Seite:Die Gartenlaube (1867) 681.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

Alle Experimente gelangen glänzend, das Publicum spendete rauschenden Beifall und Mehrere, die alle drei Vorstellungen Hartmann’s gesehen, sprachen ihre Freude darüber aus, daß jede folgende Vorstellung auch wegen größerer Eleganz der Ausführung vollkommener gewesen sei. Man stimmte darin überein, daß die letzte Vorstellung den Davenport’schen fast nichts nachgab und daß man also fast gar nicht merkte, daß Davenport die Sache fünfzehn Jahre, H. aber kaum eine Woche geübt hatte.

Mit gespanntester Aufmerksamkeit und unter fortwährend sich steigernder Heiterkeit vernahm das Publicum endlich die Erklärung sämmtlicher Experimente. Geister zur Erklärung zu Hülfe zu nehmen, daran hatte in Dresden, vielleicht einige kränkliche, vornehme Damen ausgenommen, gewiß Niemand gedacht. Wohl aber hatten einige Blätter Magnetismus und Elektricität zur Erklärung zu Hülfe genommen. Nur wenige Berichterstatter hatten gar von noch ganz unbekannten oder wenigstens nur den Gebrüdern Davenport bekannten Naturkräften geträumt. Jetzt zeigte sich nun, daß Alles einfach auf mechanische Weise ausgeführt worden war.

Zunächst zeigte Hartmann, wie man sich binden lassen müsse. Der durch das Loos zur Uebernahme des Bindens bestimmte Herr wird, ohne daß er es selbst recht merkt, geleitet. Davenport hält erst den linken Arm in die Höhe, läßt sich um diesen den Strick

Fig. 1.

legen und zuknüpfen, wie bei Fig. 1 die kleine Schlinge zeigt. Dann werden die Hände hinten am Rücken zusammengelegt, wobei der Strick so zu liegen kommt, daß die zweite fest anschließende Schlinge hinlänglich weit genug wird, wenn man die rechte Hand, welche die linke erst kreuzte, etwas wendet, so daß die beiden Flächen einander zugekehrt sind. Die weite Schlinge in Fig. 1 ist um beide Hände gelegt. Fig. 2 zeigt, wie der Strick gelegt ist, wenn beide Hände gebunden sind; in der kleinen Schlinge befindet sich die linke Hand, in der großen sind erst beide, dann

Fig. 2.

aber, d. h. nach der Drehung der Hand, nur die rechte, so daß diese leicht aus der Schlinge herausfahren kann. Eine etwas schmale Hand ist allerdings zu gutem Gelingen kaum zu entbehren. Fay giebt beim Binden genau Acht, daß richtig gebunden wird; er ist dabei, wenn nöthig, behülflich, und die Gebrüder Davenport selbst erklären, daß, sowie Jemand eine ihnen nicht passende Bindeweise anwenden wolle, dies sie schmerze; es stocke das Blut zu stark und dergleichen. Höflichkeit, Befangenheit des Bindenden, der vielleicht gar nicht sich zum Binden erboten haben würde, wenn ihn nicht das Loos getroffen hätte, halfen den Gebrüdern Davenport über manche Schwierigkeit hinweg. Kam es doch in dem höflichen Dresden sogar vor, daß man es unschicklich fand, als unser Hartmann Herrn Davenport nach eigenem Belieben binden wollte.

Wenn aber eine Hand frei ist, so kann alsdann leicht die Trompete aus dem Schranke geworfen, es kann der Lärm im Schrank erzeugt werden, der mit im Schranke Sitzende kann seine Hand immer auf dem Knie des Gebundenen haben; das Knie bewegt sich nicht mit, nur die Hand arbeitet. Diese zeigt sich vor der Schranköffnung, sie setzt dem Herrn im Schranke das Tambourin auf den Kopf, sie fährt augenblicklich wieder in die Schlinge und wendet sich, so daß beim Oeffnen des Schrankes sofort der Status quo ante wieder ersichtlich ist. Schließlich löst die linke Hand auch die Knoten und macht die rechte Hand frei. Dieses Knotenlösen würde bei einem alten Stricke, der sich viel fester zusammenziehen läßt, als ein neuer, freilich etwas schwierig sein; ein neuer Strick indeß, wie ihn die Gebrüder Davenport anwendeten, läßt sich durchaus nicht fest zusammenschnüren, wovon sich Jeder leicht überzeugen kann; die Knoten in demselben lassen sich daher auch leicht aufknüpfen. Wenn sich die Gebrüder D. selbst binden, so ist natürlich die Schlinge noch einfacher, als beim Binden von Anderen. Hartmann wendet hierbei die in Fig. 3, 4 und 5 abgebildete Schlinge an, welche demselben von Ingenieur Pieper in Dresden gezeigt worden ist und die er, weil

Fig. 3.

sie einfacher ist, noch lieber in Anspruch nahm, als eine von ihm selbst erfundene, mit der man, weil sie complicirter war, weniger schnell agiren konnte. Fig. 3 zeigt die Schlinge von oben, Fig. 4 von der Kehrseite. Man steckt die linke Hand in den durch den Schlingknoten abgeschlossenen Ring, bindet dann die rechte Hand daran, schiebt hierauf den Schlingknoten, der sich verschieben läßt – deshalb auch wohl „Fitschelschlinge“ genannt – fest an das Handgelenk an, dreht die Hand, wodurch der Schlingknoten auch gedreht erscheint, wie in Fig. 5, und man erscheint sehr fest gefesselt. Sowie man aber die rechte Hand wieder dreht, kann man dieselbe auch ganz leicht aus der Schlinge ziehen und

Fig. 4.

mit ihr operiren.

Ungeheure Heiterkeit erfüllte den Saal, als Hartmann erklärte, wie er, der doch Mehl in den Händen hielt, seine flachen Hände an der Oeffnung zeigen konnte. „Das Mehl steckte ich,“ so sprach er, „einfach in die Taschen meiner weißen Weste; ich hätte es auch wohl können in die Fracktasche stecken oder unter den Teppich im Schranke werfen, aber es schien mir so, wie ich es machte, am sichersten zu sein. Als ich mit Lärmen im Schrank fertig war, füllte ich die Hände wieder mit anderem Mehle, das auch in der Westentasche steckte, und schüttete es dann vor Ihnen aus.“

Die Experimente während der Sitzung in der Dunkelheit erklären sich leicht, wenn man weiß, daß eine Hand schnell frei gemacht werden kann. Dadurch, daß die Leute während dieser

Fig. 5.

Sitzung eng mit den Stühlen aneinander rücken, ist ein Einzelner, der mehr erfahren will, als er soll, verhindert sich auf das Podium zu schleichen. Die vorderste Reihe, welche durch gegenseitiges Händegeben eine Kette gebildet, wie dies auch bei den Davenportschen Vorstellungen geschehen war, hat sich dadurch dem Experimentirenden völlig unschädlich gemacht. Daß Fay, der von zwei Herren aus dem Publicum gehalten wird, nicht die Guitarre spielt, ist klar; das besorgt eben auch Davenport, der ja leicht eine Hand frei machen kann. Er braucht dazu nicht einmal aufzustehen; es kann ihn auch nicht geniren, daß Thaler auf seinen Füßen liegen und daß der Umriß der letzteren auf unterliegendem Papier gezeichnet ist. Will er aber fort, weil vielleicht die Guitarre zu weit weg liegt, nun so nimmt er eben die Münzen einstweilen herunter, steckt sie ein, dreht das Papier, wenn er sich wieder hinsetzt, um, zieht einen breit gehaltenen Bleistift aus der Tasche, macht einen neuen Umriß und legt endlich die Thaler wieder auf. Das Fliegen der durch Phosphor kenntlichen Guitarre zeigt recht deutlich, wie die Finsterniß zu Täuschungen Anlaß geben kann, besonders wenn der Mensch erregt ist. Wie oft sah Jemand in der Dunkelheit einen fernstehenden Baum für einen Menschen, vielleicht gar für einen Räuber, oder eine vorbeifliegende Eule für einen ungeheuer großen Vogel an! Wie oft täuscht man sich nicht über die Entfernung eines nächtlichen Feuers! Gar Viele hätten nicht geglaubt, daß Hartmann die Guitarre einfach in die Hand nahm, aufstand und sie nun hin und her bewegte, wenn er es nicht nachträglich noch einmal ausgeführt hätte. Wie Manchen hörte ich sagen, er hätte wollen schwören, die Guitarre sei bis an

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 681. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_681.jpg&oldid=- (Version vom 5.3.2017)