Seite:Die Gartenlaube (1871) 808.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


Eine Reiterstatue des deutschen Kaisers. (Mit Abbildung.) Es liegt in der Natur des Menschen, für alle Ideen, welche neu und überwältigend zugleich in den Kreis seiner Auschauungen treten, sich auch nach einem äußerlichen bildlichen Symbol umzusehen, und die unmittelbare Gegenwart beweist uns fortwährend, daß sich dazu für Viele am leichtesten und wie von selbst die Gestalten eben der Männer bieten, welche zu jenen Ideen den schöpferischen Anstoß gegeben oder unter deren Augen sich die großen, eben jene Ideen manifestirenden Ereignisse vollzogen haben. Zu einem solchen Symbol ist für Viele gegenwärtig auch die Gestalt des Königs von Preußen geworden, seitdem das Geschick auf sein Haupt die ehrenvolle Aufgabe gelegt hat, fortan als Kaiser von Deutschland auch äußerlich die Würde und die Einheit zu repräsentiren, welche beide der große Preis unserer letzten Kämpfe waren. Das Porträt Kaiser Wilhelm’s ist schon in zahllosen künstlerischen und unkünstlerischen Abbildungen verbreitet. Im Augenblick lenkt eine trefflich gelungene Reiterstatue desselben die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, die aus einem Berliner Atelier hervorgegangen und bereits von Sachverständigen, wie zuerst von L. Pietsch in der Vossischen Zeitung, dann von Alfred Dove im Neuen Reich u. A., der rühmendsten Besprechung unterzogen worden ist.

Herr Pohlmann, ein jüngerer Bildhauer aus der trefflichen Berliner Schule, die sich von Rauch, dem großen Meister historischer Plastik, her durch Drake vornehmlich fortgepflanzt, hat sich seiner anziehenden Aufgabe mit Begeisterung unterzogen, und sie, wie unsere Leser aus dem in unserer heutigen Nummer enthaltenen Holzschnitt erkennen, mit gediegenem Fleiße durchgeführt. Pohlmann ist bereits in Berlin durch Arbeiten der letzten Jahre, wie die allegorischen Darstellungen der Borussia und der Germania auf dem neuen Münzgebäude, die Portraitbüsten des Sängers Niemann und andere mehr, rühmlich bekannt geworden. Für die Vollendung der Kaiserstatuette haben sich Vogel von Falckenstein und Wrangel besonders interessirt, die Kaiserin hat sie mit Beifall begrüßt und ihren Gemahl zu seinem Geburtstage mit einem Abguß beschenkt. Der Künstler hat sein Werk zunächst in mäßiger Größe ausgeführt (zwei Fuß neun Zoll mit Postament), um die Anschaffung in Bronze- oder bronzirtem Zinkgusse Privaten wie Corporationen möglich zu machen; ja selbst eine Ausführung in größerem Maßstabe dürfte nicht ausgeschlossen sein, vielmehr scheint die Statue gerade hierzu in stimmungsvoller Weise geeignet. Kaiser Wilhelm reitet auf muthig ausgreifendem Rosse – eins der Leibpferde des Marstalls hat zum Muster gedient – in voller Uniform eines preußischen Generals der Infanterie, darüber den prächtigen Kaisermantel, in der Rechten den Commandostab. Die Vorderfläche des Postaments zeigt die bewehrte Germania, die feindliche Schlange mit Speer und Fuß bewältigend. An den Seitenflächen ist rechts die Krönung Borussia’s durch Genien des Sieges und des Friedens, links die Wiedergewinnung von Elsaß und Lothringen dargestellt: mit Schwert und Schild schirmt Germania die ihr zu Füßen sitzenden Töchter gegen künftige Gewalt. Die Rückfläche trägt Namen und Daten der Hauptschlachten des großen Krieges. Am umlaufenden Fries sind die Wappen der Mitstreiter, der zweiundzwanzig deutschen Fürsten und der drei freien Städte angebracht, vorn prangt das große Reichswappen. Die abgeschrägten Ecken tragen in der Frieslinie das eiserne Kreuz, darunter sind Palmen- und Lorbeerzweige aufgerichtet. Im Uebrigen spricht das Kunstwerk, von dem wir leider nur eine Ansicht wiedergeben konnten, für sich selbst.


Druck- und Sinnfehler. In einem frühern Jahrgange der Gartenlaube wurde ein merkwürdiger, stereotyper sinnentstellender Druckfehler berichtigt, indem es in einem Platen’schen Gedichte statt „Pleiße“ lauten muß: „Plesse“ (alte Burgruine und Vergnügungsort bei Göttingen). Einen ähnlichen Fall erlaubt sich Einsender allen Interessenten der Franz Schubert’schen Muse (und deren ist Gottlob Legion) mitzutheilen. Op. 93 dieses Liedersängers (Heft 55 bei Holle) enthält zwei Gedichte, componirt aus dem „Poetischen Tagebuch“ von Ernst Schulze: „Im Walde“ und „Auf der Brücke“. Nun lautet aber, wie sich Jeder überzeugen kann, die letztere Ueberschrift im Schulze’schen Original nicht „Brücke“, sondern „Bruck“ (bekannter Aussichtspunkt in waldig-bergiger Umgebung nicht sehr weit von Göttingen nach Osten zu). Sollte der österreichische Ausdruck für Brücke (vergleiche. „Er ließ schlagen einen Brucken“) durch eine komische Verwechselung im Kopfe des Noten-Verlegers oder gar unseres Schubert selbst zu diesem allgemeinen Druckfehler Veranlassung gegeben haben?

Q.

Silber. Als König Wilhelm den verflossenen Finanzminister v. d. Heydt fragte, wodurch sich eigentlich ein so bedeutendes Deficit im Staatshaushalte herausgestellt habe, antwortete derselbe: „Majestät, das liegt am Silber!

Da kommt der Selchow (Landwirthschaftsminister),
Da kommt der Itzenplitz (Handelsminister),
Da kommt der Leonhardt (Justizminister),
Da kommt der Bismarck,
Da kommt der Eulenburg,
Da kommt der Roon –

und Jeder will Geld von mir haben!“



Kleiner Briefkasten.

L. in Frb. Da Ihnen die übrigen Ausgaben der Schiller’- und Goethe’schen Werke bereits bekannt sind, so können wir Sie nur noch auf die ganz neuerdings bei Prochaska in Teschen in zehn Bänden erschienene und mit zehn prachtvollen Photographien geschmückte verweisen, die, sehr geschmackvoll gebunden, so viel wir erfahren, nur neun Thaler kostet. Es ist diese Ausgabe übrigens die erste in lateinischer Schrift gedruckte. – Als wirklich illustrirte Ausgabe der Goethe’schen Werke können wir nur die bei Grote in Berlin erschienene bezeichnen, sie ist reich mit guten Abbildungen von den besten deutschen Künstlern wie P. Thumann, P. Meyerheim, E. Bosch, Piloty etc. geschmückt und in ihrer sonstigen Ausstattung eine durchaus anständige. Der Preis von sechs Thaler ist ein sehr billiger.

K. in Fck. Marlitt’s „Haideprinzeßchen“ beginnt bereits im dritten Quartal und zwar in Nr. 31. Exemplare des dritten Quartals sind noch vorhanden.



Für unsere abgebrannten Landsleute in Chicago

gingen ferner ein: „Frohsinn“ in Königssee 4 Thlr. 13 Ngr.; Bertha S. in Herischdorf 1 Thlr.; Rechtsanwalt Hientzsch in Magdeburg 1 Thlr.; R. Geibel in Pirna 1 Thlr.; S. W., H. W. und C. H. in Hohen-Sprenk 3 Thlr.; L. P. 1 Thlr.; Schlagzeug-Capelle des Café Orlopp in Gera 7 Thlr.; C. B. Stuer 15 Ngr.; Binswanger u. C. in Augsburg 2 Thlr.; höhere Töchterschule in Militsch 6 Thlr.; „Bildungsverein“ in Lichtenberg 6 Thlr. 20 Ngr.; Kreisger.-Rath Knorr in Lützen 2 Thlr.; Anna und Helene Str. 2 Thlr.; „Schiller-Verein“ in Mitweida 8 Thlr. 15 Ngr.; H M. in Breslau 5 Thlr.; Frau Aulich 2 Thlr. und Buchhalter Baartsch in Friedrichsdorf 15 Ngr.; Adler in Vevey 1 Thlr. 9 Ngr. 3 Pf.; aus Wesel 5 Thlr.; ein oft unterstützter aber dankbarer Landwehrmann 2 Thlr. („So viele Sonntage,“ heißt es im Briefe, „werde ich nicht ausgehen, bis ich dieselben wieder erspart habe, es gehören zwölf dazu.“); J. Renner in Grünhain 1 Thlr. 4 Ngr 2 Pf.; J. B. in Holzminden 2 Thlr.; L. Gey in Döben 2 Thlr.; Dr. Mirus jun. in Leisnig 20 Thlr.; J. Kauffmann in Melsungen 2 Thlr.; aus dem Kränzchen des Gesangvereins „Orpheus“ in Siegen 12 Thlr.; Richard und Otto Dix in Gera 2 Thlr.; Familie B. A. in Leisnig 5 Thlr.; P. P. 1 Thlr.; aus Gera mit Gedicht 1 Thlr. 15 Ngr.; Beck in Witoldowo 1 Thlr.; Gymnas. Schneider in Zwickau 2 Thlr.; Pastor Krecke in Augustdorf 1 Thlr.; Leppelmeyer 1 Thlr.; C. Fiedler jun. 3 Thlr.; C. Ritzhaupt 5 Thlr.; Pauline Meißner 1 Thlr.; vom Stellwagentisch im neuen Gesellschaftshaus in Regensburg 10 Thlr.; J. K. in L. 2 fl.; aus der Sparbüchse von Joseph, Fritz und Ludwig 3 fl.; Karl Brandik 25 Thlr.; Ertrag eines von der „Liedertafel“ und dem „Liederkranze“ in Bückeburg veranstalteten Concerts 132 Thlr. 5 Ngr. 3 Pf.; von Mitgliedern des „Neustädter Chorgesangvereins“ in Dresden 47 Thlr.; bei einem Preisschweinessen in Dresden 3 Thlr.; Erlös einer von den Damen Gutheil, Koppen, Hartmann, Hildebrandt und Gromwald in Rinteln veranstalteten Verloosung 31 Thlr. 8½ Ngr.; Turnverein in Kahla 6 Thlr.

Ernst Keil.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 808. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_808.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)