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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

auch hier war schlecht für Raum, Futter und Wasser gesorgt; hier von den Schlächtern aufgekauft, wurden sie in der inneren Stadt, wo der Raum so kostspielig ist, theilweise in Kellern und elenden Gehöften untergebracht, oder sofort, in fieberhaftem Zustande, geschlachtet. Kein Wunder, wenn die neue Gesundheitsbehörde genöthigt war, in den ersten Wochen ihres Bestehens Tausende von geschlachteten Rindern, Schweinen, Schafen und Kälbern von Amtswegen ohne Entgelt wegzunehmen und verscharren zu lassen. Endlich war die Grausamkeit, mit welcher diese Thiere behandelt wurden, ganz besonders auch beim Schlachten selbst, ein für die Sittlichkeit der Bevölkerung verderbliches Beispiel, abgesehen von den unnöthigen Qualen der armen Schlachtopfer selbst.

Die Gesundheitsbehörde verbannte alle Schlachthäuser, gegen welche von den Umwohnern Klage erhoben wurde, und selbst eine Anzahl anderer, gegen die sich kein Kläger fand, aus dem Umkreise der Stadt. Das gab Anlaß zur Errichtung des großen Schlachthauses von Communipaw. Es bildete sich eine Actiengesellschaft von Viehtreibern des Westens und Schlächtern des Ostens, welche vom Staate New-Jersey incorporirt wurde, ein Stück Land am südwestlichen Ende des Fleckens Communipaw, der aus der Revolutionsgeschichte bekannt ist, sechsundzwanzig Acker groß, erwarb und daselbst nach dem Muster des großen Pariser Abattoirs, nur in noch bedeutenderem Maßstabe, Gebäude und Räumlichkeiten herrichten ließ, welche schon am 15. October 1866 eingeweiht werden konnten.

Das neue große Schlachthaus von New-York.

Diese bestehen aus einem Schlachthause für Rinder und Schweine, zweihundert und neunzig Fuß lang, fünfundsiebenzig breit, mit der Grundflur drei Stockwerk hoch und mit Anbauten zum Einlaß der Schlachtthiere bestimmt, zweitens aus einer Stallung für Schweine und Schafe, neunhundert Fuß lang, fünfundsiebenzig breit und drei Stockwerke hoch, ferner aus einem Schlachthaus für Schafe, mehreren Pferdeställen, einem großen Hotel zur Aufnahme der Treiber, Händler und Schlächter, sodann aus einem offenen Raume für Rindvieh, der durch starke Pfosten- und Riegelzäune in eine große Anzahl kleinerer Stallungen von jeder beliebigen Größe abgetheilt ist, endlich aus Nebenbauten aller Art und Dienstwohnungen. Von der New-Jersey-Centralbahn, welche, mit allen großen westlichen Bahnen in Verbindung, die nächste Verkehrslinie zwischen Osten und Westen bildet und hart an der Nordostgrenze des Grundstücks entlang führt, ist ein kurzer Ausläufer dicht an die Hinterseite der Stallungen und Schlachthäuser geleitet. Die Viehzüge kommen des Nachts an, oft vier bis fünf in einer Nacht, und die Rinder werden sofort in die Einzäunungen unter freiem Himmel (woran hier alles Vieh gewöhnt ist), die Schweine in die beiden unteren, die Schafe in das obere Stockwerk des großen Stallgebäudes eingetrieben, mit frischem Wasser und gutem Futter und mit Raum genug zum Liegen und Ausruhen versorgt. Mit dem frühen Morgen stellen sich die Zwischenhändler und Schlächter ein, der Markt beginnt und dauert bis tief in den Vormittag hinein. Das Schlachten nimmt im Winter um drei Uhr Nachmittags, im Sommer bei Sonnenuntergang seinen Anfang und ist um Mitternacht beendet, worauf die Verladung des geschlachteten Viehes beginnt. Ein großer Theil des Viehes wird lebendig weitergeschafft, da sich hier außer der Stadt New-York noch viele Nachbarstädte damit versorgen und noch immer in der Stadt New-York selbst viele Schlachthäuser geduldet werden, wofern sie in gesundheitlicher Beziehung keinen Anstoß geben. Die Hinwegschaffung der lebendigen, wie der ausgeschlachteten Thiere kann auf drei Wegen erfolgen: zu Schiffe, da das Schlachthaus unmittelbar an dem oberen New-Yorker Meerbusen und größtentheils auf einem dem Meere abgewonnenen Grunde steht; durch die Centralbahn von New-Jersey, mit welcher auch am unteren Ende des Hofes ein kurzer Schienenweg verbindet; endlich zu Wagen, für welche eine breite und lange Anfahrt gelassen ist. Die Entfernung von New-York beträgt etwa drei englische Meilen.

Ein vom Berichterstatter selbst aus den Büchern der Compagnie gemachter Auszug zeigt, daß in dem Halbjahre vom Anfang März bis Ende September 1867 in der Anstalt abgeliefert wurden: 49,867 Rinder, von denen aber nur 8812 hier geschlachtet wurden, 177,764 Schweine, geschlachtet 153,433; ferner 94,038 Schafe, geschlachtet 80,569. Außerdem wurden 6836 Pferde eingeliefert und – natürlich lebendig – verkauft. An Heufutter wurden im Durchschnitt 40,000 Pfund, und an Welschkorn 4000 Pfund die Woche geliefert und verfüttert. Die Einnahmen für Benutzung der Ställe und Schlachteinrichtung betrugen durchschnittlich eintausend Dollars die Woche, was zusammen mit dem Pachtpreise des Hotels und Nebeneinnahmen an sechszigtausend Dollars jährlichen Bruttoertrag, und bei einem Stammcapitale von 400,000 Dollars und zehn Procent Interessen noch immer viel reinen Ueberschuß ergeben dürfte. Die Gebäude sind mit Ausnahme des Grundes durchaus von Holz, aber sehr tüchtig aufgeführt. Die Reinigungskosten würden, da das Schlachthaus zweimal täglich, die Stallung mehrmals wöchentlich gereinigt wird, beträchtlich sein, wären sie nicht durch eine sehr sinnreiche Einrichtung der Wasserleitung vermindert, die allen Unflath fast ohne Zuthun menschlicher Arbeit hinweg und in den Abfallraum spült, wo eine Guanofabrik ihn in Empfang nimmt und zu Schiffe in ihre Fabrikräume schafft. Durch dieselbe Wasserleitung ist jede Feuersbrunst leicht verhütbar und wird in den Ställen den Thieren reichlich reines, frisches Wasser zugeführt. Für Gasbeleuchtung ist ausreichend gesorgt; die Ventilation der Häuser geschieht durch einen längs des Firstes aller Dächer hinlaufenden Ventilator und viele Fenster, welche, außer bei sehr kaltem oder stürmischem Wetter, fortwährend offen sind. Die Anstalten zur Erleichterung der Arbeit sind mannigfach und sinnreich. Da die Stallungsräume in eine Menge Abtheilungen von jeder beliebigen Größe zerfallen, so können die Treiber ihre Waare sehr sorgfältig sortiren und dem Händler die Uebersicht über den Vorrath erleichtern. Zum Ein- und Austreiben des Kleinviehes in den oberen Stockwerken dienen schiefe Ebenen mit Geländern.

Ein Mann besorgt das Wägen sämmtlichen Kleinviehes in allen drei Stockwerken des Stallgebäudes von seinem Comptoir aus, in welchem der eine Arm der drei großen Brückenwagen einmündet. Alles Heben und Herablassen von Lasten innerhalb des ganzen Schlachthauses wird von einer einzigen Dampfmaschine besorgt, von fünfunddreißig Pferdekraft, welche zugleich die großen Kessel mit Dampf heizt, in denen Rindstalg und Schweineschmalz zerlassen werden, um von da in die geaichten Fässer abzufließen.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 760. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_760.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2017)