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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

floh in die Mac-Lode-Berge, etwa fünfundzwanzig Meilen nordwestlich von seiner alten Felsenburg. Dies war der erste wirkliche Sieg seit Beginn dieses Miniaturkrieges, und würdig wurde er Abends im Lager gefeiert, besonders von den rothen Bundesgenossen, welche in den wildesten Tänzen und tollsten Triumphgesängen ihrer freudigen Stimmung Luft machten.

General Davis ordnete jetzt eine Verlegung des Hauptquartiers nach Fairchild’s Rancho, einer etwa zwanzig Meilen von den Lavabetten gelegenen Farm, an und befahl sämmtlichen Abtheilungen unablässige Verfolgung der flüchtigen Rothhäute. Daß sie in den dichtbewaldeten, felsigen Bergen nicht leicht aufzufinden und unschädlich zu machen seien, war vorauszusehen, zumal man sich von Jack und seinen Hauptkriegern noch eines letzten Verzweiflungskampfes zu versehen hatte; außerdem war das Operiren in der sehr wasserarmen und von giftigen Reptilien wimmelnden Wildniß bei der schnell zunehmenden Hitze gerade keine leichte Aufgabe. Hier leisteten die Warm-Springs wieder außerordentlich gute Dienste; mit ihrem unfehlbaren Indianerinstincte und ihrer angeborenen Schlauheit richteten sie unter diesen Verhältnissen mehr aus, als die zehnfache Zahl Regulärer ausgerichtet haben würde. Zunächst fanden sie die Fährte ihrer Feinde bald wieder auf und begannen die wilde Jagd auf’s Neue. Ueber eine Woche lang ging’s über Berg und Thal, durch Steinwüsten und Walddickichte, bei Tag und bei Nacht hinter dem schlauen Wild her, für die Weißen eine äußerst beschwerliche, oft furchtbar ermüdende Strapaze, für ihre rothen Alliirten, wie es schien, ein bloßes Kinderspiel. Wenn auf dem Kriegspfade, kennt der Indianer kaum mehr die gewöhnlichen Bedürfnisse des Lebens. Hunger und Durst achtet er nicht; Ermüdung kennt er nicht; nur Ein Gedanke beseelt ihn und treibt ihn unaufhaltsam vorwärts: Rache am Feinde zu nehmen, sein Blut zu sehen, seinen Scalp zu erbeuten. Endlich war die größere Anzahl des gehetzten Wildes gestellt. Noch ein letztes Mal versuchten die Modocs, Stand zu halten, aber vergebens. Von allen Seiten umringt, gaben sie den Kampf bald auf und retteten sich, so gut es gehen wollte, in die Waldschluchten der Berge.

Von verschiedenen Seiten wurden jetzt täglich Gefangene eingebracht, namentlich Weiber und Kinder, die sich meist in einem erbarmungswürdigen Zustande befanden. Von diesen erfuhr man, daß die Mehrzahl der Modocs des Kampfes herzlich überdrüssig sei und sich zu ergeben wünschte, mit Ausnahme Jack’s und einiger Krieger, die bis jetzt wenigstens lieber mit dem Messer in der Hand sterben wollten. Einige der gefangenen Weiber erboten sich, eine Partie Modocs, aus fünfzehn Kriegern und fünfzig Weibern und Kindern bestehend, deren Lager sie kannten, aufzusuchen und ihnen die Bedingungen General Davis’ mitzutheilen. Sie sprachen naiverweise noch von Friedensverhandlungen und verlangten, Davis solle eine Unterredung mit den rothen Wegelagerern halten. Dieser aber erklärte ihnen kurz und bündig, sie könnten hinausgehen, wenn sie wollten, und ihren Freunden mittheilen: daß, wenn sie nicht bis Freitag Mittag im Hauptquartier sein und ihre Waffen niederlegen würden, er jeden Modoc, der im Besitz eines Gewehres gefunden, auf der Stelle erschießen lassen würde.

Sie gingen und kehrten schon gegen Abend mit der erfreulichen Nachricht zurück, die Indianer seien ganz in der Nähe und bäten nur um eine Escorte, um sicher in’s Lager kommen zu können. Diese wurde ihnen auch bewilligt und den sehr kriegsfreudig erregten Warm-Springs das feierliche Versprechen abgenommen, sich bei dieser Gelegenheit nicht an den Scalps ihrer rothen Brüder zu versündigen. So schwer ihnen auch die Moral der weißen Kriegsführung einleuchten mochte, Mac Kay gab sein Wort, daß seine Leute sich ruhig verhalten würden.

Um sechs Uhr Nachmittags erscholl der Ruf im Lager: „Da kommen sie!“ Alles machte sich auf die Beine und eilte nach dem Höhenzug vor dem Lager, von dem aus der Zug der Anrückenden vortrefflich überblickt werden konnte. Langsam schlich die Procession heran; vorauf ritten die als Escorte entgegengeschickten Weißen, dann kamen in einiger Entfernung von diesen, als ob sie kaum nachkommen könnten, zwölf Männer und eine große Anzahl Weiber und Kinder, Alles in Allem dreiundsechszig Personen. Da waren „Bogus-Charley“, einer der vornehmsten Bravos, ferner „Dampfboot-Frank“, „der krausköpfige Doctor“ und andere Berühmtheiten zweiten Ranges, die meisten mit Stücken von Soldaten-Uniformen bekleidet, alle aber mit vortrefflichen Springfield-Büchsen bewaffnet. Die Weiber waren ebenfalls mit Fetzen civilisirter Kleidungsstücke behängt und sahen noch miserabler aus als die Männer; die Kinder gingen natürlich zumeist in Naturcostüm. Den traurigsten Anblick gewährten aber die unglücklichen Ponies der Bande; sie waren von der fortwährenden Hetzjagd bei wenig und schlechtem Futter dermaßen heruntergekommen, daß sie unter den auf ihnen hockenden Weibern und Kindern ihre abgezehrten Glieder kaum mehr fortzuschleppen vermochten. Wie ein Leichenzug bewegte sich die Gesellschaft in’s Lager hinein. Alles verharrte in stummem Schweigen, bis General Davis sich näherte. Da trat Bogus-Charley, ein athletisch gebauter, intelligent aussehender Krieger, der Englisch versteht und spricht, vor und schüttelte dem General die Hand; alle übrigen Krieger folgten seinem Beispiel.

Nachdem sie alle Waffen abgelegt, erklärte der General


Uhland’s Geburtshaus in Tübingen.

Uhland’s Wohnhaus in Tübingen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 490. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_490.JPG&oldid=- (Version vom 27.8.2018)