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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

Stunde abzurollen, während zugleich ein durch den nämlichen Elekro-Magneten angezogener Hebel einen Bleistift so lange gegen den unter ihm hinweggehenden Papierstreifen drückt, als der galvanische Strom circulirt, das heißt so lange das Quecksilber in dem engeren Schenkel der U-förmigen Glasröhre durch die Wirkung einer Erderschütterung mit dem Platindrahte in Berührung bleibt und hierdurch die Kette geschlossen hält.

Sobald dagegen die Erschütterung aufhört und in Folge dessen das Quecksilber, wieder auf sein gewöhnliches Niveau zurücksinkend, außer Berührung mit dem Platindrahte gesetzt wird, hört auch der galvanische Strom durch die so bewirkte Unterbrechung der Kette zu circuliren auf, die hierdurch entmagnetisirten Elekro-Magnete lassen machtlos ihre Anker los, und sofort zieht sich damit zugleich auch der Bleistift von dem Papierstreifen zurück, bis ein neuer Erdstoß dasselbe Spiel des Apparates erneuert und den Stift wieder gegen das Papier drückt.

Auf letzterem müssen daher, je nach der Dauer der Erdstöße, Punkte oder Striche, von leeren Stellen unterbrochen, entstehen, und da man die Geschwindigkeit (drei Meter in der Stunde), mit welcher sich der Papierstreifen abwindet und auch während der Pausen und Stromunterbrechungen fortrückt, kennt, so liefert, wie leicht einzusehen, die Länge der entstandenen Striche und Zwischenräume ein genaues Maß für die Dauer sowohl der Erderschütterungen selbst, als auch der zwischen den einzelnen Stößen verstrichenen Zeit. Jede Schwankung des Quecksilbers in der Glasröhre spiegelt sich somit augenblicklich in treuem Bilde auf dem rollenden Papierstreifen ab, der so gleichsam mit seinen Punkten und Strichen als eine telegraphische Depesche aus dem dunkeln Reiche Vulcan’s zu betrachten ist.

Um aber dem Instrumente noch eine erhöhte Empfindlichkeit zu verleihen, ist nicht blos eine solche U-förmige Röhre, sondern es sind vier derselben in Verbindung mit der gleichen galvanischen Leitung aufgestellt, von welchen die eine von Norden nach Süden, die zweite von Westen nach Osten, die dritte von Nordwesten nach Südosten und die vierte von Nordosten nach Südwesten gerichtet ist. Ein Erdstoß, mag er in der einen oder anderen horizontalen Richtung erfolgen, muß daher jedenfalls in einer dieser Röhren zum Ausdruck gelangen.

Außerdem ist, behufs weiterer Controle und Messung der Bewegungen, über jedem längeren Schenkel dieser U-förmigen Röhren ein sehr leicht um seine Achse sich drehendes Elfenbeinröllchen angebracht, über welches ein feiner Coconfaden läuft, der mit seinem einen Ende in die Röhre hineinreicht und hier einen leichten, auf der Oberfläche des Quecksilbers ruhenden eisernen Schwimmer trägt, während an seinem andern, außerhalb der Röhre freihängenden Ende ein entsprechendes Gegengewicht befestigt ist. Ferner findet sich an dem Röllchen ein feiner Zeiger angebracht, welcher bei der Drehung des ersteren einen graduirten Kreisbogen durchläuft.

Beim Eintritt einer Erderschütterung wird nun der eiserne Schwimmer in dem längeren Röhrenschenkel beim Steigen des Quecksilbers mit letzterem in die Höhe gehoben, während das Gegengewicht vermöge seiner Schwere auf der andern Seite den Coconfaden um ebensoviel nach abwärts zieht und denselben hierdurch über das Elfenbeinröllchen hinbewegt, welches in Folge dessen in Drehung versetzt wird. Zugleich wird der erwähnte Zeiger vorwärts gerückt. Der letztere bleibt, auch nach dem Aufhören der Erschütterung, in der Lage, bis zu welcher er sich bewegt hat, stehen, weil das Gegengewicht das Herabsinken des Schwimmers mit dem Quecksilberniveau verhindert, und bildet so der von dem Zeiger durchlaufene und in Graden ausdrückbare Bogen ein Maß für die Größe des betreffenden Stoßes.

Ein weiteres, gleichfalls zur Controlirung horizontaler Erdstöße dienendes Instrument von befriedigender Empfindlichkeit ist das im Folgenden beschriebene, bei welchem kein Quecksilber, sondern lediglich feste Körper zur Anwendung gebracht sind. Das Princip desselben besteht einfach darin, daß eine mittelst eines feinen Drahtes frei aufgehängte Metallkugel, das heißt also ein Pendel, nothwendiger Weise in der Richtung schwingen wird, in welcher ein Erdstoß erfolgt. Ein solches Pendel ist nun an einem feststehenden Arme derart angebracht, daß die Kugel desselben gerade im Mittelpunkte eines horizontalen hölzernen Ringes oder Kreises hängt, welcher rings an seinem ganzen Umfange von wagerechten, gleichweit voneinander abstehenden Löchern durchbohrt ist, in welchen runde Stäbchen oder Glasröhren, leicht verschiebbar, stecken, welche somit vom Mittelpunkte des Ringes, das heißt von der Kugel aus nach allen Seiten hin strahlenförmig auseinander laufen. Erfolgt nun eine Erschütterung, so muß die in der entsprechenden Richtung schwingende Kugel an eines oder mehrere dieser Stäbchen anschlagen, und sie um so weiter nach außen verschieben, je heftiger die Erschütterung war. Der Grad dieser Verschiebung giebt daher einen Maßstab für die Stärke der Erdstöße ab, sowie man andererseits aus der Lage der verschobenen Stäbchen einen sichern Schluß auf die Richtung derselben ziehen kann.

Allein auch zur Beobachtung verticaler Erderschütterungen hat Palmieri Apparate von einer Feinheit und Empfindlichkeit construirt, wie dieselben kaum vollkommener gedacht werden können. Auch hier machen sich Magnetismus und Elektricität den Zwecken der Wissenschaft in einer Weise dienstbar, daß dieselben so zu sagen als die eigentlichen Beobachter zu betrachten sind und dem Forscher fast nichts zu thun übrig bleibt, als die durch die Apparate registrirten und telegraphierten Thatsachen abzulesen, wie wir dies bereits bei dem oben geschilderten galvanischen Apparate gesehen haben, und kann daher in dieser Beziehung das nachstehend geschilderte Instrument gewissermaßen blos als eine Modification jenes Apparates bezeichnet werden, indem es in der Hauptsache ganz auf demselben Principe beruht.

Dasselbe besteht zunächst aus einer ziemlich langen, äußerst leichten Spirale von feinstem Messingdrahte (den gewundenen Springfedern in Matratzen vergleichbar), welche, circa dreizehn bis vierzehn Windungen umfassend, einen hohen Grad von Beweglichkeit und Elasticität besitzt und mit ihrem oberen Ende an einem eisernen Arme frei aufgehängt ist. An ihrem untern, freischwebenden Ende ist dagegen eine feine verticale Platinspitze angebracht, welche von oben in ein mit Quecksilber gefülltes eisernes Becken hinein und bis dicht an die Oberfläche des Quecksilbers reicht.

Vermöge ihrer Elasticität geräth aber die Spirale bei jeder äußeren, auch noch so leisen Erschütterung in lebhaft auf- und abwärtsgehende Schwankungen, wobei die Platinspitze regelmäßig mit dem Quecksilber in Berührung kommen und in dasselbe eintauchen muß. Fügen wir nun noch hinzu, daß der eiserne Arm, an welchem die Spirale aufgehängt ist, in derselben Weise, wie wir dies bereits oben beschrieben haben, durch einen Leitungsdraht mit dem einen Pole einer galvanischen Batterie und in gleicher Weise auch das eiserne, mit Quecksilber gefüllte Becken mit dem andern Pole der Batterie verbunden ist, und daß ferner dieselben Elektromagnete, wie oben, nebst den dazu gehörigen Uhren und bereits beschriebenen telegraphischen Vorrichtungen mit dieser Leitung in Verbindung gesetzt sind, so ist das Spiel des Apparates von selbst klar.

So oft nämlich ein verticaler Erdstoß die Spirale in Schwingung versetzt und hierdurch die Platinspitze in das Quecksilber eindringt, wird die bis dahin allein an dieser Stelle unterbrochene Kette geschlossen, das heißt der galvanische Strom beginnt mittelst der Leitungsdrähte von der Batterie aus durch den eisernen Arm, die Spirale und das Quecksilberbecken hindurch zu circuliren, womit zugleich die Elektromagnete in Function treten und zunächst durch ein elektrisches Läutewerke dem Beobachter den Eintritt des Phänomens signalisiren, während gleichzeitig der durch den einen Elektromagneten bewegte Bleistift die Dauer und die Unterbrechungen der Stöße genau auf dem sich abwindenden Papierstreifen in Strichen und Punkten registriert. Sobald dagegen die Erschütterung nachläßt, kehrt die Spirale mit ihrer Platinspitze wieder in ihre gewöhnliche Lage zurück, das heißt es tritt letztere aus dem Quecksilber heraus, wodurch somit in demselben Augenblicke die Kette und der Strom unterbrochen und folglich die Thätigkeit des Apparates so lange eingestellt wird, bis eine neue Erderschütterung die Platinspitze wieder in das Quecksilber eintauchen macht, und so die Brücke wieder herstellt.

Aehnlich, aber ungleich einfacher und darum natürlich auch weniger exact ist eine andere Anordnung, bei welcher gleichfalls eine Spirale, wie die oben beschriebene, frei an einem Arme herabhängt und an ihrem untern Ende statt der Platinspitze in verticaler Richtung ein Magnetstäbchen trägt, unter welchem ein kleines Gefäß mit Eisenfeilspähnen steht, welche letztere der Magnet jedoch nicht berührt, sondern blos bis dicht an deren Oberfläche

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 777. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_777.JPG&oldid=- (Version vom 6.1.2019)