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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Krebs, bildete ein Mittelding zwischen den Krebsen und Fischen.

In der Primärzeit begann die Reihe der durch Lungen athmenden Vorfahren des Menschen durch Anpassung an das Landleben und Umbildung der Schwimmblase zu einer Lunge. Als Lurchfische (den heutigen Molchfischen ähnlich) traten sie hier zuerst auf und machten den Uebergang zu den Lurchen oder Amphibien. Unsere ältesten Vorfahren aus der Amphibienclasse sind die Kiemenlurche (Proteus), bei welchen sich die rudernden Fischflossen zu fünfzehigen Beinen ausbildeten. Sie behielten neben den Lungen noch zeitlebens Kiemen. Die Nachkommen dieser Lurche waren die Schwanzlurche, welche den heutigen Salamandern und Wassermolchen ähnlich waren, die Kiemen verloren und den Schwanz behielten.

3) Die Secundärzeit, das Zeitalter der Reptilien und Nadelwälder (mesolithisches oder mesozoisches Zeitalter), mit drei Schichtsystemen und gegen fünfzehntausend Fuß dick, bestehend:

aus dem Trias-System oder der Steinsalzgruppe (ältere Secundärzeit) mit buntem Sandstein (einem innigen Gemisch feiner kristallinischer Quarzkörner und eisenhaltigen Thons), Muschelkalk mit Steinsalz und Keuper (aus Schichten von Mergeln und Sandsteinen) mit kohlenarmer Lettenkohle;

aus dem Jura-System (mittlere Secundärzeit) oder der Oolithformation (wegen der kugelig-schaligen Form des Kalkes) mit schwarzem Jura- oder Liasschiefer, braunem Jura (mit Eisengehalt) und weißem Jura (mit lithographischem und Korallenkalk);

aus dem Kreide-System (neuere Secundärzeit) aus Kalk- und Sandsteinen, mit Weißkreide, Grünsand, Quadersandstein, Wälderthon, und mit vielen Muschel- und Schneckengehäusen (besonders mit Donnerkeilen oder Belemniten und Ammoniten).

Die Secundärzeit enthält in überwiegender Zahl Reptilien, welche mit den heute noch lebenden Eidechsen, Krokodilen und Schildkröten große Aehnlichkeit hatten. Neben ihnen existirten aber auch noch abenteuerlich gestaltete riesige Amphibien (Meer- und Land-Saurier, Drachen) wie: Labyrinthodonten (Tremato-, Zygo-, Mastodon-, Mosa-, Capito- und Archego-Saurus), welche auf dem Lande lebten und ein Gemisch von Eidechse, Frosch, Krokodil und Schildkröte bildeten. Sie hatten etwa die Größe eines großen Schweines und ihre Fußstapfen (im bunten Sandstein) hatten große Aehnlichkeit mit dem Eindrucke einer Menschenhand. Sie hatten einen schlanken Kopf, langen Schwanz und kurze, plumpe Gliedmaßen, ihr Körper war mit feinen hornigen Ziegelschuppen bedeckt und an der Kehle saßen drei große Knochenplatten (Kehlpanzerplatten). – Die Enalio- oder Meer-Saurier, Meereidechsen, waren fischähnliche, etwa fünfzehn bis zwanzig Fuß lange Eidechsen mit großen flossenförmigen Gliedmaßen und nackter Walfischhaut. Von ihnen gab es mehrere Arten, wie Ichthyosaurier (Fischeidechsen) mit großem delphinähnlichen Kopfe, kurzem Halse, kurzen und breiten Flossen; Plesiosaurier (Nachbareidechsen) mit schmalem kleinem krokodilähnlichem Kopfe, langem Halse, langen und schmalen Flossen; Halidrakonen, Halisaurier (Seedrachen), mit kleinem Kopfe, großen Fangzähnen, langem Halse, Schwanze und Flossen, kurzem Rumpfe. (Aus dem versteinerten buntgefleckten Kothe, Koprolithen, der Meersaurier werden jetzt Schmucksachen gefertigt.) Die Dinosaurier waren riesenhafte, bis hundert Fuß lange, plumpe Landeidechsen oder Krokodile mit Klumpfüßen. – Die Pterodactylen oder Flugsaurier (Lufteidechsen) waren fledermausartige Thiere, nackte fliegende Eidechsen, aber nicht viel größer als unsere Fledermäuse. – Am Ende dieser Periode entstanden die ersten Vögel und zwar, wie der in Jura gefundene Abdruck eines fossilen Vogels mit Eidechsenschwanze (Archaeopteryx macrurus) bestätigt, aus den Eidechsen. – Auch Säugethiere fanden sich ein, nämlich: Uramnioten (zwischen Schwanzlurchen und Stammsäugern), Stammsäuger (jetzt Schnabelthiere) und Beutelthiere (jetzt Beutelratten). – Von Pflanzen bildeten vorzugsweise Nadelhölzer (Coniferen) und Palmfarne (Cycadeen) die Wälder, während die farnartigen Pflanzen zurücktraten.

In der Secundärzeit traten die menschlichen Vorfahren in die höhere Wirbelthierclasse (in die Amnionthiere) ein und zwar zunächst in die Uramnioten, durch gänzlichen Verlust der Kiemen und Bildung des Amnion. Ihnen folgten die den Säugethieren angehörigen Stammsäuger (Schnabelthiere), welche sich durch die Haare und Milchdrüsen auszeichneten und in die Beutelthiere (Beutelratten, Opossum, Känguruh), durch Trennung der Cloake in Mastdarm und Urogenitalsinus, übergingen.

4) Die Tertiärzeit, das Zeitalter der Säugethiere und Laubwälder (cänolithisches oder cänozoisches Zeitalter), mit einer Dicke von gegen dreitausend Fuß, aus drei schwer zu trennenden Molasse-Schichten bestehend:

aus dem Eocän- (alttertiären) System mit Gyps, Grobkalk und Londonthon, Braunkohlen, Bernstein, Erdöl und Erdpech;

aus dem Miocän- (mitteltertiären) System mit Braunkohle (d. s. verkohlte Pflanzen und zwar Palmen, Cypressen und Nadelhölzer), Bernstein (Harz dieser Waldbäume), Erdöl und Erdpech (Asphalt), ebenfalls von diesen Bäumen;

aus dem Pliocän- (neutertiären) System, Molassenformation, mit viel Süßwasserkalk und, als Reste von Infusorien, dem Tripel, dem Bergmehl, Kieselguhr und Polirschiefer. Die oberste Gruppe dieser Schicht heißt auch Tegelformation, die unterste subapenninisches Gebilde.

Die Tertiärzeit nähert sich mit ihren Organismen schon der Gegenwart, denn es überwiegen jetzt unter den Wirbelthieren die Säugethiere und unter den Pflanzen die Decksamenpflanzen. Auch fand in dieser Periode schon die körperliche Entwickelung des Urmenschen aus menschenähnlichen Affen statt. – Von den Säugethieren der Tertiärschicht gehören die meisten zur Ordnung der Dickhäuter, wohin auch unser Elephant, Nashorn, Pferd und Schwein gehören. Im Meere herrschten dem Walfische, Pottfische, Delphine und der Seekuh ähnliche Geschöpfe, auch zwei ganz untergegangene, walfischähnliche Thiere, der Ziphius und das Metarytherium. Am häufigsten waren plumpe tapirartige Pflanzenfresser (Paläotherium) mit einem dichtbehaarten Körper und rüsselförmiger Nase, vorn vier und hinten drei Zehen. Das Anoplotherium, ein zweizehiges grasfressendes Hufthier, ist das erste Thier mit einfach gespaltenem Hufe und einem sehr langen Schwanze; es scheint eine pferdeartige Schnauze gehabt und in schlanker (Xiphodon) und plumper Form existirt zu haben. Das Dinotherium, ein walroßähnliches, pflanzenfressendes Seethier von fünfzehn bis zwanzig Fuß Länge, welches auf einem kurzen dicken Halse einen walfischähnlichen Kopf mit zwei nach unten ragenden Stoßzähnen, und einen spindelförmigen Rumpf mit Flossenfüßen hatte. Das Zeuglodon (Hydrarchos, Basilosaurus), früher fälschlich für einen Saurier gehalten, war ein walfischähnliches Säugethier mit einem seehundsähnlichen Kopfe, welches aber nach neueren Forschungen nur einen Halswirbel haben konnte. (Die anderen Wirbel an unserer Abbildung des Zeuglodonskelets sollen von anderen Thieren herrühren.) Das Sivatherium war ein Wiederkäuer von sehr großer, plumper, giraffenähnlicher Gestalt, dessen Kopf dem des Elephanten glich. – Faulthiere von elephantischer Größe waren: das Megatherium, Megalonyx und Mylodon; kleinere Gürtelthiere: das Glyptodon und der Holophorus; das größte Nagethier war das Toxodon und das dem Pferde am meisten ähnliche, das Hippotherium; dem Elephanten ähnlich war das Mastodon (Ohiothier); das Halitherium, ein kräuterfressendes Walthier. Außerdem finden sich jetzt Schlangen, Frösche und Kröten (zum Theil ungeschwänzte). Die Reste eines Riesensalamanders dieser Zeit hielt man für die eines Menschen (des Andreas Scheuchzer’schen Sündfluthmenschen). Es traten ferner auf: Halbaffen (Lori, Maki ähnlich), geschwänzte Schmalnasen (Nasen- und Schlankaffen), Menschenaffen (Gorilla, Schimpanse, Orang, Gibbon) und Affenmenschen. – Von den Pflanzen bilden die fossilen Ueberreste von Cypressen, Palmen und Nadelhölzern die Braunkohlen.

Die Tertiärzeit, welche in ihrer zweiten Hälfte schon menschliche Gestalten, aber mit affenähnlichem Schädel hervorgebracht hat, zeigt die menschlichen Ahnen in ihrer ersten Hälfte noch als Affen und zwar: zuerst als Halbaffen (Lori, Maki), welche die unmittelbare Stammform der echten Affen bilden und aus den Beutelthieren durch Verlust des Beutels und Bildung einer Placenta hervorgingen. Ihnen folgten als echte Affen die geschwänzten Schmalnasen (Nasen- und Schlankaffen), noch mit dichtbehaartem Körper und langem Schwanze; diesen die schwanzlosen Schmalnasen oder Menschenaffen, Anthropoiden (die Stammväter ebenso des Menschen wie des Gorilla, Schimpanse, Orang, Gibbon), mit Verlust des Schwanzes, theilweisem Verlust der Behaarung und überwiegender Entwickelung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)