Seite:Die Gartenlaube (1868) 629.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Am Laubhüttenfest.
Nach dem Oelgemälde von Moritz Oppenheim.

Meister, sagen, was von den Gefühlen und Stimmungen längst entschwundener jüdischer Dulder in Stunden schaffender Begeisterung durch seine Harfe gerauscht, in seine eigene Seele das Ringen nach Hohem und Edlem gehaucht, in ihm sich zu gewaltiger Melodie gestaltet, in seinen Liedern und Oratorien, seinen Psalmen und Kirchengesängen den herzbezwingenden Ausdruck gefunden hatte?

Dies waren die Gedanken, welche, seinem eigenen Bekenntniß zufolge, unseren jugendlichen Meister bewegten, als ihn ein armer polnischer Jude plötzlich an seine Abstammung und an die traurige und doch so erhebende Jugendgeschichte Moses Mendelssohn’s erinnert hatte. Daß der Jude nicht ahnte, an wen er seine Worte gerichtet, braucht wohl kaum erst bemerkt zu werden. Mit einem kurzen Neigen des Kopfes wendete er sich ab und wollte eben in der umherstehenden Menge verschwinden, als der lebhafte Felix seinen Arm ergriff und ihm sagte: „Bleiben Sie noch einen Augenblick, oder besser, kommen Sie ein Stück mit mir, ich glaube für den Knaben in Berlin etwas thun zu können. Zuvor aber müssen Sie mir noch ein paar Fragen beantworten.“

So schritten die drei an Jahren und Charakter, in Bezug auf Stellung und Anschauung so grundverschiedenen, und doch an einem

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 629. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_629.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)