Seite:Die Gartenlaube (1874) 132.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

nimmt der Kaiser an diesen


Im Grunewald.


Jagden Theil. In diesem Jahre nöthigte der körperliche Zustand den Monarchen, auf die ihm angenehme Bewegung in frischer Luft zu verzichten, wogegen früher nicht die Unbilden des Spätherbstes, höchstens nur die Geschäfte, vermögend wären, bei dem Kaiser ein Veto gegen die Uebungen des Waidwerkes einzulegen. Kaiser Wilhelm ist keine Jägernatur, wie z. B. sein Neffe, der Prinz Friedrich Karl; aber er ist ein Jagdfreund, wenn auch immer nur in den Grenzen seiner maßvollen Natur. Dazu kommt, daß die Jagd traditionell zu den Vergnügungen des Hofes gehört; außerdem bekam die Bewegung in frischer Luft ihm gut; darum wurden, wenn die ersten Herbstnebel fielen, in früheren Jahren vom Garderobier der graue dicke Jagdrock


Das „Gescheide“ wird vertheilt.


und der gleichfarbige runde Filzhut, die langen grauen Beinkleider und dicken rindsledernen Stiefel hervorgeholt und die Jagdtoilette in Stand gesetzt, welches Costüm der graue Militärmantel vervollständigte, und so fuhr der König von Preußen und Kaiser von Deutschland zur Jagd entweder nach den beiden zuletzt genannten Revieren, oder auch wohl zu einem der großen Grundbesitzer des Landes, wie zu Herrn von Jagow auf Aulosen, der eine große Fasanerie hält, und jährlich fast regelmäßig


Das Aufladen des erlegten Wildes.


nach Blankenburg zu dem Herzoge von Braunschweig, in dasselbe Harzrevier, wo schon die salischen Kaiser dem Hirsche, wenn auch noch nicht mit dem Lefaucheux, nachgegangen sind.

Alle diese Fahrten haben gleichsam einen privaten Charakter; als königlicher Jagdherr dagegen tritt der Kaiser in Letzlingen auf. Das genannte Revier, die Haide genannt und in der Altmark, im Regierungsbezirk Magdeburg, gelegen, ist eins der größten der preußischen Monarchie; es hat vier Oberförstereien, den prächtigsten Wildstand und ein vollkommen eingerichtetes Schloß, welches eine zahlreiche Jagdgesellschaft beherbergen kann. Hält der Kaiser die übrigen Jagden mit kleinem Gefolge ab, so entbietet er hierher die vornehmsten Würdenträger des Hofes und Staates, fremde Fürsten und Gesandten. Ein Extrazug führt die ganze Jagdgesellschaft bis Gardelegen an der Lehrter Bahn; von da sind noch einige Stunden Weges per Wagen zurückzulegen. Die Letzlinger Jagden finden Ende November statt und dauern gewöhnlich drei Tage.

Eine spätere Illustration läßt uns einen Einblick in die Vorbereitungen thun, welche zu dieser Jagd gemacht sind. Das Wild ist „eingestellt“, das heißt auf den Umkreis der Jagd zusammengetrieben. Den Bereich

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_132.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)