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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


Die Verbindung der Armee mit der Heimath wird, anstatt den militärischen Geist zu schädigen, denselben im Gegentheil beleben, den Muth, die Pflichttreue stärken; jeder einzelne Mann wird im Fortleben mit seiner Familie auf brieflichem Wege von dem Bestreben erfüllt werden, sich auszuzeichnen, er wird, durch seine Kraft und strengste Pflichterfüllung, einen Zustand des Friedens herbeizuführen bestrebt sein, welcher ihm und den Seinigen den Segen friedlicher Arbeit, Wohlfahrt, Gedeihen und Glück dem ganzen Vaterlande verheißt. Und wird nicht der Gefahr der Verwilderung, welche jeder Krieg in gewissem Sinne mit sich bringt, durch die beständige Verbindung mit dem Hause ein moralisches Gegengewicht entgegengesetzt?


Das ausgebrannte Schloß Meudon, im Februar 1871.
Nach der Natur aufgenommen von unserem Feldmaler F. W. Heine.


Von solchen Gesichtspunkten aus ist dem brieflichen Verkehr in diesem Feldzuge aller nur mögliche Vorschub geleistet worden. Jeder Soldat kann so viel und so oft schreiben, als er will, jeder Brief von ihm und an ihn geht nicht nur frei, es wird ihm auch noch die Postkarte zum Schreiben geliefert, jeder Brief endlich von ihm oder an ihn wird mit nicht geringerer Sorgfalt behandelt, als ein Brief an seinen commandirenden General. Jede Division hat ihre Post und jeden Tag kann der Soldat vom Hause seinen Brief haben.

Welche riesenhafte Verhältnisse hat aber auch der Postverkehr in diesem Feldzuge angenommen! Bekannt ist die Veröffentlichung des Generalpostmeisters Stephan, eine Statistik des vom 16. Juli bis 31. December stattgehabten Feldpostverkehrs. Nach derselben sind von der Heimath in das Feld und von da in die Heimath an Briefen, Zeitungen Dienst- oder Privatgeldern Dienst- oder Privatpaketen täglich an vierhundertfünfzigtausend Stück hin- und hergegangen. Welche enorme Ziffer.

„Eigenthümliche Menschen, Ihre Landsleute,“ sagte mir einst ein Franzose, „wenn sie nicht kämpfen oder marschiren, so putzen sie, und wenn sie nicht putzen, so essen sie, wenn sie mit dem Essen fertig, so schreiben sie; letzteres am meisten, und Jeder kann auch schreiben! Das ist komisch!“

Der Franzmann hatte Recht. Ich habe unsere Soldaten überall schreiben sehen, vor und nach den Schlachten, bei Sonnenschein und bei Wind und Sturm, im Quartier wie auf der Feldwache, hinter Hecken und in Gräben; der Tornister muß als Unterlage dienen, und dann geht es flink fort auf dem Papier, wie etwa: „Wir hatten eine Schlacht, ich war mitten drin, unsere Compagnie verlor so und so viel, ich bin aber gesund geblieben; schickt mir Tabak, auch einige Thaler können nicht schaden; im Uebrigen grüßt Euch von ganzem Herzen Euer lieber Sohn.“

Wie bereits bemerkt, hat jede Division ihre eigne Post, zwei oder drei große grau angestrichene Postwagen, welche die Sendungen aus oder in die Heimath und zugleich alle Bureau-Utensilien enthalten, diese Wagen werden von den Postillonen gefahren und von den Postschaffnern begleitet, erstere wie letztere sind aus dem heimathlichen Postdienst genommen und keine Soldaten. Während der Märsche fahren sie mit der Division, der Postmeister mit dem Secretär in einem eigenen Wagen voraus. Außerdem hat jedes Obercommando seine eigene Post; dieselbe wird zum Unterschiede von Divisionsfeldposten Armeepost genannt. Oft kommt es vor,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_197.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)