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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)


Der Künstler hat dies neueste Portrait des Dichters bei dessen jüngster Anwesenheit in Barmen nach dem Leben gezeichnet und bietet Sonderabdrücke des Bildes auf großem starken Velinpapier zu Gunsten der Freiligrath-Dotation zu dem billigen Preise von 10 Ngr. dar. Mit Vergnügen hat sich die Verlagshandlung der Gartenlaube zur Expedition des Kunstblattes bereit erklärt.




lauter Bäumen nicht; Ihr seht wohl die Wurzeln und den scheinbar gesunden Stamm. Das Amt steht über Euch, auf der Höhe und sieht es schon von Weitem, wenn ein Baum anfängt, gipfeldürr zu werden. … Ich bemerke auch einige von den Osterbrunnern unter den Anwesenden; über acht Tage ist die Reihe der Wahl an ihnen und ich hoffe zuversichtlich, daß sie mir Gelegenheit geben werden, ihnen das Lob gleich guter Gesinnung zu ertheilen. Die Wahl des Vorstehers ist unbezweifelt einer der wichtigsten und entscheidendsten Vorgänge im gemeindlichen Leben … völlige Unbescholtenheit, der tadelloseste Leumund sind vor Allem das Erforderniß eines Mannes, dem mit diesem Ehrenamte das Wohl und Wehe und die Ehre der ganzen Gemeinde in die Hand gegeben werden soll. … Sie stimmen sicher darin mit mir überein, Herr Aicher von Aich?“ fuhr er fort, indem er sich plötzlich gegen den Ankömmling wandte, als habe er ihn erst in diesem Augenblick bemerkt. „Sie haben sich lange nicht sehen lassen, mindestens nicht so geradezu – es ist auch wohl begreiflich … Sie haben während dieser Zeit Gelegenheit gehabt, in Ihrer Familie recht betrübende Erfahrungen zu machen, bezüglich deren ich nicht umhin kann, aufrichtigst zu condoliren …“

„Ich danke sehr für Ihr Beileid, Herr Baron,“ entgegnete Sixt finster und kurz. „Der Tod meines Bruder hat mich allerdings schwer getroffen …“

„Natürlich! Zumal unter so befremdlichen und geheimnißvollen Umständen!“ fuhr der Amtmann im Tone eifriger Theilnahme fort. „Und dazu noch all’ die anderen unerklärlichen Ereignisse! Das räthselhafte Verschwinden Ihrer Ziehschwester, welche allgemein bezichtigt wird, das Verbrechen der Kindesaussetzung begangen zu haben! Wie schmerzlich muß Sie das Alles berühren – ich weiß ja, auf welch’ vertrautem Fuße Sie mit ihr standen! Haben auch Sie keine Spur der Vermißten?“

Dem Aichbauern schwamm es vor den Augen; er erbebte vor Grimm, die schlecht verhehlten boshaften Angriffe, die er wie Dolchstiche fühlte, abzuwehren, aber er übersah Ort und Umgebung und bemeisterte sich. „Keine,“ sagte er gelassen, „obwohl ich weder Zeit noch Mühe und Kosten gescheut! …“

„O, das glaube ich Ihnen ohne Betheuerung!“ rief der Beamte wieder. „Seien Sie auch meiner lebhaftesten Mitwirkung versichert und sehen Sie in dieser Sache ein lebendiges Beispiel, wie wenig die in unseren Tagen gepriesenen Neuerungen das wirklich leisten, was sie verheißen! Wären noch wie früher alle Fäden in Einer Hand vereinigt, dann wäre es ein Kinderspiel, den Schleier zu lüften, der über all diesen Ereignissen liegt, und den Zusammenhang herauszufinden, der ohne Zweifel zwischen ihnen besteht; seit der leidigen Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung müht sich jede in ihrem Kreise vergeblich ab; es

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 709. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_709.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)