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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)


Bad Wildungen. In Nr. 20 Seite 320 der Gartenlaube ist ein Artikel „für Badereisende nach Wildungen“ aufgenommen, der im Gewande der Humanität Entstellungen und Unrichtigkeiten bringt, und die schwersten Vorwürfe gegen den unterzeichneten Verwaltungsrath schleudert. Derselbe sieht sich dadurch gezwungen, Folgendes der Oeffentlichkeit zu übergeben und es dem Urtheile des Lesers anheimzustellen, ob der gedachte Artikel wirklich nur im Interesse der leidenden Curgäste geschrieben ist. Zu Wildungen prakticiren fünf Aerzte, von denen sich drei hauptsächlich der Brunnenpraxis widmen. Einer von diesen wohnt im Badelogirhause, die beiden anderen haben darin Consultationszimmer. Dieselben sind tüchtige Aerzte und haben sich das Vertrauen der Curgäste in vollem Maße erworben, was schon oft und noch kürzlich in der Schrift eines Curgastes: „Altes und Neues von Wildungen“, von C. Müller, Prediger a. D. in Fürstenwalde, öffentlich anerkannt ist. Nachdem vom Norddeutschen Bunde die Freizügigkeit der Aerzte gesetzlich anerkannt war, mußten Normen aufgestellt werden, wie es gehalten werden solle, wenn auswärtige Aerzte in dem Badelogirhause der Actiengesellschaft Wohnung verlangten, um die Praxis auszuüben. Die Ansicht des Verwaltungsraths ging dahin, daß man, bei dem ständigen Wohnungsmangel, in dem Badelogirhause zu den an die Aerzte schon abgegebenen vier Zimmern nicht noch weitere Zimmer an prakticirende Aerzte abgeben und dadurch den Curgästen entziehen dürfe.[1] Die Actionäre billigten diese Ansicht in der Generalversammlung im Juni v. J. einstimmig, weil ja auch fremde Aerzte in Privathäusern und in dem etwa drei Minuten vom Badelogirhause entfernten „Grand Hotel“ Logis finden können. Als nun ein Arzt aus Kassel durch einen Dritten für sich im Badelogirhause eine Wohnung miethen ließ, wurde dieselbe an ihn abgegeben. Nun aber prakticirte der Arzt und es wurde ihm jener Beschluß vom Brunneninspector mitgetheilt und ihm erst, als er dennoch weiter prakticirte, das Logis gekündigt.[2]

Jeder Billigdenkende, der mit uns der Ansicht ist, daß zuerst die Kranken und dann die Gesunden kommen, wird in unserer ganz generellen Anordnung gewiß nichts Unerhörtes und Grausames finden; man würde es im Gegentheil unerhört und grausam finden müssen, wollten wir jedem Arzte in der Nähe der Quellen Wohnung geben und die Kranken in die entfernteren Privatwohnungen verweisen. Aerzte, welchen die Pflicht am höchsten steht, werden die Wege zu den Kranken gern machen. Durch uns wird das „große Princip der Menschlichkeit“ und die „Freiheit der Wissenschaft“ in keiner Weise gefährdet, noch auch das wahre Interesse des Badepublicums, das erkennt dasselbe gern und offen an. Die Badegäste haben völlig freie Wahl unter den Aerzten; der Verwaltungsrath kümmert sich gar nicht darum, welchen Arzt der Curgast wählt.[3] Daß er aber einen bestimmten Arzt, zu dem er Vertrauen hat, in technischen Fragen der Verwaltung zu Rathe zieht, liegt in der Natur der Sache und geschieht wohl überall. Die in der Gartenlaube Nr. 20 erzählte Krankengeschichte ist in der Wirklichkeit wesentlich anders. Der Kranke war aus Antwerpen, wohnte anfangs im „Grand Hôtel“, wo er einen Wildunger Arzt, nicht unseren Brunnenarzt hatte, erbat und bekam später Wohnung im Badelogirhause, und wurde nach kurzer Zeit von dem Arzte aus Kassel behandelt und von einem Wildunger Heilgehülfen auf das Sorgsamste gepflegt.[4] Sollte etwa dem Kranken ein anderer Arzt indirect aufgezwungen sein, wie in Nr. 20 der Gartenlaube gesagt ist, so that dieses der Verwaltungsrath sicher nicht.[5] Wenn später der Kranke Mißtrauen gegen den Wildunger Arzt gezeigt haben soll: wer hat ihm dasselbe wohl eingeflößt? Der Verwaltungsrath gewiß nicht! Wir überlassen dem Leser, den wahren Werth des Artikels in Nr. 20 der Gartenlaube zu würdigen. Wer die Verhältnisse zu Wildungen nur einigermaßen kennt, weiß schon ohne diese unsere Entgegnung, was von dem Artikel zu halten ist; er weiß, von wem derselbe, sowie derartige andere Artikel, welche zum Theil aufgenommen, zum Theil zurückgewiesen sind, geschrieben oder inspirirt sind.[6] Wir werden uns dadurch nicht beirren lassen und fortfahren, das zu thun, was das wahre Interesse der Curgäste von uns fordert.

Der Verwaltungsrath der Wildunger Mineralquellen-Actiengesellschaft.




Zur Beachtung. Hinsichtlich des in Nr. 23 der Gartenlaube mitgetheilten und mit so großem Beifall aufgenommenen Gedichtes „der Strike der Schmiede“, von Francis Coppée, übersetzt von Eduard Mautner, bemerken wir nachträglich noch, daß nicht allein das Recht des Nachdrucks, sondern auch das Recht des öffentlichen Vortrags vom Uebersetzer vorbehalten worden ist, und daß dieses letztere nur durch den Theateragenten Herrn Hermann Michaelson in Berlin erworben werden kann.



Zur Ehrengabe für Roderich Benedix

gingen wieder ein: D. Gericke in Hamburg 1 Thlr.; Fleischhauer 15 Thlr.; Otto Struwe in Berlin 3 Thlr.; G. Wolff u. Haas in Bernburg 4 Thlr.; R. K. in Z.... 10 fl. österr.; T. H. in Würzburg 1 Thlr.; Assessor Große in Magdeburg 5 Thlr; Aug. Müller in Lpz. 15 Ngr.; 2 Thlr. mit den Worten:

Du gabst uns viel;
Wenn auch nur Stücke,
Ist’s doch ’was Ganzes.
Nimm d’rum von Vielen
Was Ganzes zurück
In Stücken voll Glanzes.

Außerdem geht uns von zwei sächsischen Theatern und einem Liebhabertheater die angenehme Mittheilung zu, daß sie in den nächsten Tagen Vorstellungen zu Gunsten der Benedix’schen Ehrengabe veranstalten werden.

Die Redaction.


Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Verlagshandlung.

Mit der ersten Nummer des neuen Quartals beginnt eine reizende Novelle von Levin Schücking: „Die Thurmschwalbe“, während gleichzeitig in den beiden nächsten Nummern die mit allgemeinem Beifall aufgenommene Schmid’sche Erzählung: „Der Bergwirth“ zu Ende geführt wird. Dann wird, wie uns Frau von Hillern zu unserer Freude heute mittheilt, der Abdruck ihres Romans: „Aus eigener Kraft“ neben der Schücking’schen Erzählung wieder beginnen und ohne Unterbrechung zum Abschluß gebracht werden.

Außerdem haben unsere alten bewährten und eine Reihe neuer Mitarbeiter uns mit einer Fülle interessanter Beiträge erfreut, deren Inhalt wir indeß nicht mehr verrathen, nachdem uns – was bei der zeitraubenden Herstellung der Gartenlaube-Auflage so leicht ist – gewisse Leute unsere Ideen und Stoffe weggekapert und in ihrer Weise verwerthet haben. Wir führen also keine einzelnen Beiträge mehr an, um im Ganzen unsere Freunde desto mehr zu überraschen und von Neuem unterhaltend wie belehrend anzuregen.

Die Redaction.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
  1. Dies ist nur ein Scheingrund, welchen der Verwaltungsrath hier vorzukehren sucht. Denn Thatsache ist und bleibt, daß in dem Badelogirhause und dem dazu gehörigen „Europäischen Hofe“, mit einziger Ausnahme prakticirender Aerzte, an alle Fremde Wohnungen vermietet werden, so daß alljährlich auch Gesunde vielfach Aufnahme darin gefunden haben und finden. Und deshalb erweist sich der principielle Ausschluß prakticirender Aerzte allerdings als Versuch, die freie Ausübung der Wissenschaft zu beschränken.
  2. Es war aber dem Verwaltungsrath bekannt, daß dieser „prakticirende“ Arzt selbst leidend war! Derselbe – Dr. W. H. aus Kassel – gebrauchte, und Brunneninspection wie Verwaltungsrath wußten darum, die Cur. Er hatte schon früher wiederholt Wildungen besucht, um an den dortigen Quellen Heilung zu finden, war dann durch sein Leiden genöthigt worden, die Praxis in Kassel aufzugeben und wollte jetzt, während er selbst die Wildunger Quellen gebrauchte, den Versuch machen, nebenbei auch Anderen nützlich zu sein. Die gegen ihn verfügte Ausweisung thut also dar, daß die Ausübung des ärztlichen Berufes in Wildungen selbst den kranken Arzt der Wohnung im Badehause beraubt, die jeder Gesunde miethen kann. Ueberdies wurde der Gebrauch, die Namen der prakticirenden Aerzte in jeder Brunnenliste zu veröffentlichen, abgeschafft, sobald Dr. H. ersucht hatte, den seinigen hinzuzufügen.
  3. Damit stimmt doch nicht ganz der öffentliche Anschlag überein, durch den der Verwaltungsrath bekannt macht, daß er Dr. St. zum amtlichen, alleinigen und verantwortlichen Brunnenarzt ernannt habe, an den sich die Curgäste einzig und allein mit allen Bad und Brunnen betreffenden Wünschen zu wenden hätten. Wer wird leugnen wollen, daß die Fassung eines solchen Ferman’s gar Manchem imponiren und ihn abhalten muß, sich selbst für seine eigene Person den Arzt nach Wunsch zu wählen?
  4. Der Kranke war von einer der ersten Autoritäten in seinem Fache, von dem Geheimen Rath Fischer in Köln, an einen der in der Stadt Wildungen wohnenden Aerzte adressirt; dieser zog jenen ausgewiesenen Arzt Dr. H. als einen ebenfalls erfahrenen Sachkundigen zu, und Beide behandelten den Kranken bis zu dessen Tode in größter Eintracht. In Nr. 20 der Gartenlaube ist ausdrücklich gesagt: „statt sich von dem Verwaltungsrathe den Arzt octroyiren zu lassen, den dieser unter den Einheimischen ausgewählt, und dem er Wohnung im Badehause gegeben hatte.“ Mit diesen Worten konnte der in Wildungen wohnende Arzt nicht gemeint sein und die oben nun folgende Phrase von dem „Mißtrauen gegen den Wildunger Arzt“ erweist sich als nichtig und mindestens unbedacht.
  5. Der „andere Arzt“ war allerdings „indirect“ dadurch „aufgezwungen“, daß der Kranke Nachts die Wahl hatte, entweder ohne ärztliche Hülfe zu bleiben, nachdem derjenige, dem er seine Behandlung anvertraut hatte, ausgewiesen war, oder einen im Badelogirhause mit Genehmigung des Verwaltungsraths wohnenden Arzt rufen zu lassen.
  6. Wenn hiermit irgend eine Verdächtigung beabsichtigt sein sollte, weisen wir dieselbe entschieden zurück. Der Schreiber des Artikels in Nr. 20 der Gartenlaube ist an allen diesen einer Besserung dringend bedürftigen Verhältnissen nicht im Entferntesten persönlich betheiligt; was aber die wirklich Betheiligten anlangt, so hat keiner derselben auf anderem Wege sowohl von unserem ersten Artikel, wie von dieser Abwehr Kenntniß erhalten, als der Verwaltungsrath damals und heute selbst. Mit dieser Erklärung schließen wir die Besprechung der in Rede stehenden Angelegenheit, wenigstens für die Spalten der Gartenlaube.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_416.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2023)