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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


doch auch leicht zu öffnenden und leicht wieder zu schließenden Büchsen verwahrt sein, und jeder Reisende könnte es dann bei sich führen. Welche Wohlthat das aber besonders im Winter wäre, wo man in den verschiedenen Eisenbahnstationen das Bedürfniß nach einer Tasse Bouillon fühlt, und dort nur mit heißem Wasser, auf dem ein paar Fettflecke herumschwimmen, erquickt wird, ist kaum zu sagen.

Wer selber praktisch ist, kann sich das nun allerdings auch selber wohl zum Gebrauch herstellen, aber die Wenigsten geben sich dazu die Mühe, und die Industrie sollte sich deshalb – und gewiß mit gutem Erfolg – der Sache bemächtigen.

Ein anderer Gegenstand ist der erbärmliche Kaffee, den man nur zu häufig auf den Bahnhöfen bekommt. Bisher war man nun auf Reisen Morgens um vier oder fünf Uhr verschlafenen Kellnern mit ungekämmten Locken rettungslos preisgegeben und mußte – wenn man an Kaffee früh gewöhnt war – einen dünnen Aufguß mit zweieinhalb oder fünf Groschen bezahlen – aber auch darin haben wir eine Hülfe gefunden, und zwar hauptsächlich durch den letzten Krieg, der, neben der Erbswurst, auch eine Masse anderer Dinge in’s Leben rief, wo Ersparniß an Raum und Gewicht wesentlich wurde.

Das Kaffee-Extract von Friedr. Nienhaus in Düsseldorf läßt da kaum etwas zu wünschen übrig, besonders das praktisch in kleinen, wie Schnapsflaschen geformten Blechbüchsen versandte, die durch einen einfachen Kork fest und luftdicht verschlossen sind.

Mit einem zweckmäßig hergestellten Flacon Fleischextract und einer solchen Blechbüchse voll Kaffee-Extract kann man allen Schrecken von Bouillon und Kaffee in den verschiedenen Bahnhofs-Restaurationen trotzen, und wenn das Reisen dadurch nicht bequemer werden sollte, wird es doch erträglicher.

Jäger besonders aber, denn die heiße Herbstsuche hat wieder begonnen, mache ich auf das mit Arrak versetzte Kaffee-Extract, das ich selber erprobt, aufmerksam. Wassertrinken auf der Hühnersuche ist, wo wir von ansteckenden Krankheiten bedroht werden, gefährlich, Wein kann man nicht mitführen, er nimmt zu viel Raum ein und wird warm, Branntwein allein stillt wohl den Durst für den Augenblick, aber erschlafft die Sehnen – ein Schluck dieses Kaffee-Extracts mit Arrak aber löscht nicht allein den Durst, sondern erquickt und kräftigt auch, und Mancher wird mir diesen Fingerzeig danken.

Friedrich Gerstäcker.


Nach neunzehn Jahren! Wir haben in Nr. 45 der Gartenlaube des vorigen Jahrs eine, wie wir selbst gestanden, gewagte Nachfrage nach einem seit 1853 Vermißten veröffentlicht und werden nun dennoch mit einer Nachricht über ihn überrascht, die einen denkwürdigen Theil seines amerikanischen Lebens schildert und genaue Spuren zur Weiterforschung nach ihm angiebt. Es ist dies der ehemalige Kaufmann und Chemiker Andreas Adam aus Pappenheim, dessen beklagenswerthe Gattin als Wittwe gilt, obwohl in ihrem Herzen der Glaube an den Tod ihres Mannes noch nicht hat Herr werden können. Die arme „Wittwe“ hat ihren einzigen Sohn und mit ihm ihre einzige Stütze zum Soldaten gegen Frankreich hergeben müssen, und wir wissen nicht, ob die bittere Klage über ihre Verlassenheit von aller Welt seitdem durch des Staats und edler Vaterlandsfreunde Hülfe gelindert worden ist. Umsomehr freut es uns, der tapferen Hoffnung ihres treuen Herzens mit unserer Nachricht zu Hülfe kommen zu können.

Herr Andreas Adam trat beim Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs in das Heer der Union ein. Ein deutscher Landsmann, Philipp Gries aus Mannheim, der sich in das achte New-Yorker Regiment (Blenker’s Jäger) hatte einreihen lassen und dann in Müller’s Camp bei Washington der vierten Compagnie, welche Gustav Struve bis nach der zweiten Schlacht von Bull Run als Hauptmann commandirte, zugetheilt worden war, fand in diesem Camp auch den damals von ihm auf fünfzig bis zweiundfünfzig Jahre geschätzten A. Adam. „Derselbe,“ so schreibt er, „trug langes Kopfhaar sowie einen vollen Bart, beides offenbar früher schwarz, jetzt aber stark mit grau untermischt. Er hatte ein ausdrucksvolles Gesicht, große schöne Augen, eine etwas lange spitze Nase, seine Sprache war kräftig und verrieth im Dialekt seine bairische Abstammung. Später bezeichnete er mir auch Nürnberg als seine Heimath. Adam war immer still und schloß sich dem lustigen Treiben der übrigen Cameraden höchst selten an. Sein größtes Vergnügen bestand darin, in freier Zeit in der Natur herumzuwandeln, Gebirge, Thäler, Schluchten und Wälder zu durchstreifen, um fremde Pflanzen sowie seltene Steine zu suchen und die so vielerlei Holzarten der virginischen Wälder kennen zu lernen. Namentlich erfreuten ihn die Wurzeln des wilden Lorbeerstrauchs, aus denen er Pfeifenköpfe mit prächtigen Holzschnitzereien herstellte; auch viele kunstreiche Spazierstöcke bekamen wir von ihm. Ich begleitete ihn oft auf seinen Ausflügen und er theilte mir dann Manches aus seiner Nürnberger Heimath mit, das auf eine sehr glücklich verlebte Jugendzeit hindeutete. Einen Kummer schien er übrigens im Herzen zu tragen, denn er konnte ganz plötzlich von der freundlichsten Stimmung in ein stilles Hinstarren versetzt werden; sonderbarer Weise hat er mir, seinem sonst intimsten Freund, gegenüber nie etwas von Pappenheim erwähnt.“

Adam erfreute sich, trotz der harten, oft unerträglichen Strapazen des Feldzugs, stets der besten Gesundheit und ging aus allen Gefechten des achten Regiments unversehrt hervor. Auf einem der letzten Märsche desselben, gegen Gainsville und Aldie, gerieth er in Gefangenschaft der Rebellencavallerie, ward aber bald ausgewechselt und ging zu seiner Erholung nach Annapolis. Zum Regiment kam er nicht wieder, da die Mannschaft bald darauf ausgemustert wurde. Aber im Mai 1863 muß er unbedingt nach New-York gekommen sein. Ob er nun dort sich angesiedelt, oder ob er, was wahrscheinlicher ist, den von ihm sehr unterstützten Plan einer gemeinsamen Ansiedelung im fernen Westen mit ausgeführt hat, darüber sind in New-York selbst die genauesten Nachrichten sicherlich zu erfahren.

Es pflegen nämlich viele Mitglieder des achten Regiments, kurzweg die Achter genannt, die jetzt in New-York, Hoboken, Brooklyn oder Williamsburg wohnen, sich häufig sowohl in Menzel’s Hôtel (jetziger Eigenthümer Herr Fritz Brickbauer, Nr. 29 Bowery, corner of Bayard street and Bowery) als in dem daneben liegenden Hübner’schen Lagerbiersalon, Nr. 27 Bowery, zusammen zu finden. Diese Männer werden, ohne daß wir sie bei ihren Namen auffordern, gern das Liebeswerk auf sich nehmen, wenn irgend noch möglich, Andreas Adam zur Heimkehr zu den Seinen, seiner Gattin, seinem Sohn und seiner Tochter, zu bewegen. Zu befürchten hat er sicherlich im heutigen Deutschland nichts mehr für seine Vergangenheit, denn sein Verbrechen war schwerlich ein anderes, als das, welches unter Bismarck’s Vorführung die Könige von Preußen und Baiern sammt allen übrigen deutschen Fürsten jetzt zur Vollendung gebracht haben: die Herstellung eines einigen deutschen Reichs! Im Jahr 48 wollte dies das deutsche Volk gegen den Willen der Fürsten, im Jahr 71 die deutschen Fürsten mit dem Willen des Volks. Warum soll ein Achtundvierziger jetzt nicht in Frieden heimkehren können, um nach verkümmertem und verstürmtem Mittag den Abend des Lebens mit den Seinen zu genießen?


Der erste Gang zum Enkel. (Mit Illustration S. 629.) Der Norweger A. Tidemann, der Familienmaler seines Volks, der sich unserer Düsseldorfer Schule angeschlossen hat, führt in der Illustration, welche wir heute den Lesern der Gartenlaube mittheilen, uns in die Wohnstube eines Bauernhauses seiner Heimath und zu einem stillen Familienfeste. Die Großeltern statten dem Enkelkinde ihren ersten Besuch ab. Da bilden vier Glückliche den Kranz um das kleine Wesen, das von dem Allen nichts begreift, sondern dessen höchste Leistung im Spiel mit den eigenen Händchen besteht, die ihm selbst noch als etwas außer ihm Befindliches vorkommen. O die Großmutter! so sind sie denn in Norwegen und Schweden gerade wie bei uns: in ihren Armen muß der Enkel zuerst und am längsten ruhen, und was sinnt die so selig lächelnde Alte? Sie prüft offenbar, wem das Kindchen ähnlicher sehe, ob ihrer Tochter oder ihrem Tochtermanne. Und die junge Mutter, wie fromm in ihrem Glück faltet sie die Hände im Schooß, ganz der Lust der Mutterliebe hingegeben! Die Männer, Großvater und Kindsvater, haben’s mit dem Trinken zu thun; aber auch dies geschieht nur dem Feste zur Ehre und gehört somit zur Sache. Ob wir auch den kleinen Löffelgardisten bei der Thür mit zur Familie zu zählen haben? Jedenfalls feiert er auch seinerseits tapfer mit, und so stört nichts im Bilde die wohlthuende Wirkung auf ein im Frieden des Hauses das schönste Glück lobendes Gemüth.


Kleiner Briefkasten.

W. Z. in St. Keineswegs. Wir sind vielmehr der Meinung, daß der Wiederabdruck unserer officiellen Kriegsdepeschen nicht oft genug geschehen kann, damit dieser unverfälschbare Wegweiser für die Geschichtschreibung wo möglich in jeder deutschen Hand sei. Welche Fülle von Erinnerungen erweckt schon das Durchblättern dieser Depeschen in Jedem, der die große Zeit mit offenem Auge und Herzen durchlebt hat! Und doch, wie Wenige haben in jener Zeit daran gedacht, die fast täglich gedruckten Depeschen-Bogen und -Zettelchen zu sammeln! Jetzt regt sich das Bedürfniß darnach, und es ist ganz vernünftig, daß die Speculation es befriedigt. War doch beim Einzuge in Berlin die Depeschenreihe an den Siegessäulen ein Hauptschmuck derselben! Ebenso war ein sehr passendes Angebinde für die heimgekehrten Sieger die ihnen verehrte Sammlung der „Telegraphischen Kriegsbotschaften aus den deutschen Hauptquartieren“. Gleiches Verdienst hat der von G. Reusche in Leipzig veranstaltete genaue Abdruck der an den Straßenecken Leipzigs veröffentlichten „Officiellen Depeschen aus dem deutsch-französischen Kriege 1870–1871“. Form und Farbe dieser Placate wirkt sicherlich mit auf die Erinnerung ein, und daß der Herausgeber auch die Zeit der Ankunft der Depeschen in Leipzig genau mit angab, verleiht denselben einen Werth mehr für den Leipziger, der selbst bis zur Stunde und Minute genau in die Aufregungen jener Tage sich zurückversetzen kann. Wie gesagt, wir sehen solche Sammlungen gern in Jedermanns Hand und möchten dabei noch auf eine zweite und zwar illustrirte Prachtausgabe der Depeschen (A. Dürr, Leipzig) aufmerksam machen, deren Preis selbstverständlich mehr für wohlhabende Käufer berechnet ist.

Abonnent H. in Löbau. Nach brieflichen und mündlichen Mittheilungen in Folge unserer Nachfragen in Berlin sind die Angelegenheiten des „Oelfarbendruck-Gemälde-Vereins Borussia“ längst vollständig geordnet. Betheiligte, welche davon noch nicht durch das „Bureau“ selbst unterrichtet worden sind, werden gut thun, sich an die Adresse der „Borussia“ direct zu wenden.

Gartenlaube-Freund in Alzey. Sehr einfach. Wir haben dem Herrn Professor R. in D. eine oder mehrere seiner langweiligen Novellen zurückgesandt, und dafür rächt sich der gute Mann nun in seinen übrigens ganz unschädlichen Angriffen auf unser Blatt.

Te. in Bonn. Ihrem Wunsche nach einem Beitrage von Gottfried Kinkel werden wir schon in den nächsten vierzehn Tagen nachkommen. Das neue Quartal beginnt mit einer überaus reizenden Erzählung des gefeierten Dichters.


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das dritte Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, die Bestellungen auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Verlagshandlung.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 640. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_640.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)