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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)


Damit stand der Biedermann auf und überließ Gabriel seinen Gedanken.

Oder was man so Gedanken nennt, zwischen dem vierten und fünften Glase, mit dem man sich Groll und Gram von der Seele zu waschen sucht, ohne zu merken, daß sie, anstatt heller, nur trüber davon wird. Der Winkel, wo der Einsame saß, war auch gar zu freudlos, der Geraniumtopf roch so süßlich und altjüngferlich, wie der Potpourri, den seine alte Tante auf ihrem Porcellanschrank stehen hatte, der Mond sah immer kälter und zudringlicher durch’s Fenster auf den weißen Tisch, und nebenan das biedere Gurgeln, Räuspern und Auftrumpfen der alten Herren, ihre stehenden hundertjährigen Spielwitze – Alles beklemmte ihm den Athem, daß er immer hastiger trank, immer wilder sich durch das Haar fuhr und endlich aufsprang, um in der Nachtkühle draußen ein paar freiere Athemzüge zu thun.

(Fortsetzung folgt.)




Skizzen aus dem Zollparlament.
1. Das Local und die Plätze der verschiedenen Parteien.

Bekanntlich ist der Reichstag des Norddeutschen Bundes vorläufig beim preußischen Herrenhause untergebracht, in dessen Saal die Sitzplätze mit knapper Noth bis auf zweihundertsiebenundneunzig vermehrt sind. Das Zollparlament darin zu versammeln, war unmöglich; man hat also hierzu das am Dönhofsplatze, einem der größeren freien Plätze Berlins, gelegene Abgeordnetenhaus bestimmt und deshalb in diesem wiederum einige Aenderungen vornehmen müssen.[1]

Das Sitzungsgebäude des Zollparlaments.

Das Sitzungsgebäude des Zollparlaments unterscheidet sich äußerlich kaum von den größeren herrschaftlichen Häusern des vorigen Jahrhunderts. Es ist drei Stock hoch, vorausgesetzt, daß die acht und einen halben Fuß hohen Zimmer, welche über dem Erdgeschoß liegen, für ein Stockwerk gelten können. Tritt man durch den Thorweg ein, so hat man vor sich den innern Hof, hinter dem der Saalbau liegt, zu welchem eine breite Treppe und dreifache Thüren führen. Neben dieser Treppe ist rechts ein tief liegender Eingang, der durch einen langen Gang zu den öffentlichen Tribünen des Saales führt. Vom Vorderhause kann man aber auch durch die Seitengebäude rechts und links zum Saale gelangen. Rechts vom Hausflur hat man die Stube des Portiers und einige jetzt wenig benutzte Räume, welche mit der Restauration zusammenhängen. Gleich vorn bei der Portierstube liegt die Treppe, die das Publicum in die Kanzlei führt, welche in dem erwähnten niedrigen Stockwerk schlecht genug untergebracht ist. Im dritten Stock sind Abtheilungs- und Commissionszimmer, im vierten Stockwerk wohnt der Bureaudirector. Links vom Hausflur befindet sich zunächst straßenwärts das Postbureau und hofwärts das Telegraphenamt. Daneben sind zwei große Zimmer, in denen die Journalisten ihre Sitzungsberichte auszuarbeiten pflegen. Eins davon ist sehr wenig hell und dient obenein als Durchgang zu dem linken Seitenflügel. Zu diesem kann man auch aus dem Nachbarhause, in welchem

  1. Als Bauplätze für die Herstellung eines eigenen Gebäudes für den norddeutschen Reichstag sind bis jetzt in Erwägung gezogen: der Königsplatz rechts vor dem Brandenburger Thor, das Akademiegebäude unter den Linden, die Artilleriecaserne an der Spree, die jetzt leerstehende Franz-Grenadier-Caserne in der Commandantenstraße und die Grundstücke der Porcellanfabrik und des Herrenhauses in der Leipziger Straße.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_309.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)