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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

jene vornehme, sein Dichtertalent geringschätzende Kritik dagegen sagen mag, einen der ersten Plätze in der Ruhmes- und Dichter-Walhalla der deutschen Nation ein. Allgewaltig tönte sein Weckruf, als es galt, die Zwingherrschaft des corsischen Tyrannen zu brechen:

„Frisch auf, mein Volk! Die Flammenzeichen rauchen,
      Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht;
Du sollst den Stahl in Feindesherzen tauchen.
      Frisch auf, mein Volk! Die Flammenzeichen rauchen,
      Die Saat ist reif; ihr Schnitter, zaudert nicht!“

Am 26. August 1813 war es, daß Theodor Körner in dem Gefecht bei Gadebusch in Mecklenburg-Schwerin den Heldentod starb. Wenige Stunden, bevor ihn die tödtliche Kugel traf, dichtete er bekanntlich das „Schwertlied“, das gerade jetzt tausendfach gesungen wird, und dessen letzte beide Strophen lauten:

„Nun drückt den liebeheißen
Bräutlichen Mund von Eisen
     An eure Lippen fest.
Fluch, wer die Braut verläßt!
  Hurrah!

Frisch! laßt das Liebchen singen,
Daß helle Funken springen! –
     Der Hochzeitmorgen graut.
Hurrah, du Eisenbraut!
  Hurrah!“

Der Tyrtäus der deutschen Nation wurde zu Grabe bestattet von seinem Kampfgenossen, dem edeln Friesen, der mit Recht „der Achilleus der Lützower“ genannt ist, und der ihm ein halbes Jahr später im Ardenner-Walde in den Tod nachfolgen sollte.

Ein wunderbarer Zufall will es, daß zwar siebenundfünfzig Jahre später, aber gerade in demselben Monate, wo Körner fiel, wo die Schlachten bei Großheeren, an der Katzbach und bei Kulm geschlagen wurden, deutsche Heere auf französischem Boden die blutigsten und glorreichsten Schlachten schlugen, um die Welt für immer von dem Fluche des Bonapartismus zu befreien. Und darum sei es uns vergönnt, hiermit wenigstens im Geiste ein Lorbeerreis auf das Grab des unsterblichen Sängers von „Leier und Schwert“ zu legen. –

Vor kurzer Zeit ist eine etwa neun Fuß hohe Körner-Statue aus der Meisterhand des berühmten Bildhauers Hähnel hervorgegangen und bereits zum Gusse nach Nürnberg gesandt. Sobald der Guß vollendet, wird, wie wir aus guter Quelle vernehmen, die Statue auf dem Dohnaplatze zu Dresden, der Kreuzschule gegenüber, aufgestellt werden; bekanntlich war Körner ein Zögling dieser Schule.

Rudolph Doehn.


Auf dem Friedhof zu Burgdorf in der Schweiz befindet sich das Grab des Mannes, der in sturmdrohender Zeit, die bewegten Gefühle des deutschen Volkes in wenige Strophen zusammenfassend, aus begeistertem Herzen „die Wacht am Rhein“ gedichtet und seinem Volke damit ein Geschenk gemacht hat, dessen köstlicher Werth erst dreißig Jahre später empfunden werden sollte, soweit die deutsche Zunge klingt. „Ihrem Max Schneckenburger (geboren 17. Februar 1819, gestorben 3. Mai 1849) Seine Freunde“ lautet die in gothischen Lettern gravirte Grabschrift, und der liebenden, behütenden Sorgfalt der überlebenden Freunde danken wir es, daß wir heute, neben dem wohlgetroffenen Portrait des Dichters, auch dessen wohlgepflegte, von einem eisernen Kreuze überragte Grabstätte im Bilde bringen können.

Vor mehr als zwanzig Jahren ward hier der erst Dreißigjährige zur ewigen Ruhe hinabgesenkt, gerade in jenen Tagen, da der Kampf um die Freiheit am heißesten entbrannt war, die Schneckenburger immer so sehr geliebt hatte. Der Sänger der „Wacht am Rhein“ war ein aufrichtiger, warmer Patriot, der sein deutsches Vaterland über Alles liebte mit kräftiger Hand schwang er die leuchtende Fahne des Fortschritts, und war stets bereit, mit ganzer Person, mit Wort und Schrift, für dieselbe einzutreten. Dabei war er ein treuer Freund und ein angenehmer Gesellschafter, der, wie uns einer seiner Freunde aus Interlaken schreibt, besondere Anlässe gerne mit Gedichten feierte und begleitete, wie er denn beispielsweise einer Geldsendung, die nach dem großen Brande Hamburgs aus Burgdorf dorthin ging, ein Gedicht beilegte, das sich vielleicht in Hamburg noch vorfindet, und dessen Schlußstrophe, mit leicht verständlicher Anspielung auf den Namen Hamburg, also lautete:

Drum, Brüder, laßt das Trauern
Und laßt das tiefe Weh’ –
Wir Alle helfen mauern
An uns’rer Burg der See.

Leider war es Schneckenburg nicht mehr vergönnt, den Triumphzug mitanzusehen, welchen sein einfaches, aber markiges Lied durch die deutschen Gauen und hinüber über den Rhein nehmen sollte; er durfte es nicht mehr erleben, wie lang verlorene, nie verschmerzte Länder unter den mannhaften Klängen seines Liedes von den deutschen Heeren dem deutschen Volke wiedererobert wurden; aber in ruhiger Sommernacht weht wohl ein Hauch jener Begeisterung, die heute rings durch die deutschen Lande von Haus zu Haus und von Herz zu Herzen einmüthig zieht, auch um das stille, einsame Grab auf dem Burgdorfer Friedhof, goldene Sterne grüßen leuchtend hinab zu dem stummen Schläfer, und aus der Ferne über das Feld herüber hallen verklingend die Worte:

„Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein …“




Schlachtenbummler. Aus dem Schluß des in unserer letzten Nummer abgebrochenen Corvin’schen Briefes, dessen Inhalt inzwischen durch die beiden anderen neueren, heute zum Abdruck gekommenen Schlachtenberichte überholt und darum von uns im Interesse unserer Leser zurückgelegt worden ist, theilen wir folgende bemerkenswerthe Stelle mit:

„Als ich am Tage nach der Schlacht von Rezonville und Gravelotte das Schlachtfeld und die umliegenden Dörfer betrat, wimmelte es in den letzteren noch von Soldaten und Wagen, und fast in jedem Hause sah man die Johanniterfahne; allein Johanniter und Malteser sah man nicht. Diese Herren sitzen lieber in Pont à Mousson im Gasthof de la croix blanche – so lange nämlich das Hauptquartier dort ist – und machen lieber den Raum enge, denn viele unter ihnen haben sich ein Bäuchlein angemästet wie der Doctor Luther. Ich sah dort einen Grafen in Landwehruniform, der sich zu den Johannitern hielt, wie drei gewöhnliche Menschen aß und trank und für vier sich breit machte. Diese exclusiven Herren schienen eins der öffentlichen Gastzimmer als ihr eigenes zu betrachten. Trat ein Fremder ein, so machten sie vornehin ablehnende Gesichter, so daß sich wirklich die meisten abschrecken ließen. Ich nicht; im Gegentheil, mir gewährt es stets großes Gaudium, das Gebahren solcher adeliger Herren zu beobachten. Drei Viertel dieser Johanniter und Malteser hätten ruhig zu Hause bleiben können. Die Herren sind nur im Wege. Einzelne geben sich unendliche Mühe zu nützen, und es gelingt auch manchem, Menschen in knotenmäßig aussehender Ausstaffirung mit Höflichkeit zu behandeln. Aber diese Herren gehören an die Front mit ihrer Hülfe und ihren verschiedenen Corps von Krankenpflegern und Doctoren, dic alle guten Willen haben, aber der Anführung bedürfen. Glauben Sie mir, Sie haben gar keine Ahnung davon, wie schlecht die Verwundeten daran sind, und eine große Menge sterben nur, weil sie in den ersten Stunden keine Erfrischung haben. Sie liegen in den elendesten, dumpfesten Bauernbaracken, und die Aerzte haben oft kaum Wasser genug, ihre lechzenden Lippen zu erfrischen. Dahin gehören auch die ungeheuren Vorräthe aller Art, welche man aus Deutschland sendet, nicht zehn Meilen vom Schlachtfelde in die Lazarethe, denn dort in der Front sind die schwer Verwundeten, die man eben nicht transportiren kann.

Französische Gesellschaften dieser Art – eine sah ich von Rezonville nach Amanvillers – hatten große und bequeme Zelte. In solchen liegen schwer Verwundete weit besser als in den stinkenden Bauernstuben. Ich habe bei all den verschiedenen Krankenpflegergesellschaften unsererseits auch nicht ein einziges solches Zelt gesehen, und die sehr ökonomische preußische Regierung vermeidet solchen Aufwand. Ueberhaupt muß ich gestehen, daß das ganze Sanitäts- und Verpflegungswesen der Armee noch auf seinen Messias harrt. Wenn man diese Einrichtungen in Nordamerika gesehen hat, so ärgert man sich über die Vernachlässigung der gesunden wie kranken Soldaten. Freilich hatte man in Amerika keine Johanniter und keine Krankenpflegercorps, und auf dem Schlachtfelde selbst litten die Verwundeten viel mehr Vernachlässigung als hier; allein sobald man sie einmal hatte, wurden sie reichlich und trefflich verpflegt, und die Sanitary Commission sandte überall hin reichliche Quantitäten von nothwendigen und angenehmen Dingen. Ich denke, für Soldaten, welche sich mit solchem Heldenmuthe schlagen und welche so Uebermenschliches leisten, könnte der Staat immer ein paar Millionen übrig haben.“




Nachricht an eine deutsche Frau. Es war in Remilly am 17. August. Nach langweiliger Fahrt kamen wir, die Mitglieder einer Sanitätsexpedition aus Heidelberg, auf unserer Bestimmungsreise „gegen Metz“ dort an und mußten, da die Bahn nicht frei war, einen ganzen Morgen dort liegen bleiben. Wir waren hungrig und sahen uns lange vergeblich um, ob für Geld und gute Worte in dem verlassenen Dorfe ein Imbiß aufzutreiben sei. Da entdeckte einer der Unsrigen in dem früheren Bahnwärterhäuschen unfern der Station ein Lebensmittel-Depôt der Johanniter, das zwar nach Aussage nur für Verwundete und „Officiere“ bestimmt war, aus welchem an jenem Morgen jedoch auch so mancher Soldat erquickt wurde. Gleiches können wir auch von uns sagen. Eine dort Hülfe leistende Krankenpflegerin, ein munteres wackeres Mädchen aus dem Hessischen, sorgte für Brod und schnitt uns einige delicate Stücke Schinken dazu ab.

„Ist das nicht ein prachtvoller Schinken?“ sagte sie. „Und sehen Sie doch, welch rührenden Begleitbrief er hatte!“

Es war ein Zettel daran gebunden, auf dem die Worte standen:

„Ich habe mich so sehr auf diesen Schinken gefreut; nun gebe ich ihn gerne und wünsche, daß mancher deutsche Mann sich daran erlaben möge!“

Dieser deutschen Frau, die den Schinken mit so herzlichen Worten gespendet, und die sich ganz gewiß im Bereiche der Leser der Gartenlaube befindet, sendet Schreiber diesen freundlichen Gruß mit der Versicherung, daß ihr Wunsch in Erfüllung gegangen, und daß an jenem Morgen viele, sehr viele verwundete und unverwundete deutsche Männer (denn der Schinken war riesig groß!) an diesem Leckerbissen nach so vielen Entbehrungen und Strapazen sich wahrhaft gelabt und erquickt haben!

F. W.


Künstliche Augen. Wir erhalten aus Hamburg, dd. 4. Sept. folgende Zuschrift: „Löbliche Redaction! In diesem Kriege kommt es bestimmt auch vor, daß deutsche Soldaten ein Auge verlieren. Unterzeichneter, Fabrikant von künstlichen Glasaugen, erklärt sich bereit, fünfzig Stück derartige Augen an unbemittelte Vaterlandsvertheidiger gratis verabfolgen zu lassen, wenn ihm durch die Herren Lazareth- oder Privatärzte eine nähere Beschreibung der einzelnen Fälle zugeht. Löbliche Redaction wird freundlichst ersucht, dies durch Aufnahme in Ihr vielgelesenes Blatt zur allgemeinen Kenntniß der verwundeten und leidenden deutschen Krieger zu bringen; dem Unterzeichneten wird es die größte Genugthuung sein, wenn er sich in seinem Berufe dem Vaterlande und den tapferen Kriegern nützlich und dankbar zeigen kann. Mit Hochachtung Paul Greiner, Fabrikant künstlicher Augen. Katharinenstraße 25.“



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