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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

noch in derselben Stunde, wo er den betreffenden Artikel („Deutschlands erster Improvisator und sein Loos“) gelesen hatte, an die Redaction einhundert Thaler, um der Wittwe den Ausfall der Schillerstiftungssteuer für dieses Jahr zu ersetzen. Von Weimar aber ist dem Verfasser jenes Artikels directe Mittheilung geworden, daß Großherzog Karl Alexander, in seiner Eigenschaft als Protector der deutschen Schillerstiftung, die Gewährung einer lebenslänglichen Pension für Wolff’s Wittwe „dringend empfohlen“ habe. – Endlich sind auch mit der einfachen Bezeichnung „Für O. L. B. Wolff’s Grabstätte in Jena“ Beiträge von unbekannter Hand bei der Redaction der Gartenlaube eingegangen.



     Rechen-Aufgabe.

Ein König gab einst großen Schmaus.
Er schickte den Hofmarschall aus
Und trug ihm auf, zu Markt zu geh’n.
„Das Schönste, was Du dort wirst seh’n,
Das bringst Du, kost’ es, was es wolle,
Und hier in dieser schweren Rolle
Empfange baare hundert Thaler.
(Der König war ein prompter Zahler,
Also erzählt von ihm die Mähr,
Doch ist es schon sehr lange her.)
Kauf, was an Hasen, Hirsch und Reh’n
Du auf dem Markt bekommst zu seh’n,
Doch von den Allen, merke fein,
Der Summe Zahl soll Hundert sein.
Soviel, das wird Dir leicht gelingen,
Für hundert Thaler mir zu bringen.“ –
Tief neigte der Hofmarschall sich.
„Noch eins, mein Freund, ich bitte Dich,
Nimm streng die Sache mir auf’s Korn,
Denn ich befehl’s – bei meinem Zorn!“
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Desselben Tages noch, am Abend,
Auf seinem Rößlein fürbaß trabend,
Kam der Hofmarschall nach dem Schloß,
Vom Markt zurück, mit seinem Troß.
„Nun,“ ließ der König streng ihn an,
„Hast Du, was ich befahl, gethan?“ –
„Ja, zu befehlen, großer König,
Es fehlt kein Hirsch, kein Has’, kein Reh,
Ich gab dafür das ganze Geld,
Genau so, wie Du es bestellt.“
Da ließ der König als ein Zeichen
Der Gunst ihm eine Kette reichen
Und sprach: „Du bist ein kluger Mann,
An dem Wir unsre Freude ha’n.“



Nun, Leser, sage mit Bedacht,
Wie der Hofmarschall das gemacht: –
Ein Hirsch kost’t sieben, drei ein Reh
Der Thaler, Hasen aber zwee
Für einen Thaler – rechne aus,
Wieviel er Hasen bracht’ nach Haus,
Wieviel der Reh’ und Hirsche dann
In meiner Mähr der kluge Mann.




An unsere sämmtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wenden wir uns noch einmal mit der Bitte, ihre Mittheilungen für die Gartenlaube von Fremdwörtern so viel wie möglich frei zu halten. Selbstverständlich dringen wir nicht auf gänzliche Vermeidung derselben, namentlich nicht, wo durch Verdeutschung mancher in unserer Sprache längst eingebürgerter fremder Bezeichnungen deren Verständniß nur erschwert würde. Daß aber, und besonders vom politischen Zeitungsstil, darin noch allzustark gesündigt wird, beklagt der nichtgelehrte Leser mit Recht, und er soll wenigstens in der Gartenlaube diesem alltäglichen Aergerniß nicht begegnen.

D. R.


Opferstock für Ostpreußen.

Es gingen ferner ein: Von Schneide und Frau in Pomßen 2 Thlr.; Kiekebusch in Rottenhain 1 Thlr.; Braun in Geuning 1 Thlr. 20 Sgr.; einige Norddeutsche in Prag durch E. Klingmüller 21 Thlr.; A. Böhme in Reinholdshain 1 Thlr.; aus Wielfrath 3 Thlr.; Lyssow 15 Sgr.: bei Schiefi’s Einzug gesammelt 1 Thlr. 20 Sgr.; O. W. , ein Kuß 1 Thlr.; B. J. aus Arnstadt 2 Thlr.; W. M. in Connewitz 2 Thlr.; eine muntere Gesellschaft in Lauterbach 2 Thlr. 81/2 Sgr.; einige Leser der Gartenlaube in Gönnheim 1 Thlr.; von dem Männergesangverein Teutonia in Paris, durch A. Weisflog 100 Fr. (26 Thlr. 20 Sgr.), erste Sendung; E. Kühl in Neuchatel 1 Thlr.; N. N. in Borna 20 Thlr.; aus Tressentin bei Ribnitz 12 Thlr.; aus dem Dorfe daselbst 1 Thlr.; Leute in Treben 1 Thlr.; Gl. in Penzlin 1 Thlr.; von den deutschen Angestellten einer Fabrik in Wasquehel bei Roubain (47 Fr. 50 C.) 12 Thlr. 20 Sgr.; Molly 3 Thlr.; Margaretha aus Buchholz 15 Sgr.; F. G. in Wien 1 Thlr.; beim Abendessen der Harmonie in Meerane, gesammelt durch Peter 5 Thlr. 10 Sgr.; Sonnabendskegelclub im Bärwinkel zu Halle 5 Thlr.; aus Mellenbach 2 Thlr.; H. G. in Geithain 5 Thlr.; aus Teplitz: Dr. Walther 5 Thlr. 5 Sgr., eine ungenannte Dame 1 Thlr., Fräulein C. T. 25 Sgr. und N. N. 2 Thlr., zusammen 9 Thlr.; Walter in Liebau 1 Thlr.; aus Schönberg 2 Thlr.; ein Unbekannter 1 Thlr.; Tilly in Königsbrück 1 Thlr.; N. N. in Paderborn 5 Thlr.; H. Tr. in Bardenfeld 2 Thlr.; Sammlung der Arbeiter in der Höpner’schen Fabrik in Drumbach 10 Thlr.; A. H. und I. H. in Nürnberg 1 Thlr.; aus Schönau 2 fl. österr.; von der Tochter Eines, der bei Leipzig mitgefochten hat, 2 fl. österr.; K. ans H. 5 fl. österr.; von der Expedition des Friedländer Wochenblattes 5 fl. 70 kr.; I. Goetzger in Wien 4 fl.; R. I. in Petersburg 1 Rubel; Turnclub in Glauchau 10 Thlr.; Erlös einer Sammlung bei einer Abendunterhaltung des Turnclubs in Glauchau 10 Thlr. 12 Sgr.; Gemeinde Podelwitz bei Leipzig 23 Thlr. 6 Sgr.; von 110 Mitgliedern des deutschen Vereins Eintracht in Pesth 150 Thlr.

Wir erhalten täglich Briefe aus Ostpreußen, die mit düstern Farben die dortige Noth schildern. So schreibt und heute wieder ein Herr Better in Karpotschen, vom Comité des Hülfsvereins des Kreises Ragnik:

„Die Noth ist groß – sie wächst trotz aller Hülfe. Ich bitte, halten Sie dies für Wahrheit und sorgen Sie für Verbreitung dieser traurigen Kunde. Ich will Sie nicht ermüden mit Schilderungen des gräßlichen Zustandes, der hier herrscht, ich theile Ihnen lieber zuerst die großartigen Mittel mit, die hier angewendet werden, um die Noth zu heben, und durch die dies leider doch nicht erreicht wird (folgt die Aufführung der verschiedenen Vereine, welche Unterstützung gesandt). Alles dies reicht noch nicht hin. So fängt jetzt die Classe der kleinen Landbesitzer (hier Eigenkäthner genannt) schrecklich an zu leiden. Bei den öffentlichen Arbeiten können fast nur Arbeitsleute zur Verwendung kommen und die directen Unterstützungen langen nicht für Wittwen, Waisen und Krüppel ans, also für diese Classe Menschen kann bis heute wenig oder gar nichts geschehen. Ich habe solch’ einen Eigenkäthner in meiner nächsten Nähe, er besitzt etwa zwanzig Morgen Areal, also fast ein Bauerngrundstück, heute hat er, trotzdem er ein ordentlicher Mensch, leider aber kränklich ist, nichts – buchstäblich nichts. Er liegt vor Hunger und Elend, seine Frau dem Tode nahe am Nervenfieber krank und schwach darnieder, die fünf Kinder haben das letzte Stückchen Haferbrod verzehrt. Solche Fälle sind Gott sei Dank jetzt mir noch vereinzelt, sie mehren sich aber von Tage zu Tage; daher mein Ruf: die Noth ist groß – sie wächst!

Haben Sie durch Ihre Sammlung etwas für uns übrig, so helfen Sie uns, richten Sie Ihre Sendung an untenstehende Adresse und gestatten Sie, daß wir den armen Leuten ringsum zu helfen, da unsere Fonds für solche Hülfe hierzu nicht ausreichen.“

Wir haben sofort einstweilen 50 Thlr. an obengenannten Herrn gesandt; ebenso 150 Thlr. Königsberg an den Stadtverordnetenvorsteher Dickert; 150 Thlr. an den „Bürger- und Bauernfreund“ nach Gumbinnen; 150 Thlr. an den Hülfsverein für Ostpreußen in Berlin; 50 Thlr. an Dr. Haffner in Bischofsstein, Kreis Rössel, zur Unterstützung des dortigen Krankenhauses, für welches das schwer heimgesuchte Städtchen nichts mehr zu thun im Stande ist; 50 Thlr. endlich an den Vorsteher des landwirthschaftlichen Kreisvereins zu Sprindt bei Insterburg, Herrn Maul.

Um noch einen Beweis zu geben, wie entsetzlich der Nothstand in Ostpreußen ist, lassen wir im Nachstehenden die ergreifende Schilderung folgen, welche eine norddeutsche Zeitung über jene Zustände veröffentlicht. Man schreibt ihr aus Goldapp:

„Die Suppenanstalt speist täglich einhundert und acht Personen, einzelne Familien bis zu zehn Personen; es wird Brod und Geld gegeben von Jedem, der es kann, und glücklich kann sich ein solcher preisen. Wer aber die hungernden Menschen, welche meistens mit dem Gesange: ,Jesus, meine Zuversicht’, um trockenes Brod bitten, von seiner Thür weisen muß, dem muß das Herz brechen. Bekommen auch wirklich alle diese Menschen, welche um Erbarmen flehen, für sich und ihre hungernden Kinder zu Hause Hülfe in der Stadt? Ach, ich muß das verneinen. Zu essen bekommt wohl noch ein Jeder hier, aber wie viele werden mit leeren Händen zu ihren hungernden Kindern im Froste und Schneetreiben zurückkehren müssen! Wie Viele mögen bereits schlummern, die sonst wohl noch den Frühling gesehen hätten! Mehrere Tage waren hier zweiundzwanzig bis vierundzwanzig Grad Frost, jetzt ist es etwas gelinder, doch noch immer recht tüchtig kalt. Ein altes Mütterchen ist viele Tage lang bei uns gewesen und hat mich gebeten, für die Kinder ihrer Tochter und deren kranken Mann Speisen mitzugeben. So ist sie denn bei dem starken Froste einen Tag um den andern zu uns gekommen; seit Sonntag fehlt sie; ich kenne ihren Namen nicht und kann mich daher weder nach ihr erkundigen, noch ihren Enkeln helfen. Auch diese Frau hat, als sie zum ersten Mal bei uns erschien, ‚Jesus, meine Zuversicht’ gesungen. Wir Mädchen in der Stadt stricken Strümpfe für Kinder und Kranke und erhalten von denen vom Lande Stickereien zum Verkauf und zur Vertheilung des Geldes: Mein Gott, wenn das Leiden nicht bald zu Ende geht, ertrage ich es nicht mehr. Ich kann das Lied: ,Jesus, meine Zuversicht’, von diesen erstarrten, hungrigen, armen Leuten nicht mehr hören, ohne daß mir die Thränen in die Augen kommen; bei Tage geht es noch, aber am Abende von der Arbeit durch dies Lied, das durch den heulenden Sturm zu Ohren und Herzen dringt, aufgeschreckt und an unendlichen Jammer und unendliches Elend geführt zu werden – das ist zu schrecklich!“

Die Redaction.



Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_112.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)