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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

lebendigen, ja hingebenden, opferwilligen Antheil an der jedesmaligen Erhebung gegen die Herrschaft und die Gebrechen des Papstthums nahm. Wie die Albigenser und Waldenser fanden im Elsaß auch die Hussiten Anklang; und ebenso bildete sich in der lutherischen Stadt, mit der Erlaubniß der Obrigkeit und mit der Billigung der beiden Straßburger Reformatoren, Bucer und Capito, eine reformirte Gemeinde, welcher der damals von Genf entflohene Calvin als erster Pfarrer vorstand.

Pancratius Sanitabringius im Elsaß.
Nach der Natur aufgenommen von Theod. Pixis in München.

Dieser Geist der Freisinnigkeit und der weitherzigen Duldung ist mit wenigen Ausnahmen bis auf den heutigen Tag der vorherrschende in der protestantischen Kirche des Elsaß geblieben. Ernst religiös war der Grund, liberal im Allgemeinen gegen Andersdenkende die Handlungsweise der kirchlichen Behörden.

Von der katholischen Kirche kann eigentlich nur das Nämliche gesagt werden, wie in anderen Ländern dieses Glaubens, jedoch mit dem Unterschiede, daß in Bildung und Aufklärung Clerus und Volk desto mehr von ihren Glaubensgenossen in Deutschland abstachen, je älter die Einverleibung mit Frankreich wurde. Was das Volk betrifft, so lastet im Allgemeinen der clericale Druck schwer auf den Geistern, und der geistige Zustand wirkt auf den materiellen. In den katholischen Ortschaften giebt es einige Reiche, die sich durch Fleiß und weise Thätigkeit aufzuschwingen wußten. Die Meisten grenzen an die Armuth und sind Tagelöhner. In den gemischten Ortschaften sehen wir allermeistens die protestantischen Einwohner durch ihren Wohlstand und ihre Gesittung über ihre katholischen Mitbürger hervorragen. In den ganz evangelischen Ortschaften herrscht zwar meistens kein großer Reichthum, aber ein guter solider Wohlstand ist allgemein.

Die traurigste Folge des geistigen Drucks im Elsaß ist der große Aberglaube an Geistererscheinungen und Hexen, und der Vorrath von magischen Mitteln, um wirklichen oder erträumten Uebeln abzuhelfen. Ist uns doch im Unterelsaß sogar eine Wallfahrtsstätte wegen kranker Thiere bekannt, die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 575. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_575.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)