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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

an Einwohner in Berlin). durch die Post vermittelt. Gegenwärtig mag die Stückzahl der täglich beförderten Briefe wohl zwischen 35- bis 40,000 betragen.

Die Zahl der vom 31. December 1868 bis 1. Januar 1869 Abends in Berlin zu. Post gelieferten Briefe an Adressaten in Berlin, die von auswärts gekommenen also ausgeschlossen, betrug 227,731 Stück, in dem gleichen Zeitraume des Vorjahres 1867–1868 wurden eingeliefert 165,836 Stück, also pro 31. December 1868 bis 1. Januar 1869 mehr 61,895 Stück. In der letzten Weihnachtsperiode, d. i. in der Zeit vom 18. bis 24. December dieses Jahres sind an Adressaten in Berlin von auswärts 79,860 Pakete, im gleichen Zeitraume des vorigen Jahres 73,227 eingegangen. Hiervon sind mittelst Paketbestellungswagen – Factage – den Adressaten 62,009 Pakete, im Vorjahre 55,376, in’s Haus geliefert worden. Von den Adressaten wurden und mußten abgeholt werden 17,851, zufällig dieselbe Summe wie im Vorjahre. Von auswärts nach auswärts (also über Berlin transistirende Pakete) sind über Berlin befördert worden 82,752 Pakete, im Vorjahre 75134. In Berlin wurden zur Post geliefert 97,620 Pakete, im Vorjahre 90,743 Für die in Berlin bleibenden von auswärts kommenden Postpakete besteht eine besondere Paket-Post-Expedition in der Oranienburger Straße, von welcher aus auch die Facteurs abgefertigt werden.

Zur schnellen ordnungsmäßigen Bewältigung der in Berlin eingehenden und dort verbleibenden Briefmassen ist die Einrichtung getroffen worden, daß bei einigen Zügen Beamte entgegenreisen (so eine Zeitlang ein Beamter bis Braunschweig), deren Funktion in nichts Anderem besteht, als daß sie innerhalb des Eisenbahnpostwagens auf der Herfahrt schon die in Berlin verbleibenden Briefe (Localbriefe) nach den einzelnen Revieren, Expeditionen, für die Haupt-Ausgabe etc. vorsortiren, damit beim Eintreffen des betreffenden Eisenbahnzuges kein Aufenthalt in Bezug auf schleunigste Bestellung eintreten kann, überhaupt Versäumnissen möglichst vorgebeugt wird.

Die Stadtpostanstalt befaßt sich mit Annahme, Beförderung und Bestellung aller Arten von Briefpostsendungen im internen Berliner Verkehr, als gewöhnlicher und recommandirter Briefe, Kreuzbände, Warenproben, Postkarten und Postanweisungen, sowie mit Expedition von Geldbriefen, nicht aber mit Annahme und Bestellung von gewöhnlichen und Werthpaketen von Berliner Absendern an Berliner Empfänger mit Ausnahme der Postexpeditionen in Schöneberg, Moabit, auf dem Gesundbrunnen, in Pankow, Tempelhof etc., ebenso befassen sich die Berliner Postexpeditionen (mit Ausnahme der genannten) nicht mit Annahme von Zeitungs-Abonnements, Debit und Bestellungen von Zeitungen und Zeitschriften, wie dies Seitens der norddeutschen Postanstalten in den Provinzen geschieht. Die gesammte Zeitungsspedition Berlins ist Privatpersonen überlassen und gegenwärtig in den Händen von gegen fünfzig Zeitungsspediteuren; die Bestellung geschieht durch eine große Anzahl spärlich besoldeter Botenfrauen und Kinder.

Die vielen aus diesem Speditionswesen hervorgehenden Unzulänglichkeiten und Unpünktlichsten haben schon seit Jahren zahllose und gerechte Klagen des zeitungslesenden Berliner Publikums hervorgerufen. Vor etwa zwei Jahren stellte deshalb der größte Theil der Berliner Zeitungsverleger und Redakteure an die Postbehörde den Antrag, das gesammte Berliner Zeitungsspeditions- und Bestellungswesen in die Hand zu nehmen, da die dazu erforderlichen Faktoren, wie routinirte, in der Zeitungsspedition erfahrene Beamte, geschulte Briefträger und Boten, siebenunddreißig Stadtpostexpeditionen und in regelmäßigen Zeiträumen coursirende Carriole, bei der Post bereits vorhanden seien. Leider wurde demungeachtet Seitens der Postbehörde jenem Antrage nicht entsprochen. Dieser Umstand schuf in zwei unternehmenden jungen Männern, einem freiwillig aus dem Postdienst geschiedenen Postbeamten und einem früheren Artillerieofficier, welche beiden Männer gleichzeitig in den Redaktions- und Expeditions-Verhältnissen der Leitungen reiche Erfahrungen gesammelt hatten, die Idee, das Berliner Zeitungsspeditionswesen zu centralisiren und eine Centralspedition nach völlig postalischen Grundsätzen für Berlin zu schaffen. Sie arbeiteten sorgfältig einen Plan aus, der auf Errichtung einer Centralspedition, einer Anzahl Zweigspeditionen, Einführung von Carriolen, Anstellung von angemessen besoldeten Expedienten und Boten hinauslief.

Die leitenden Grundsätze des Unternehmens sollten sein. präcise Beförderung und prompte Bestellung, Billigkeit der Bestellgebühr und Zuverlässigkeit des Instituts. Sie legten ihr Projekt dem bekannten Unternehmer Dr. Strousberg mit der Bitte vor, die nöthigen Gelder vorzustrecken. Letzterer hielt das Unternehmen für ein gesundes und lebensfähiges, bedauerte aber, weil er zu vielseitig beschäftigt sei, seine Theilnehmerschaft an dem Unternehmen ablehnen zu müssen. Die beiden Unternehmer beabsichtigten daneben, da die Centralspedition doch schon die Einrichtung von Carriolen, Zweigstellen, Beamten und Boten erforderte, gleichzeitig eine Paketbeförderungsanstalt für den internen Berliner Verkehr zu schaffen, zumal die Post in Berlin keine Pakete für Berliner Empfänger annimmt. Mit diesem Institute wollen sie zugleich den mangelhaften Dienstmannsinstituten eine heilsame Concurrenz machen. Sie fanden auch einen Capitalisten, der geneigt war, die erforderlichen Gelder vorzustrecken.

s Da schreckte der Capitalist vor den vielen Schwierigkeiten des Unternehmens zurück, und die beiden Unternehmer sahen sich genöthigt, ihr gemeinnütziges Vorhaben, wenn nicht ganz aufzugeben, so doch zu vertagen. Vielleicht, daß durch die Gartenlaube ein anderer Capitalist aufmerksam wird und für Berlin mit Hülfe jener beiden Männer ein Musterinstitut schafft, wie es ähnlich sich in keiner anderen Weltstadt findet. Das Bedürfniß nach solchen Instituten ist längst vorhanden, repräsentirt doch Berlin in Hinsicht auf seinen inneren Paketverkehr zum Mindesten eine Provinz.

Kommen wir nun auf die sonst so musterhafte Berliner Stadtpostanstalt zurück, so haben wir an dieser nur noch auszusetzen, daß das Stadtpostporto für den gewöhnlichen Brief von einem Silbergroschen, so wie die Gebühr für Postanweisungen, vom geringsten Betrage an bis zu fünfzig Thalern, von zwei Silbergroschen zu hoch gegriffen ist und im wohlverstandenen Interesse des korrespondirenden Publikums und des Verkehrs auf die Hälfte dieser Sätze ermäßigt werden müßte. Die Stadt Berlin bildet – ebenso wie beispielsweise das ganze Königreich Sachsen für sich allein schon einen Oberpostdirectionsbezirk, welchem untergeordnet sind: das Hofpostamt und die Hauptstadtpostexpedition, beides Postämter erster Classe, siebenundreißig Stadtpostexpeditionen, darunter sechs im Range der Postexpeditionen zweiter Classe, zwei im Range der Expeditionen erster Classe, zehn im Range der Postämter zweiter Classe und neunzehn im Range der Postämter erster Classe. Außerdem umfaßt die Berliner Oberpostdirection noch fünf Eisenbahnpostämter, sämmtlich im Range der Postämter erster Classe. Das Norddeutsche Zeitungskomptoir ressortirt direkt vom Generalpostamte des Norddeutschen Bundes.

Sehen wir uns setzt noch eine andere Berliner Correspondenzverkehrsanstalt etwas näher an, die nicht minder segensreich für alle Classen der Bevölkerung ist; wir meinen die mit Anfang des Jahres 1867 in’s Leben gerufene Stadttelegraphie. Da heutzutage Zeit Geld ist, so reicht selbst die so prompte und schnelle Stadtbriefbestellung nicht hin, schnell genug an in entlegenen Straßen wohnende Personen Mitteilungen gelangen zu lassen, noch weniger das Dienstmanninstitut. Persönlich die Wege abzumachen ist häufig mit Zeitverlust und größeren Kosten, durch Benutzung von Droschken, Omnibus etc., verbunden. Da bedient man sich einfach des Telegraphen, und mit der Schnelligkeit des Gedankens sind die Mittheilungen an Personen gemacht, die in den entferntesten Straßen wohnen, in kurzer Zeit kann man auf demselben Wege Antwort haben, und das für zweiundeinhalb Silbergroschen für die einfache Depesche (bis zu zwanzig Worten). Zur Zeit zählt Berlin – rechnen wir die Centraltelegraphenstation in der Französischen Straße, sowie die im Königlichen Palais und im Abgeordneten- und Herrenhause dazu – zwanzig Stadttelegraphenstationen. Sie arbeiten sämmtlich mit dem Morse’schen Apparat, die Stationen an der Börse und am Potsdamer Bahnhofe noch außerdem mit pneumatischen Apparaten.

Vorläufig kommt die Stadttelegraphie, namentlich durch die zahlreich erforderlichen Boten, noch nicht auf ihre Kosten. Durch ein immer größeres Bekanntwerden dieser so nützlichen Einrichtung im Publikum und eine immer regere Benutzung des Stadttelegraphen werden indessen auch die Stadttelegraphenstationen von Jahr zu Jahr sich vermehren müssen.

Zum Schluß unserer kurzen Skizze machen wir das Publikum

noch darauf aufmerksam, daß in neuerer Zeit an den Berliner

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_399.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)