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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)


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Andreas Müller aus Düsseldorf überreich ausgeschmückt wurde. Entfalten wir jetzt die hübsche Lithographie, die des Düsseldorfer Landschafters Jungheim ganz vortreffliche Zeichnung treu wiedergiebt, sie bietet uns einen Vorgeschmack des Genusses, der uns erwartet. Vom Victoria-Tempel am westlichen Endpunkt des Berges aufgenommen, giebt sie im Vordergrunde diesen Tempel; der kleinere rechts ist die Hofreiden-Terrasse, eine Eremitage liegt noch zwischen beiden im Walde versteckt.“

„Genug! Ich sehe den Rhein dort schon durch das Grün der Tannen – das Plateau liegt vor uns, kommen Sie!“

Meine liebenswürdige Begleiterin war mit diesen Worten vorausgeeilt. „Gott sei Dank,“ sagte sie, „daß die zahlreiche Gesellschaft, die der Maler zum Schmuck des Bildes anzubringen für gut befunden, nicht lärmend und bewundernd uns umgiebt. Hier unter dem Strohdache scheint der beste Punkt zu sein. Ich gestehe, die Aussicht gehört zu den schönsten, die ich jemals genossen trotz dem Tempel auf dem Niederwald bei Bingen, mit welcher schönen Stelle man diese am ehesten vergleichen kann, weil auch dort der Rhein auf sehr weite Entfernung übersehen wird.“

„Wie das flatternde Band, das ein Engel auf vielen Gemälden und Sculpturen zwischen seinen Händen ausbreitet, erscheint hier der Rhein in der Mitte nach unten gelegen und an beiden Enden gezackt auslaufend. Links bilden Nonnenwerth, rechts das Eiland vor Andernach den Zacken. Vom Drachenfels, also auf der äußersten Linken, das jenseitige Ufer betrachtend, sehen wir vor uns: Rheinbreitbach, Unkel, Scheuern und Bruchhausen. Uns gerade gegenüber liegt Erpel, der Basaltfelsen ist die Erpeler Lei; dann kommt, immer hart am Ufer, Kasbach, Linzerhausen, Linz mit dem Dattenberg, dann Leubsdorf und Hönningen. Und überblicken wir nun, von links beginnend, das diesseitige Ufer, so haben wir Rolandseck, Oberwinter, die moderne Burg Marienfels und die Apollinariskirche. Zu unseren Füßen liegt Remagen; rechts, vom Ufer eine halbe Stunde entfernt, Sinzig, und über Niederbreisig und Brohl sehen wir Andernach. Auf volle neun Stunden Wegs überblicken wir den Lauf des Rheins. Doch Sie haben mir kaum zugehört, gnädige Frau!“

„Ich dachte eben darüber nach, warum des Rheines schöne Bilder sich ungleich tiefer uns einprägen, als Alles, was wir von Naturschönheiten, selbst viel großartigeren, anderer Gegenden sehen.“

„Ich glaube, es rührt das daher, weil der Rhein, wie die Thüringer Lande von einem Zauber von Romantik umwoben, in jedem empfänglichen Herzen poetische Gefühle weckt, weil seine Berge,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_429.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)