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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

an der dem Hause entgegengesetzten Seite noch einen geräumigen Gartensaal mit Nebenzimmern und eine Terrasse mit Veranda und Kegelbahn; dies ist der im Sommer meistens benutzte Theil.

Nicht nur die Künstler Düsseldorfs besuchen den „Malkasten“, eine Anzahl von „außerordentlichen Mitgliedern“ aus den besten Ständen der Stadt vervollständigen die Gesellschaft und an schönen Sommernachmittagen wimmelt der Park von den Familien und Gästen der Mitglieder; die häufig veranstalteten Festlichkeiten ziehen Besucher aus der ganzen Rheinprovinz herbei, sie genießen eines weitverbreiteten Rufes. Die beigegebene Illustration giebt das Bild einer starkbesuchten Abendversammlung im großen Saale. Von den hier mit Namen bezeichneten Künstlern und Kunstfreunden sind einige unseren Lesern bereits in der Gartenlaube vorgeführt, andere durch ihre Werke in weitesten Kreisen bekannt. Als solche begrüßen wir hier: den alten Historienmaler Professor Theodor Hildebrandt, einen Mitbegründer des hohen Rufs der Düsseldorfer Schule und auf dem Gebiete des romantisch-lyrischen Genre’s hervorragend; sein großes Bild „die Söhne Eduard’s“ gehört zu den berühmten Werken der Gegenwart. Ferner: Professor Andreas Achenbach, einen der bedeutendsten Landschafter unserer Zeit; Professor W. Camphausen, den Schlachtenmaler, der in der Darstellung des Pferdes die höchste Meisterschaft entwickelt, außerdem ein dramatisches Talent der Malkastenbühne; Christian Böttcher, berühmt durch seine poetischen Rheinbilder, von welchen auch die Gartenlaube Proben mittheilte; Professor K. Hübner, den Meister der socialen Genrebilder und zugleich Erfinder des Namens der Gesellschaft, denn ihm schreibt man den Ausspruch zu: „Wie alle Farben in unserem Malkasten friedlich bei einander liegen, so sollen auch in dem neuen Verein alle Farben unsrer Künstlerschaft einträchtiglich vereinigt sein“. Ferner: den Director Bendemann, den Felix Mendelssohn der Historienmalerei; Professor Jordan, ebenso tüchtig in seinen Seebildern wie als Komiker der Vereinsbühne; Adolph Schmitz, der u. A. mit Leutze und Wintrop die Wände des alten Winterlocals ausschmückte; die bekannten Künstler C. Schlesinger, A. Seel, E. Hoff, A. Baur, den Hauptmann v. Neitzke und endlich den Professor Ludwig Knaus, der den Lesern von Nr. 12 der Gartenlaube her noch im frischesten Andenken steht.

Die ernsten Bestrebungen des Vereines haben auch nach außen Wirksamkeit gehabt. Das Beispiel der Düsseldorfer Künstler hat ähnliche Bestrebungen der übrigen deutschen Künstlerkreise theils hervorgerufen, theils ermuthigt. Aehnliche Vereine sind mit ähnlichen Erfolgen an allen größeren Kunstorten Deutschlands gebildet worden und es hat sich eine Verbindung unter diesen Vereinen hergestellt, welche in der seit mehreren Jahren schon constituirten „deutschen Kunstgenossenschaft“ sich verkörpert. Die erste Anregung zu den deutschen Künstlerversammlungen ging ebenfalls und ganz direct vom „Malkasten“ aus, der die erste Versammlung nach Bingen im Jahre 1856 berief, auf welcher auch der Plan zu den großen nationalen Kunstausstellungen gefaßt wurde. So ist aus kleinen Anfängen Großes geworden.




Berlins Post und Telegraphen-Verkehr.

Die angehende Weltstadt Berlin steht unter den Weltstädten der Erde in Bezug auf Correspondenz-Verkehrseinrichtungen gewiß nicht in letzter Reihe. Eine kurze Beleuchtung derselben dürfte daher auch für den weiten Leserkreis der Gartenlaube nicht ohne Interesse sein.

Betrachten wir zuerst die Stadtpost-Einrichtung. Eine Stadtbriefeinsammlung und -Bestellung bestand in Berlin schon im vorigen Jahrhundert als Privatunternehmung der „Kaufmannsgilde und der Materialhandlung“ In den Läden der Kaufleute hatte man Annahmestellen für Stadtbriefe errichtet. Man sandte Boten zum Briefsammeln in den Straßen herum, die sich durch klingeln mit einer Glocke vernehmlich machten. Diese Einrichtung wurde jedoch wegen ihrer Langsamkeit und Unregelmäßigkeit nur wenig benutzt, bis sie im Jahre 1806 in Folge der französischen Invasion einging. Da faßte siebenzehn Jahre später der General-Postmeister von Nagler den Plan, eine förmliche Stadtpost zu organisiren, welcher am 1. December 1827 auch wirklich zur Ausführung kam. Man richtete außer den in einigen Stadtvierteln und später auf den Eisenbahnhöfen errichteten Zweigexpeditionen sechsundsiebenzig Briefsammlungen in allen Theilen der Stadt ein. Allein auch diese Einrichtung entsprach den gesteigerten Anforderungen nicht lange. Die Briefsammlungen, welche in den Läden etc. von Geschäftstreibenden errichtet worden waren, deren Verhältniß zu der Postverwaltung keinen bestimmten dienstlichen Charakter hatte, erwiesen sich als ein Hemmniß für die Vermehrung, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit der Stadtpost. Außerdem war die Aufgabegebühr von einem halben Silbergroschen, welche für jeden nach außerhalb bestimmten Brief außer dem Porto entrichtet werden mußte, dem Publicum lästig und wurde die Veranlassung, daß man die Briefsammlungen wenig benutzte.

Aus diesen Gründen erfolgte vor nunmehr fast achtzehn Jahren eine vollständige Umgestaltung der Stadtposteinrichtung. Man hob die Briefsammlungen auf, vermehrte dagegen aber die Postexpeditionen in den einzelnen Stadttheilen. Eine große Anzahl von Briefkasten wurde aufgestellt, deren Anwendung seit Einführung der Freimarken und Francocouverts in ausgedehnter Weise stattfinden konnte. Diese Briefkasten wurden mit beweglichen Einsatzkasten versehen. Der Briefkastenträger nimmt beim Wechseln den mit Briefen angefüllten verschlossenen Einsatzkasten aus dem äußeren Briefkasten heraus und setzt in letzteren wieder einen mitgebrachten leeren Einsatzkasten ein, so daß die Kastenleerer mit den Briefen in keinerlei Berührung kommen, wodurch Verlusten vorgebeugt wird. An jedem Briefkasten ist die Zeit der Abholung durch eingesetzte bewegliche Zahlen dem Publicum ersichtlich gemacht. Die Briefkastenleerer bringen den abgeholten Einsatzkasten mit den Briefen in die nächste Postexpedition, welche mit der Centralstelle im Hauptpostgebäude – der Hauptstadtpostexpedition – durch stündliche Briefpost-Carriolfahrten in schnellster Verbindung steht. An den Carriolen sind ebenfalls Briefkasten angebracht, damit das Publicum noch in dem Augenblick, in dem der Wagen schon vor der Thür der Postexpedition hält, Briefe aufgeben und direct in den Wagen gelangen lassen kann.

Bei der Central-Stadtpostexpedition werden die Stadtbriefe und die von außerhalb angekommenen Briefe für die einzelnen Reviere sortirt und vermittels der schon erwähnten Carriole jeder einzelnen Stadtpostexpedition zugeführt, von welcher aus demnächst deren Briefträger die Bestellung übernehmen. Zur Zeit wird die Briefbestellung täglich zwölfmal bewirkt (in London nur zehnmal), und zwar von etwa vierhundertfünfzig Briefträgern, die sich auf zweihundertundsechszig sogenannte Briefträgerreviere vertheilen, die Leerung der Briefkasten geschieht vierzehnmal (am letzten Sylvester und am Neujahrstage geschah es noch öfter). Die Verbindung der Haupt-Stadtpostexpedition mit den einzelnen Stadtpostexpeditionen ist so geregelt, daß die mit der vollen Stunde aus dem Briefkasten abgeholten Briefe bereits fünfunddreißig Minuten nach Voll bei der Centralstelle eintreffen und schon nach fünfzehn Minuten von dieser aus in die verschiedenen Bestellbezirke gesandt werden, so daß sich ein Brief im günstigsten Falle nach anderthalb Stunden, im ungünstigsten nach drei Stauunden in den Händen des Adressaten befindet. Gegenwärtig beträgt die Zahl der Stadtpostexpeditionen siebenunddreißig, die der Briefkasten über dreihundert. Schon im Jahre 1856 wurden zwei Millionen neunhundertneunundfechszigtausend Stadtbriefe befördert, und im Jahre 1857 täglich im Durchschnitt neunzehntausendfünfhundert Briefe von den Berliner Briefträgern bestellt.

Die Stückzahl der Stadtpostbriefe Berlins (ohne die Gratisbestellungen für die Gerichtsbehörden) betrug im Jahre 1866 4,718,270 Stücke im Jahre 1863 3,551,702 Stück, mithin 1866 fast 33 Procent mehr. Die Stückzahl der Gratisbestellungen für die Gerichtsbehörden im Berlin im Jahre 1866 1,750,032 Stück, 1863 1,124,091 Stück, folglich 1866 55 Procent mehr. An den beiden Tagen des 31. December 1866 und 1. Januar 1867

wurden 150,638 Stadtbriefe (abgesandt von Einwohnern Berlins

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_398.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)