden der vermittelnden Gasthofsdienerschaft zu gewöhnlichen Zeiten oft genug vor; um wie viel mehr wird und muß es der Fall sein, wenn ganz Paris, wie nächsten Sommer, sich im friedlichen Belagerungszustande befinden wird. Vorausgesetzt nun, daß wirklich keine Komödie der Irrungen vorfallen würde, so ist das Pariser Waschverfahren ein so barbarisches, daß namentlich wirthliche Hausfrauen mit Entsetzen davor zurückschrecken. Man bekommt zwar das Gewaschene schneeweiß und mit so elegantem Appret zurück, wie kaum irgendwo, aber auf Kosten der Dauerkräftigkeit der Leibwäsche und unter Zuhülfenahme chemischer Präparate, die beim Tragen und Warmwerden der Wäsche mitunter unausstehlich hervordunsten. Dabei hat diese mit Chlorkalk gemißhandelte Wäsche einen widerlich trockenen, stumpfen Angriff, der ein ähnliches Gefühl auf der Hand hervorbringt, wie das ist, wenn man Gyps oder Kalk in den Händen gehabt hat.

Andererseits ist gut und sehr elegant gearbeitete Leibwäsche, wenn man durch Vermittelung eines Bekannten an die rechte Quelle geführt wird, eben so billig, wenn nicht sogar noch wohlfeiler, als in manchen Städten Deutschlands und der Schweiz. –




Zur Charakteristik amerikanischer Frauen.
Von C. L. Bernays in Missouri.


Schon seit zwanzig Jahren wurde in den Vereinigten Staaten, meist von excentrischen Frauen, die politische Gleichstellung beider Geschlechter verlangt. Seitdem aber, theils um den Forderungen abstracter Gerechtigkeit zu genügen, theils aus minder rühmlichen Parteigründen, den Farbigen das Stimmrecht verliehen werden soll, seitdem kann man wohl sagen, ist die große Mehrzahl aller gebildeten Amerikanerinnen für diese Ansicht gewonnen, und das Ende des Jahrhunderts wird nicht herankommen, ohne daß diese größte aller Neuerungen hier durchgesetzt sein wird. Mit vollstem Recht fragen unsere Frauen, wenn Neger, unwissende, rohe, ungebildete und nur in untergeordnetem Grade bildungsfähige und bildungsbedürftige Neger für fähig erachtet werden, an der Selbstregierung dieses Volkes Theil zu nehmen, warum sie selber dazu nicht gerade so gut berufen sein sollen. Täglich komme ich mit den bescheidensten, sittsamsten und anspruchslosesten Frauen der mittleren und höheren Stände zusammen, und ich finde nur in seltenen Ausnahmen die Ansicht vertreten, daß die Frau nur in’s Haus, nicht auf’s Forum gehöre.

Nun kommt es hier nicht darauf an, was ich selbst von der Sache halte. Doch aber mag es gesagt sein, daß ich aus zwei ganz besondern Gründen die politische Gleichstellung der beiden Geschlechter, so weit sie überhaupt thunlich ist, für das Volk der Vereinigten Staaten wünsche. Der erste ist, daß dadurch wesentlich zur höheren Gesittung der Männer im öffentlichen Leben beigetragen wird, und der zweite, daß die Frauen sich durch ihre Emancipirung in eine Lage begeben, in welcher sie auch den Männern das Recht zugestehen müssen, daß diese ihre Irrthümer und Sünden in einer aufrichtigen, ungeschminkten Weise behandeln, wie es im jetzigen Stande ihrer Passivität nicht geschehen kann. Im Stande der Unfreiheit können die Frauen jedem ihnen von den Männern gemachten Vorwurfe mit der vollkommen berechtigten Antwort begegnen: „So wie wir sind, habt Ihr uns gemacht. Laßt uns erst frei sein, und dann macht uns für uns selbst verantwortlich.“

Viel hundert Frauen waren während des Krieges im Bundesschatzamt angestellt, um die Tausende von Millionen Bankzettel, von je fünf Cents oder etwa sieben Kreuzern das Stück bis zu tausend Dollars oder zweitausendfünfhundert Gulden, zu beschneiden und in Päckchen zusammen zu legen. Nicht ein einziger Bankzettel wurde entwendet, während bei der vorsichtigsten Wahl männlicher Beamten ohne jeden Zweifel Unterschleife vom kleinsten bis zum größten Betrage alltäglich gewesen wären. Man hörte von Bacchanalien und wild vollbrachten Nächten im Schatzamt. Die Sittsamkeit jener Frauen wurde vielfach als von zweifelhafter Natur geschildert; ihre Rechtschaffenheit hat Niemand in Zweifel gezogen.

Von dieser Thatsache erhielt ich Kunde, als ich gerade in einem kleinen Städtchen in Kentucky ein Regiment Illinoiser Truppen auszuzahlen hatte. Mein zerschnittenes Kleingeld war zu Ende, und ich hätte am folgenden Tage mit der Zahlung nicht fortfahren können, ohne wenigstens hundert von den Bogen, auf welchen je zwanzig kleine Fünf-Cent-Noten zusammengedruckt waren, vorerst zu parcelliren. Da sah ich einen Haufen aus der Schule zurückgekehrter Knaben und Mädchen vor der Thür meines Hauptquartiers spielen. Ich rief sie herein. Es waren fünf Knaben und sechs Mädchen. Ich versprach jedem einen nagelneuen Zehn-Cent-Zettel, wenn sie mir die hundert Bogen zerschneiden wollten. Sie willigten freudig ein, denn auf’s Geldverdienen ist unsere Jugend schon im allerfrühesten Alter sehr erpicht. Dann setzte ich die Knaben zusammen und ebenso die Mädchen, und gab jeder Partie fünfzig Bogen. Als sie fertig waren, ließ ich die Päckchen von meinem Clerk zählen. Von denen, welche die Knaben zerschnitten und gebunden, war nur eines von zehn richtig, während in allen Päckchen der Mädchen auch nicht ein einziger Zettel fehlte. Eines von den Mädchen war die Tochter des Pflanzers, in dessen Hause ich mein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Ich erzählte ihr am Abend das Resultat der Zählung; es hätte ein Dollar und fünfundvierzig Cents im Ganzen gefehlt, und zwar sei das Fehlende von den Knaben entwendet worden. Flugs eilte das Mädchen aus dem Zimmer, lief zu all’ ihren Gespielinnen, jagte sie von Haus zu Haus zu den Knaben, die mit am Zerschneiden geholfen hatten,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_222.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2017)