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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Rede auf die im November d. J. stattfindende Präsidentenwahl kam, erklärte er: „Ich möchte nicht gern meine gegenwärtige Stellung aufgeben; sie gefällt mir und ich kann in derselben meinem Vaterlande nützen. Dennoch aber mußte ich wohl dem Andringen von vielen meiner Freunde, die treue und wahre Patrioten sind, nachgeben und als Präsidentschaftscandidat für die Partei auftreten, die sich mit Recht am meisten rühmen kann, daß die Rebellion durch ihre Anstrengungen zu Boden geworfen worden ist. Ich bin der Ansicht, daß kein Mensch stets gerade das thun kann und darf, was er wohl am liebsten thun möchte. Da, ich nun aber einmal Candidat für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten bin, so möchte ich meinem Gegner auch nicht unterliegen.“

Und wie die Sachen gegenwärtig stehen, unterliegt es kaum einem Zweifel, daß Grant, der, während der Wahlsturm über das weite Gebiet der nordamerikanischen Union dahinbrauste, ruhig in seinem Hause in Galena lebte, der achtzehnte Präsident der Vereinigten Staaten sein wird. Das Wort, womit er den Brief, worin er die ihm angetragene Candidatur annahm, schloß, tönt durch die ganze Union in allen loyalen Herzen wieder: „Let us have peace – Lasset uns Frieden haben!“

R. D.


Keine verfälschte Chocolade mehr! In wahrhaft beunruhigender Weise nimmt die Verfälschung der Lebensmittel immer mehr überhand. So sehr diese Erscheinung unserer Zeit zur Beschämung gereichen muß, so sehr sie unsere Gesundheit, unser Leben gefährdet, so erfreuend und beglückend erscheint aber auch das Gefühl, welches die Einsicht in uns erregt, daß die prüfende Chemie diesen Schwindel Schritt für Schritt verfolgt und ihn nicht allein aufzudecken sucht, sondern auch der Allgemeinheit die Mittel zu verschaffen strebt, daß sie selbst zu prüfen und selbst sich zu wahren vermöge.

Ein jeder von diesen, wo möglich ebenso leicht ausführbaren, als zuverlässigen Prüfungswegen verdient aber zweifellos die allgemeinste Beachtung, zumal wenn er uns dazu verhilft, einen der wichtigsten, unentbehrlichen Nahrungsstoffe in seinen Verfälschungen zu erkennen. Zu den längst in fast allen Bevölkerungschichten unentbehrlich gewordenen Nahrungsmitteln gehört die Chocolade, und es war daher um so mehr zu bedauern, in welcher erschreckend mannigfaltigen und großartigen Weise gerade ihre Verfälschung in letzterer Zeit betrieben wird. Es gab oder giebt vielmehr gar nicht selten im Verkauf Chocoladesorten, welche von wirklicher Cacaomasse gar keine Spur enthalten.

Um so erfreulicher ist es daher, daß der Chemiker Reinsch ein Verfahren mitgetheilt hat, mit Hülfe dessen man jede Verfälschung der Chocolade leicht und sicher erkennen kann, und das zugleich so einfach ist, daß jede Hausfrau es selbst anzustellen vermag. In einem sauberen Töpfchen wird ein Theil der fraglichen Chocolade mit zehn Theilen Wassers zum Kochen erhitzt; die Brühe läßt man erkalten und seiht sie durch reines, über einem Trichter aufgespanntes Löschpapier. Hier bleibt die Masse der Chocolade zurück und es zeigen sich folgende Merkmale: Von reiner, unverfälschter Chocolade läuft das Wasser ziemlich schnell ab, erscheint klar, hellroth und schmeckt angenehm süß nach Cacao; die aus dem Löschpapier zurückgebliebene Masse muß nach dem Trocknen als ein leichtes, röthlich-braunes, nicht zusammenbackendes Pulver zurückbleiben. Von verfälschter Chocolade tropft die Flüssigkeit nur langsam ab, ist trübe, schmutzig-gelb, von widerlich süßem Geschmack; die auf dem Löschpapier zurückgebliebene Masse bildet einen zähen Kleister, der desto zäher, je schlechter die Chocolade ist, der nur sehr langsam austrocknet und der als zusammenklebende Masse erscheint.

Ueber die fast zahllosen Verfälschungen der Chocolade wolle man in meiner „Waarenkunde für die Frauenwelt I.“ nachlesen, um auch für etwaige noch andere Erscheinungen bei dieser Probe ein Verständniß zu finden.

Karl Ruß.


Die frechste Curirschwindelei ist die Dittmann’sche Loh-Cur, mit der angeblich alle nur möglichen, ja sonst ganz unheilbaren Krankheiten curirt werden können und durch welche der Krebs noch im letzten Stadium so geheilt wird, daß ein Wiederkehren desselben nicht denkbar ist, weil nämlich die Cur nicht auf Medicin, sondern auf Ernährung beruhen soll. Das Hauptmittel Dittmann’s ist, außer der Lohbadecur, ein „Kraftpulver“, welches als starkes Nahrungsmittel vorzugsweise auf die Unterleibsorgane so belebend und stärkend wirken soll, daß die Krankheiten, deren Ursachen sich im Unterleibe befinden, schnell und leicht beseitigt werden. Und aus was besteht dieses Kraftpulver? Es ist ein Gemisch aus Loheabkochung, welche bei starker Hitze zu einem Pulver eingetrocknet und mit Gerstenkraftmehl versetzt ist. Man bereitet es, wenn man fünfzig Theile trockenes Eichenrindenextract in hundertundfünfzig Theilen Wasser löst, mit achtzig Theilen Gerstenkraftmehl und vierzig Theilen Dextrin mischt, erwärmt, zur Trocknen eindampft und dann noch fünfzig Theile des genannten Extractes hinzufügt, scharf trocknet und pulvert.

Ueber die Dittmann’sche Cur schreiben die von den DDr. Haqet und Jacobsen redigirten „Industrie-Blätter“ – eine nicht genug zu empfehlende Wochenschrift für Fortschritt und Aufklärung auf den Gebieten der Gewerbe der Hauswirthschaft, Gesundheitspflege etc. –: „Dittmann will einmal ein schlimmes Bein gehabt und dasselbe mit Eichenloheabsud curirt haben. Dieser glückliche Erfolg hat ihn, einen naturwüchsigen Gerber, zum Aesculap gemacht und ihm die Gewißheit gegeben, daß sein Eichenlohe-Präparat ein Mittel für Alles, was Krankheit heißt, sei. Er weiß, daß die Eichenlohe die leicht zu Fäulniß neigenden Felle in Leder, welches der Fäulniß und Zersetzung widersteht, verwandelt; warum sollte, so denkt er, die Eichenlohe nicht auch auf die menschlichen Organe in gleicher Weise kräftigend und conservirend einwirken? Wenn ich, sagt er sich, den kranken Menschen innerlich und äußerlich gerbe, so muß doch die Constitution desselben ebenso dauerhaft werden wie die der Thierfelle. Im Uebrigen mag er sich, auf die Unzahl dummer und leichtgläubiger Menschen bauend, überlegt haben, daß das Menschengerben weniger anstrengt und besser rentirt als das Fellegerben.“

Gott bewahre uns vor Schnapsmischern, Brauern und Gerbern, wenn sie ihre Handwerkskunst als Heilkünstler an dem kranken Menschen versuchen wollen! Ich dächte, man hätte schon genug an curirenden Schustern, Postsecretairen, alten Bauerweibern und sauren Gurkenhändlern.

Bock.


Zur Charakteristik der Spinnen. Vor dem Fenster meines Zimmers hatte im vorigen Herbste eine Spinne ihr Netz ausgebreitet. Eines Morgens bemerkte ich, daß sie nicht, wie gewöhnlich, in ihrem Verstecke, sondern am unteren Ende des Netzes auf Beute lauerte. Ich fing eine Fliege und brachte sie so nahe an’s Netz, daß sie sich mit ihren Füßen und Flügeln in demselben verfing. Sofort stürzte sich die Spinne am unteren Ende des Netzes auf die Beute. Fast in demselben Augenblicke aber schoß auch die wahre Eigenthümerin des Netzes aus ihrem Verstecke hervor, und es entspann sich jetzt ein Kampf zwischen beiden um den Besitz der Beute. Die Eigenthümerin des Netzes konnte aber dem Eindringlinge nichts anhaben und mußte sich bald zurückziehen. In einiger Entfernung jedoch hielt sie inne, drehte sich herum, blickte noch einmal auf die freche Eigenthumsverletzerin zurück und eilte dann nicht in ihr Versteck, sondern nach der Außenseite des Netzes, wo die Radien desselben an der Mauer befestigt waren. Ich wußte im Anfange nicht, wie ich mir dieses Benehmen der Spinne deuten sollte. Bald aber wurde mir die Sache klar, denn schon im nächsten Augenblicke bemerkte ich, daß die Fäden an der Stelle, wo sich die Spinne befand, losgetrennt waren. Hierauf hielt sie einen förmlichen Rundlauf um das Netz und trennte Faden um Faden von seinem Anhaltspunkte, während sie sich von Zeit zu Zeit nach der Eigenthumsverletzerin umsah. Das kunstreiche Gewebe war unterdessen in ein formloses Gespinnst zusammengefallen und hing zuletzt nur noch an einem Faden. der vom Verstecke der Eigenthümerin des Netzes auslief. An diesem kletterte sie jetzt hinauf. Die erste Spinne hatte in der Zwischenzeit ihre Beute getödtet und kunstgerecht mit ihrem Gespinnste umwunden. Ihre Lage wurde immer kritischer: mit einem Fuße hielt sie ihren Raub fest, mit den anderen klammerte sie sich an die Trümmer des Netzes und erwartete so die Dinge, die da kommen sollten. Das Ende dieses Kampfes zwischen Frechheit gepaart mit Stärke auf der einen Seite und Schwäche gepaart mit List auf der anderen blieb denn auch nicht aus. Der letzte Faden wurde losgetrennt und Gespinnst, Spinne und Beute fielen auf den Fensterstein. Jetzt blieb der fremden Spinne nichts anderes übrig, als sich unter großer Mühe und Anstrengung einen anderen Ort aufzusuchen, wo sie ihren Raub verzehren konnte.

C. P.


Der Pistolenschuß. So eben geht uns die Notiz zu, daß die unter obigem Titel in Nr. 40 veröffentlichte Skizze „aus den Erinnerungen eines russischen Officiers“ nicht ganz neu und in einer ähnlich lautenden Form, angeblich aus dem Französischen, bereits veröffentlicht sei. Uns wurde dieselbe von ehrenwerther Seite als eine Uebertragung aus dem Russischen angeboten und veranlaßte uns lediglich das interessante Sujet, von unserem von je strenge gewahrten Princip, Uebersetzungen von den Spalten der Gartenlaube fern zu halten, in diesem Falle abzuweichen. Da es uns nicht einfallen kann, selbst so kleinen Beiträgen, wie der genannte, den Charakter eines Originals beilegen zu wollen, wenn sie diese Bezeichnung nicht verdienen, so constatiren wir ausdrücklich den fremden Ursprung der Skizze, die übrigens, wie wir hören, allgemein angesprochen hat.

D. Red.

Inhalt: Süden und Norden. Von Herman Schmid (Fortsetzung.) – Ein Londoner Kummerhof. Mit Abbildung. – Eine kleine Republik in der Ostsee. (Schluß.) – Die drei preußischen Wehs. – Ein Denkstein für aller Deutschen Edelstein. Mit Abbildungen. – Blätter und Blüthen: Das Erdbeben an der Westküste von Südamerika im Jahre 1868. – Die Heimath von Ulysses S. Grant. – Keine verfälschte Chocolade mehr! – Die frechste Curirschwindelei ist die Dittmann’sche Loh-Cur. Von Bock. – Zur Charakteristik der Spinnen. – Der Pistolenschuß


Gekrönte Preisschrift!

Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist soeben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Anleitung zur Pflege der Zähne und des Mundes nebst einem Anhang: Ueber künstliche Zähne von Dr. W. Süersen, Zahnarzt in Berlin. Herausgegeben vom Central-Verein deutscher Zahnärzte.

Fünfte neu durchgesehene Auflage. Elegant broschirt. Preis 15 Ngr.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 672. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_672.jpg&oldid=- (Version vom 6.2.2020)