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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

um vom kaum vernommenen Schalle die Ursache zu ergründen, und siehe – da schlüpft mit blitzesschneller Behendigkeit ein Wieselchen über das katzengoldglimmerige Getrümmer dahin, im niedlichen, aber scharf bewehrten Rachen den Fang, eine Maus, tragend. Trotz der verhältnißmäßig schweren Bürde überspringt die kleine Bestie mit graciösesten Sätzen das zerklüftete Terrain, als wolle sie nimmer damit rasten; plötzlich aber macht das flinke Geschöpfchen an gesicherter Stelle Halt. Hier nun, hingestreckt auf moosigem Pfühle, sein Opfer unter den

Wiesel-Ehepaar beim Frühstück.
Nach der Natur gezeichnet von Guido Hammer.

zierlichen Branken, schickt sich dieses kleinste aller Raubthiere, das aber an Blutdurst und Grausamkeit selbst den Tiger übertreffen dürfte, an, die frische Beute zu verzehren. Jedoch noch ehe das funkeläugige winzige Ungethüm dazu kommt, schlüpft von der andern Seite ein ebenso zwergenhafter Cumpan, jedenfalls des ersteren Galan, herzu, um theilzunehmen am mundrecht vorgelegten fetten Schmause. Wie aber bei allen Besitzenden gerade über dergleichen Gütergemeinschaft höchst abweichende Meinungen bestehen, so auch bei unserm egoistischen Miniatur-Ehegesponse. So hebt denn die fein gegliederte, reizend niedliche Schöne in wahrhaft pantherhafter Grandezza das zierliche Köpfchen, und einen zornsprühenden, giftigen Seitenblick aus dem tief dunkelglänzenden Auge nach dem begehrlichen Gatten schießend, zeigt sie ihm, leise dazu zischend, das nadelscharfe Gebiß, um nöthigenfalls damit ihr gutes Fangrecht nachdrücklich zu vertheidigen. Mit anzuerkennender Galanterie respectirt der zurückgewiesene Gemahl, wenn auch noch so lüstern, diese energische Drohung und hält sich in gemessenen Schranken. Nur sein schlangenhaftes, perlglitzerndes Aeuglein verräth noch die sehnsuchtsvolle Gier nach dem verweigerten Mahle, an dem die hartherzige Auserwählte inzwischen mit leckerer Lust zu schwelgen begonnen.

Da klirrt, durch eine Bewegung unsererseits veranlaßt, nur ganz leicht der Bügel am Gewehrriemen und husch – mit forellenhafter Schnelle ist das Raubgelichter sammt der Beute in die Ritzen eines Steinhegers verschwunden. Wohl bleiben wir noch lange unbeweglich liegen, um zu sehen, ob die wie durch Zauberschlag unsichtbar gewordenen Creaturen sich nicht noch einmal zeigen sollten; aber vergeblich; denn die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_247.JPG&oldid=- (Version vom 27.8.2018)