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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

und ehe er noch dem Präsidenten seine Ablehnung der ihm zugedachten Ehre und Stellung brieflich einsandte, an seinen Bruder, den Senator Sherman, daß er weder die Stelle noch die Ernennung zum Brevet-General annehmen werde, und bat ihn, im Senate die Verwerfung beider Maßregeln zu beantragen.

Präsident Johnson gab gleichwohl sein Spiel noch nicht verloren, sondern ernannte den Generalmajor G. H. Thomas, den Sieger von Nashville zum Brevet-Generallieutenant und Brevet-General der Armee und übertrug ihm das neue Departement. Die Antwort dieses bravsten unserer General-Officiere verdient hier einen Platz. Er telegraphirte an den Präsidenten des Senates, Benjamin Wade: „die Morgenzeitungen von Banisville (seinem Hauptquartier in Tennessee) kündigen amtlich an, daß gestern mein Name an den Senat geschickt wurde, um meine Ernennung zum Brevet-Generallieutenant und Brevet-General zu bestätigen. Für mein Verdienst in der Schlacht von Nashville wurde ich zum Generalmajor in der Vereinigten Staaten-Armee ernannt. Meine Verdienste während des Krieges verdienen keine so hohe Auszeichnung, und es ist auch jetzt zu spät, um sie als Lohn für meine Kriegsdienste ansehen zu können. Ich bitte den Senat daher dringend, die Bestätigung zu verweigern.“ Der feine Spott, der in den zweimaligen Hervorheben der früheren Kriegsdienste mit Bezug auf die künftigen Absichten des Präsidenten liegt, beweist, daß die Feder des alten Haudegen ebenso scharf ist als ein Schwert.

Der Präsident scheint nur noch einen letzten Versuch bei dem den District Columbia commandirenden General Emory und dann sogar bei einem Obersten eines hier liegenden Infanterie-Regimentes gemacht zu haben, aber auf unüberwindliche Schwierigkeiten gestoßen zu sein.

Ich erinnere mich der Zeit, sie ist nicht lange verflossen, es war gegen Ende des Secessionkrieges, wo besonders die um das Geschick unserer republikanischen Regierungsform so außerordentlich ängstlich besorgten englischen (Secessions-)Blätter nicht schwarz genug die Gefahr malen konnten, in der die Republik von der Dictatur eines der bedeutendsten Generale schwebte, und wo mir einmal ein bekannter englischer Diplomat die Unabwendbarkeit dieses entsetzlichen Geschenkes mit solcher Klarheit bewies, daß ich ihm lachend sagte: „Sie malen das mit solch’ wahren Farben, als ob Sie selbst daran glaubten!“ Damals wunderte sich die Welt, daß das ungeheuere Heer und seine Generale wie durch Magie beim Klang der Friedenstrompete verschwanden. Ist nicht diese jüngste Beispiel vom Sinne für und Gehorsam unter das Gesetz eine noch viel erhebende Erscheinung?

Nachdem Präsident Johnson auf diese Weise durch die Pflichttreue der General matt gelegt war, kehrte er, nach Besinnung von nur wenigen Tagen, zu seinem ersten Plan, den Kriegssecretär Stanton loszuwerden und die Stelle durch eines seiner Geschöpfe zu ersetzen, zurück. Am Freitag den 21. Februar erließ er einen Befehl, wodurch Stanton abgesetzt und an seine Stelle der Generalsadjutant Lorenzo Thomas, - er hatte also doch einen St. Arnaud gefunden, - zum interimistischen Kriegssecretär ernannt wurde. Thomas begab sich mit diesem Befehl in das Kriegsdepartement, legte ihn Stanton vor und verlangte von ihm die Uebergabe desselben. Stanton erklärte ihm jedoch, daß der Präsident in Abwesenheit des Congresses kein Recht habe, ohne Zustimmung des Senates ihn seiner Stelle zu entlassen und sie anderweit zu besetzen, weigerte sich bestimmt, das Kriegsdepartement an Thomas zu übergeben und befahl diesem, sich in sein Bureau zu begeben und seinen Arbeiten als Generalsadjutant obzuliegen. Er schickte augenblicklich Abschriften der Befehle des Präsidenten an die Vorsitzenden des Senats und ein entsprechendes Haus.

Die Aufregung, welche die Nachricht von diesem Schritte des Präsidenten im Congresse, in der Bundeshauptstadt, und - durch Telegrafen zugleich über die Union verbreitet - im ganzen Lande hervorrief, war eine ungeheure, - eine solche, wie ich sie nur im März und April 1861 gesehen. Aber kein guter Bürger war zweifelhaft, was nun zu thun, und selbst die Rebellen (Secessionisten, Kupferköpfe und Demokraten), traten nur schwach für Johnson ein, da er ganz ohne ihren Rath gehandelt hatte.

Am Sonnabend Morgen (22. Februar) wurde L. Thomas auf eine Beschwerde des Kriegsecretärs Stanton, daß er sich unbefugt amtliche Rechte anmaße und ihn, Stanton, in der Verrichtung seiner Obliegenheiten störe, auf Befehl des Präsidenten des Oberstengerichtshofes des Districtes durch den Marschall verhaftet, jedoch nach kurzer Verhandlung gegen Bürgschaft, sich am 25. Februar wieder stellen zu wollen, vorläufig entlassen.

Secretär Stanton hatte die Nacht über im Kriegsdepartement-Gebäude zugebracht, um jeden Augenblick bereit zu sein, einem Gewaltsschritt des Präsidenten oder seiner Creatur L. Thomas entgegenzutreten, und ein Gang nach diesem Gebäude Nachts um elf Uhr überzeugte mich, daß den nöthigen militärischen Maßregeln getroffen waren, um jedem Versuche von Gewalt sofort zu begegnen. Die Umgebungen desselben waren mit Doppelposten besetzt und die Rondeofficiere eifrig beschäftigt, dieselben zu instruiren; in mehreren Privatlocalen erblickte ich Wachen, die ich früher nie wahrgenommen. Stanton, der Carnot unserer Republik, der unbeugsame, unermüdliche Gegner der Rebellen, hat seitdem weder bei Tag noch bei Nacht seinen Posten nur auf einen Augenblick verlassen und wird, wie ich höre, es auch nicht eher thun, als bis die Anklage gegen den Präsidenten entschieden ist. Sein Bureau ist stets angeführt von Officieren, Beamten, Mitgliedern des Congresses und Patrioten aus dem ganzen Lande, die mit ihm berathen und ihm den wohlverdienten Dank des amerikanischen Volkes für die treue Wacht aussprechen, welche er für dessen Freiheiten und Rechte hält. Auf die Bemerkung eines derselben: „Secretär! denken Sie nicht, daß dies ein etwas sonderbar Platz zum Frühstücken ist?“ antwortete Stanton lächelnd: „O nein! Während der Rebellion pflegte ich oft hier zu Mittag und zu Abend zu speisen und das Morgengrauen fand mich häufig noch an meinem Arbeitstische.“

Während des Freitag-Nachmittags war aber auch der Congreß nicht unthätig gewesen. Im Senate wie im Hause war die Mittheilung Stanton’s verlesen worden. Ersterer schloß um zwei Uhr sein Thüren zu einer „Executive session“, und als sie, wie es heißt nach einer sehr stürmischen Sitzung, um sieben Uhr Abends wieder geöffnet worden, veröffentlichte der Vorsitzende des Senates (und Nachfolger Johnson’s, wenn dieser abgesetzt wird) folgenden Beschluß:

„Der Senat der Vereinigten Staaten in Executivsitzung am 21. Februar 1868. Nachdem der Senat die Mittheilung des Präsidenten, wonach er den Kriegssecretär Edwin M. Stanton abgesetzt und den Generalsadjutanten der Armee zum interimistischem Kriegssecretär bestellte, gelesen und Betracht gezogen, beschließt er, daß dem Präsidenten nach der Constitution und den Gesetzen der Vereinigten Staaten nicht die Machtvollkommenheit zusteht, den Kriegssecretär abzusetzen und irgend einen anderen Beamten interimistisch die Erfüllung der Obliegenheiten desselben zu übertragen.“

Eine Abschrift dieses Beschlusses wurde dem Präsidenten Nachts um halb elf Uhr ausgehändigt.

Im Hause der Volksrepräsentanten trug der immer fertige F. B. Washburn, sobald Stanton’s Mittheilung verlesen war, darauf an, dieselbe dem Reconstructionscomité (es ist dasjenige, welches alle die Rebellen Staaten betreffenden Angelegenheiten vorzuberathen hat) zum Berichte zu überweisen, was auch geschah.

(Schluß folgt.)




Blätter und Blüthen.


Ein unwiderstehlicher Dichter. Lamartine ist zwar als ein trefflicher Dichter, als ein liebenswürdiger Mensch und geistreicher Mann bekannt, aber durchaus nicht als ein guter, sparsamer Wirth, den seine Finanzen befinden sich stets in einem höchst zerrütteten Zustande. Dabei vergeudet er nicht etwa das Geld nach Art gewisse Genies in thörichter Weise, er lebt einfach und zurückgezogen, aber er giebt Anderen mehr, als er vor sich selbst verantworten kann. Diese Gutmüthigkeit wird vielfach gemißbraucht, und so befindet er sich selbst in steter Geld Verlegenheit.

Als er sich deshalb vor einigen Jahren an die französische Nation gewendet hatte und im Wege der öffentlichen Sammlung bedeutende Summen erhielt, wurden dieselben von einem aus Lamartine’s Freunden gebildeten Comité übernommen und verwaltet. Der Dichter wünschte nun eines Tages eine Summe von vierzigtausend Franken zur Deckung eines Wechsels, aber das Comité verweigerte ihm rundweg die Ausfolgung einer so beträchtlichen Summe; Louis Ulbach, der Secretär des Comité’s, hatte die wenig beneidenswerthe Aufgabe, in Lamartine's Auftrag das Verlangen zu

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_223.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)