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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

einer Droschke und theilt mit Rossini die Furcht vor der Eisenbahn. Die Photographen haben sein rundes, lachendes Gesicht schon so oft vervielfältigt, daß ihn in Paris so ziemlich Jedermann kennt. Von den Journalisten der sogenannten kleinen Presse wird er aus Neid sehr häufig angegriffen; er läßt sich aber mit ihnen wohlweislich in keine Polemik ein. Lespès hat mehrere Bände kleiner humoristischer Schriften veröffentlicht, von denen Manches wohl verdient, in’s Deutsche übersetzt zu werden. Welcher Popularität sich das Petit Journal erfreut, kann man daraus ersehen, daß dem neuen Gebäude gegenüber, in welchem es jetzt gedruckt wird, vor Kurzem eine Weinschenke mit dem Schilde „Au Rendez-vous du Petit Journal“ eröffnet wurde.




Das Geheimniß der alten Mamsell. Nachdem von E. Marlitt’sGoldelse“ im Verlaufe von elf Monaten bereits drei starke Auflagen gedruckt werden mußten, ist nunmehr auch „das Geheimniß der alten Mamsell“ in einer besonderen Ausgabe erschienen. Auch über diese Erzählung wird also die Kritik erst ihr Urtheil zu fällen haben, nachdem die Stimme des Publicums bereits gesprochen hat. Nicht mit dem zagenden Schritte des Neulings, sondern als eine begehrte und beliebte Erscheinung tritt sie in die Reihe der selbstständigen Literaturexistenzen. Um die Blicke auf sich zu lenken, um offene Thüren und gute Freunde zu finden, bedarf sie der empfehlenden Fürsprache nicht. Schon während ihres Erscheinens an der Spitze dieses Blattes hat sie weit und breit in einem nicht gewöhnlichen, von Abschnitt zu Abschnitt sich steigernden Maße die Herzen gewonnen und nach ihrer Vollendung einen Eindruck zurückgelassen, den wir bei ruhigster und nüchternster Prüfung als einen durchaus tiefen und nachhaltigen bezeichnen müssen. Und das Interessante an dieser Wirkung ist, daß sich dieselbe nicht etwa einseitig auf die eine oder die andere Classe des Volks beschränkte, daß der Roman nicht blos die gebildeten oder die minder gebildeten Stände angesprochen hat, sondern daß unzweideutige Aeußerungen wärmster Theilnahme und innigsten Verständnisses in wirklich imposanter Masse aus den allerverschiedensten Schichten der Nation, den höchsten wie den bescheidensten Kreisen der Gesellschaft laut geworden sind.

Solche Erfolge, wie sie vor und neben Marlitt auch andere Schriftsteller in den Spalten der Gartenlaube errungen haben, gehören unstreitig zu den freundlichsten Erfahrungen des Redactionslebens, ein Gefühl voller und ganzer Befriedigung aber gewähren sie an und für sich der gewissenhaften Leitung einer Zeitschrift nicht, so lange ihnen nicht die Ueberzeugung zur Seite steht, daß es auch etwas wirklich Gutes und Geschmackvolles, etwas Gesundes und Förderliches gewesen, was in so besonderem Grade den Beifall des Publicums gefunden hat. Ob das „Geheimniß der alten Mamsell“ dieser Forderung entspricht? Wir behaupten es, ja, es gilt uns als ausgemacht, daß der anerkannte Reiz der ganzen Erzählung in der Gediegenheit ihres tieferen Werthes liegt. Wer sie gelesen hat, wird auch bald herausgefunden haben, daß sie trotz ihrer fesselnden und unterhaltenden Eigenschaften nicht einer gedankenlosen Unterhaltungssucht genügen, nicht durch ein Liebäugeln mit ästhetischen und sittlichen Schwächen, mit frivolen und oberflächlichen Neigungen des Zeitgeschmackes die Gunst einer modischen Alltagswelt gewinnen will. Ein charaktervolles Erzeugniß reifen Gesinnungsernstes, fesselt und wirkt sie vor Allem durch den edlen und hohen Ernst intensiver Gemüths- und Gesinnungswärme, von der sie durchströmt, durch den schönen und anmuthreichen Glanz sittlicher Reinheit, von dem sie umstrahlt und durchleuchtet ist. Indem der Leser mit hingebender Spannung und Ergriffenheit der Entwickelung eines dem Leben der Gegenwart entnommenen Familiendramas folgt, indem er der künstlerischen Schönheit der Darstellung und der ebenso lebendigen wie consequenten Durchführung der originalen Charaktere und Situationen sich freut, ist es doch im Grunde nur das sittliche Ringen, der große Ideenkampf unserer Zeit, welcher in dieser poetischen Verkörperung seine Aufmerksamkeit beschäftigt, der Kampf der Freiheit und Humanität gegen Knechtschaft und Unmenschlichkeit, der Streit der wahren Bildung wider lackirte und übertünchte Rohheit, der jubelnde Sieg des Lichtes über finstere und verhärtende Vorurtheile. Mag die scharfe Sonde kritischer Untersuchung immerhin an diesem Roman auch kleine Mangel entdecken: daß ein in so edlem Tone gehaltenes Werk mit solchem Inhalt und solcher Tendenz einen so großen und dankbaren Leserkreis zu gewinnen vermag, ist jedenfalls ein günstiges Zeugniß, nicht blos für das Darstellungstalent der bescheidenen Verfasserin, sondern auch für die Geschmacks- und Sinnesrichtung unseres heutigen Publicums. Man sieht, eine lebhafte Empfänglichkeit für wahrhaft Edles und Schönes ist reichlich vorhanden. Wo sie nicht geweckt und entfaltet ist, da hat auch sicher noch nicht der rechte Geist das rechte Wort gesprochen. – Ohne Zweifel dürfen wir auch dieser Separatausgabe rasch eine zweite Auflage prophezeien.

Eine neue Erzählung von Marlitt, welche mit dem Beginne des Frühlings in der Gartenlaube erscheinen sollte, wird nunmehr noch eine kurze Zeit auf sich warten lassen. Wiederholtes Unwohlsein zwingt die Verfasserin für jetzt noch zu einer Schonung ihrer Kräfte.

Fr.




Kleiner Briefkasten.

K. in L. Wir wollen Ihrem Urtheile nicht vorgreifen, aber von vielen Seiten wird uns das „Technikum“ in Mitweida bei Chemnitz als eine durchaus tüchtige Pflanzstätte für technische Wissenschaft dringend empfohlen. Die Fächer, welche die Anstalt besonders cultivirt, sind das Maschinenbaufach (und zwar praktisch und theoretisch, daher die Anstalt in Verbindung mit Maschinenwerkstätten steht), das Civilingenieurfach und das Handelsfach. Ferner schließt sich daran noch ein Cursus für „einjährige Freiwillige“.

Als ein wohl selten vorkommender Fall möge hier noch erwähnt sein, daß als Schüler ein bereits verheiratheter Maschinenfabrikant an der Anstalt sich befindet, der sich des Studiums halber mit seiner Familie dort aufhält; ebenso zählt diese Schule unter ihren den verschiedensten Lebensaltern angehörigen Zöglingen auch einen, der bereits das vierzigste Jahr überschritten hat. Solche Fälle, wie diese, müssen zu einer Anstalt nur Vertrauen erwecken.




Opferstock für Ostpreußen.

Es gingen ferner ein: Familie I. M. Baumann in Schemnitz (Ungarn) 10 fl.; aus Oelsnitz 2 Thlr.; Anna Marie 1 Thlr.; ein Leser der Gartenlaube in Naumburg 3 Thlr.; ein deutscher Commis in Prag 2 fl.; N. in Reichenbach 2 Thlr.; A. W. in Wien 2 Thlr.; einige Deutsche in Tannwald in Böhmen (durch E. Hausmann) 28 fl.; M. in Vollenhove 25 Sgr.; G. M. in Bensheim 2 Thlr.; zweite Sendung des Männergesangvereins „Teutonia“ in Paris 26 Thlr. 20 Sgr.; ein Abonnent aus Paderborn mit dem Motto: „Weil die Staatshülfe für Viele zu spät kommt“ 20 Thlr. – Theatervorstellung im Mädchen-Institute der Fr. M. Berghold in Osthofen 11 fl. rh. und 1 Thlr.; eine Wienerin 1 fl.; Irene H. in Irland 2 Thlr.; „ein Schelm giebt mehr als er hat“ 1 Thlr; A. Sp. und A. G. in Barmen 2 Thlr.; M. K. in Saalborn 1 Thlr.; Sammlung bei der Taufe Friedrich Rudolf Str. am 8. März 5 Thlr.; siebente Rate des runden Tisches in der Bahnhofrestauration in Crimmitzschau 6 Thlr.; aus Zeltweg in Oesterreich zur „Verwendung durch ein demokratisches Comité“ 28 fl.; E. R. P. E. in Weilbach 2 Thlr.; Flasche, Messer und Kork in Annaberg 4 Thlr. 18 Sgr.; aus Böhlen (Rudolstadt): vom Fabrikbesitzer Siemroth und dessen Personal 7 Thlr., Fabrikbesitzer Harrop und Personal 8 Thlr. aus dem Pfarrhause 1 Thlr. Gemeinde Böhlen 6 Thlr. 5 Sgr., zusammen 22 Thlr. 5 SGR.; D Z. in Todenwarte 2 Thlr.; aus Troppau durch die Buchhandlung Buchholz u. Diebel 36 fl. und 9 Thlr.; Preis eines Einlaß-Billets zum Maskenball des Deutschen Liederkranzes in New-York am 20. Februar, den Guido Schmidt nicht besuchte, 15 Dollars; Sammlung der Schulkinder in Mosen durch Lehrer Schurig 1 Thlr. 21/2 Sgr.; ein Ungenannter 1 Thlr.; Rechsteiner in Bozen 2 Thlr. 101/2 Sgr.; E. in Hannover 15 Sgr.; aus Trier 1 Thlr. 10 Sgr.; aus Heidelberg 1 Thlr.; Ertrag einer Lotterie, veranstaltet von den Schülerinnen der Classe I. b des Dr. Fischer’schen Mädcheninstituts in Leipzig 50 Thlr.; Sammlung unter den Deutschen in Belgrad, durch Baumeister E. Geisler 480 Piaster oder 8 Ducaten; G. und I. K. in Görkau 5 Thlr.; Emma Siegert in Riga 2 Thlr.; B. B. in Moskau 10 Rubel Silber; G. Vetter 5 Rubel; Unterofficiers-Frau Padow 1 Rubel; von einer deutschen Frau aus Rußlands Steppen 25 Rubel; Ertrag einer von vier Knaben veranstalteten Lotterie zum Besten ostpreußischer Lehrer 11 Thlr.; A. L. in Oberstein 10 Thlr. 26 Ngr. (40 Fr.); aus der rheinländischen Weinstube: für die ostpreußischen Lehrer von W. Laur 2 Thlr., für Singen eines Liedes 10 Sgr., Hugo W. 5 Thlr., Pdt. 2 Thlr., Dr. W. Hamm 2 Thlr., zusammen 11 Thlr. 10 Sgr.

Die Redaction.




Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das erste Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das zweite Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Verlagshandlung.

Es sei uns verstattet, nur einige der uns wieder vorliegenden werthvollen Beiträge zu nennen, mit deren Abdruck im kommenden Vierteljahre begonnen werden soll:

Reichsgräfin Gisela. Novelle von E. Marlitt (Wir hoffen, mit der Veröffentlichung derselben noch im nächsten Quartale den Anfang machen zu können.) – Das Mädchen von Liebenstein. Erzählung von Fr. Bodenstedt. – Im Hause der Bonaparte. Novelle von Max Ring.

Aus dem Hotzenlande. Von Ludwig Steub. Mit Illustration von Theodor Pixis. – Die Junischlacht in Paris. Von Johannes Scherr. – Aus der Zeit der weichgeschaffenen Seelen. Mit Abbildung von Ludwig Pietsch. – Von drei großen Zauberern. Eine räthselhafte Geschichte von Rudolf Löwenstein. – Könige von Gottes Gnaden. Rothwein-Skizze von Paul Wendt. Mit Illustration. – Oesterreichische Berühmtheiten der Jetztzeit. Von Sigismund Kolisch. – An Bettinas Theetisch. – Eine Schlittenfahrt über den Splügen. Mit Illustration. – Charakterbilder vom Hofe des Onkels. – Handeln die Thiere aus Instinct oder Ueberlegung? Von Brehm. – Aus Immermann’s Kreis. Mit Illustration von Ludwig Pietsch. Bilder aus dem Berliner Rechtsleben. Nr. 2. - Winterleben in den Tiroler Bergen. Mit Abbildung. – Erinnerungen einer Dresdner Künstlerin. – Der letzte Ausbruch des Vesuvs. – Der Präsident auf der Anklagebank. Von einem Augenzeugen. – In der Försterstube. Mit Abbildung von Guido Hammer. – Der Sieur d’Artagnan. Von George Hiltl. – Das Thierleben in Paris. Von L. Kalisch. – Plaudereien aus meinem Leben. Von Karl von Holtei. – Fort mit den Ofenklappen! Von Hermes. – Aus dem Lande des Cognac. Von Paul Wendt. – Zu Deutschlands Sagenthron. Eine Thüringer Bergfahrt. Von Fr. Hofmann. etc. etc.



Empfohlene Zitierweise:
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