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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Ein Marschall der Presse.


Max Friedländer.

In der Fülle der Kraft, hinter sich reiche Errungenschaften, deren Erstrebung allein schon ein Leben lebenswerth macht, vor sich weitgesteckte Lebensziele, und mitten in Reichthum und Glück und Macht und Ruhm – Alles selbst geschaffen, selbst errungen – vom Tod ereilt zu werden: das ist ein hartes, ein tieftragisches Ende! Treten wir etwas näher an das Bild eines Lebens, das also schloß.

Max Friedländer, der vielgenannte Redacteur der „Neuen Freien Presse“, wurde am 18. Juni 1829 zu Pleß in Schlesien als Sohn eines wohlhabenden Fabrikanten geboren und legte den tüchtigen Grund zu seiner Wissenschaftlichkeit in der Schulpforta. In Breslau und Heidelberg studirte er die Rechte, promovirte in Berlin und trat in den preußischen Justizdienst. Durch eine Broschüre über den in Eisenach abgehaltenen Studententag von 1848 bewährte er zuerst seinen schriftstellerischen Beruf und dies verschaffte ihm Eingang in die Redaction der „Neuen Oderzeitung“, an welcher Temme, Dr. Julius Stein und Dr. Moritz Elsner – alle Drei Mitglieder der preußischen Nationalversammlung von 1848 – so lange wirkten, bis das Blatt zu Tode gemaßregelt war. Nach dem Eingehen des Blattes schrieb Friedländer ein 1856 erschienenes, heute noch mustergültiges Werk über den „Rechtsschutz gegen Nachdruck und Nachbildung“ – die Frucht seiner juridischen Studien und schriftstellerischen Erfahrungen. Im Sinne dieses Buches hat er sein Lebenlang gewirkt, besonders auf den deutschen Journalistentagen, zu deren Vorsitzendem er wiederholt gewählt wurde.

Durch Geburt und Familienbeziehungen stand er den österreichischen Verhältnissen sehr nahe, und so war er recht eigentlich dazu ausersehen, auf Grundlage tüchtiger preußischer Schulung sich in den österreichischen Verhältnissen zurechtzufinden und sie geistig zu durchdringen. Nachdem er zuerst durch Correspondenzen Fühlung mit der Hauptstadt Oesterreichs gewonnen hatte, kam er 1857 nach Wien; damals war die österreichische Publicistik eine Art Sprechmaschine, welche nur das reden durfte, was die hohe Polizei auf ihre Stifte und Walzen zu legen gestattete, und so führten die politischen Tagesblätter eben eine sehr bescheidene, gänzlich einflußlose Existenz. Dennoch folgte Friedländer dem Rufe an das damals erste Blatt Oesterreichs, Zang’s „Presse“. Als er nach Wien kam, traf er in dem Redactionsbureau der „Presse“ den Schriftsteller Michael

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_467.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)