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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

dar, unter deren Leinwand wir gastlichen Unterschlupf fanden; zur Linken ist ein Gestell, an dem die blutigen Theile eines frischgeschlachteten Rennthiers hängen; zu oberst sehen wir den Magen, welcher mit Rennthierkäse gefüllt ist.

Die Gruppe jedoch vor dem einen Zelte stellt verschiedene Trachten und Typen der Lappen dar. Der Lappe links ist etwas willkürlich in seiner Wintertracht dargestellt, dem dicken, weißen Pelze mit dem Rauhen nach innen und der großen Pelzhaube aus Otterfell, welche einen Theil des Kopfes einhüllt.




Blätter und Blüthen.


Amerikanische Freigebigkeit. James (Jacob) Lick, ein Deutsch-Pennsylvanier, ging in seinen jungen Jahren nach Südamerika und wurde erst, nachdem er sich in den Pampas von Chile eine große Heerde Vieh und Pferde erworben hatte, der Lieferant der Regierung für deren Reiterei und Commissariat; dann finden wir ihn auf der andern Seite der Anden, in den peruanischen Städten, als Kaufmann. Als die Nachricht von den Goldfeldern Californiens auch nach Südamerika gedrungen war, entging er dem Goldfieber nicht. Er übergab die Führung seines Geschäftes einem Freunde und machte so viel Geld flüssig, daß er nach Abzug der Reisekosten Californien mit einer Summe von ungefähr zwanzigtausend Dollars betreten konnte. Dort angekommen, wußte er nichts Besseres zu thun, als mit großer Umsicht sein Geld in Grundeigenthum anzulegen, welches jetzt mehrere Millionen werth ist. In den ersten Jahren baute er selten und stets mit großer Vorsicht, später häufig und großartig. Auf solche Weise und da er sich stets mit Erfolg in die verschiedensten Speculationen und Unternehmungen einließ, wurde er einer der reichster Männer Californiens. Aber nicht blos der Reichthum ist es, welcher Lick auszeichnet, sondern der Umstand, daß er einen großen Theil des erworbenen Reichthums wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken widmete. So dotirte er:

Ein Observatorium auf der Spitze der Sierra mit 700,000  Dollars.
Eine polytechnische Schule mit 300,000 
Zu einer bronzenen Statue in San Sacramento 250,000 
Für das Key-Monument in San Francisco 150,000 
Für öffentliche Bäder daselbst 150,000 
Zu einem Frauen-Hospitale daselbst 100,000 
Der Ladies Protection and Relief Society daselbst 25,000 
Zu dem protestantischen Waisenhause in San José 25,000 
Zu jenem in San Francisco ebenfalls 25,000 
Zu einer Bibliothek für Arbeiter daselbst 10,000 
Der Gesellschaft zum Schutze gegen Thierquälerei 10,000 
Der Akademie der Wissenschaften und
     der Pionniergesellschaft zu San Francisco
     Grundeigenthum im Werthe von
255,000 
Im Ganzen  2,000,000  Dollars.




Nachträgliches zu dem „New-Yorker Millionär“ (Gartenlaube 1874, Seite 9). Während man den armen Teufel, der aus Noth einen Laib Brod gestohlen hat, der äußersten Disciplin gemäß im Zuchthause mit der größten Härte behandelt, werden dem Millionendiebe Tweed, welcher die Casse und den Staat New-York auf eine so freche Weise beraubt hat, nicht nur Erleichterungen und Privilegien aller Art gestattet, sondern es soll sogar im Werke sein, daß er auf der Insel, welche das Zuchthaus trägt, in das er verurtheilt worden ist, nur – internirt wird. Ein Schritt weiter, und es wird dieser großartige Dieb, den man für sich und die Seinigen im ruhigen Besitz und Genuß seines Raubes gelassen hat, völlig – begnadigt, geht frei aus, und die ganze Geschichte ist eine Komödie gewesen. Und welch eine Komödie, das möge der geneigte Leser aus der folgenden Beschreibung der Bestrafung des großen Diebes entnehmen, welche das „Belletrist. Journal“ enthält. Des Zweckes halber möchte die „Gartenlaube“ hier wohl einmal von ihrer Regel, nichts schon anderweitig Veröffentlichtes wieder vorführen zu wollen, abweichen. Der Zweck ist aber zunächst der, in Deutschland vor der idealen Auffassung amerikanischer Zustände ernstlich warnen zu wollen. – Nur die nüchternste und kälteste Beobachtung kann vor dieser Veridealisirung bewahren. Es ist überhaupt seltsam, wie man in Deutschland – sogar in der Presse – von einem Lande, mit dem so viele und mancherlei Berührungen und Beziehungen bestehen, noch so viel Unverstandenes, Unrichtiges gedacht, gesagt, geschrieben und behauptet wird. Das besagte Blatt aber bringt in seiner Nr. 23 folgende Notiz:

„Tweed auf Blackwells Island. – Mr. Tweed hat noch nie einem Patienten eine Hülfeleistung geboten;*[1] seine Pflichten werden von einem der Reconvalescenten im Hospitale versehen, den er dafür bezahlt. Das Einzige, was er thut, ist, daß er die täglich verordneten Medicamente in ein neues Buch einträgt; aber auch dies wird ihm mitunter langweilig, und dann läßt er die Sache von jemand Anderem besorgen.

Tweed steht gegen sieben Uhr auf und liest die Morgenzeitungen, deren er sich sechs hält; dann geht er zum Frühstück, welches er im Hause des Wardens (Aufsehers), das ungefähr eine Viertelmeile vom Hospitale liegt, einnimmt. Gegen neun Uhr kehrt er zu seinem übrigens elegant möblirten Kerker (?) zurück, der einstweilen sorgfältig in Ordnung gebracht worden ist, und beschäftigt sich mit seinem Privatsecretär oder empfängt Besuche bis ein Uhr. Hierauf folgt eine Promenade, ein gutes Diner und Siesta bis drei Uhr. Das Abendessen. wird ihm auf das Zimmer (wo ist der Kerker?) geschickt. Er ist auf seinen Gängen von Niemandem bewacht und kann, wenn er Lust hat und seine Freunde ihn befreien wollen, jeden Augenblick entfliehen.

Jeden Tag besuchen seine Söhne den düstern Kerker (!) und bringen ihm Weine, Liqueure und alle Delicatessen, welche die Saison bietet. Einer der Gefangenen, welcher an einem Expreßdiebstahl betheiligt war, ist sein Kammerdiener. Sein (Tweed’s) hartes Lager besteht aus einer (Spring-)Feder-Bettstelle und zwei Haarmatratzen; der Boden des Kerkers ist von einem eleganten Teppiche bedeckt, und die Aussicht auf den East-River**[2] gehört zu den schönsten, welche man sich in der Umgegend von New-York denken kann.

Die weiblichen Mitglieder seiner Familie besuchen ihn jeden Samstag gegen zwei Uhr Nachmittags und bleiben bis vier ein halb Uhr. Tweed empfängt sie gewöhnlich am Boothause oder im Hause des Wardens.

Bei einem kürzlich stattgefundenen Besuche der Grand Jury mußte er, welch ein Hohn! ‚nach Vorschrift‘ die Sträflingsuniform***[3] anziehen, welche er bisjetzt im Ganzen nur dreimal (!) getragen hat. Dann kehrte er in’s Hospital zurück und zog seine gewöhnlichen Kleider wieder an. Viele der Geschworenen begrüßten ihn, als er uniformirt war, mit warmem Händedrucke und erklärten sich bereit, Alles für ihn zu thun, was in ihren Kräften stände; worauf der ‚Boß‘ versicherte, daß er sich nach Umständen ganz wohl befinde. Kein Wunder! Wie mancher New-Yorker würde, namentlich jetzt, seine Freiheit gern mit einem solchen Kerkerleben vertauschen!“

D.

  1. * Jeder Sträfling muß sich nützlich machen, arbeiten. Dem Millionendiebe ward die Obliegenheit eines Krankenwärters übertragen.
  2. ** Blackwells Island ist die größte der New-York umgehenden Inseln und hat eine reizende Lage. Auf ihr befinden sich das Strafarbeitshaus, das Armenhaus und das Arbeitshaus, sowie eine Irrenanstalt und ein Krankenhaus.
  3. *** Diese Uniformen sind zebra-ähnlich.




Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das dritte Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das vierte Quartal in der Buchhandlung des Ortes oder dem nächsten Postamte schleunigst aufgeben zu wollen.




In dem vierten Quartal kommt an Novellen zum Abdruck:
„Die Geschichte vom Spötterl“. Aus den bairischen Bergen. Von Hermann Schmid.
Die Schlußcapitel von Werner’s „Gesprengte Fesseln“ und
„Ein Meteor“ von E. Werber, Verfasser von „Ein Leidenschaft“ (Jahrgang 1872)

Aus der großen Reihe der belehrenden und unterhaltend-instructiven Artikel, welche außerdem im nächsten Quartal zur Veröffentlichung kommen, führen wir nur an: „Der letzte Sonnensohn“. Historische Skizze von Johannes Scherr. – „Der Dichter von Mein Leopold“. Von Julius Stettenheim. Mit Illustration. – „Die Muckergräuel in Brasilien“. Originalschilderung von M. in Valle de Paraiso. – „Fritz Reuter’s Louising“. Mit Illustration. – Transport und Ausschiffung wilder Thiere. Mit Abbildung. – Die Gattin eines Volkskämpfers. – Die österreichische Nordpol-Expedition.

In Folge einer Verordnung der kaiserlichen Post werden die nach Erscheinen der ersten Quartalnummer aufgegebenen Bestellungen nur gegen Portovergütung von 1 Sgr. ausgeführt. Wir bitten also unsere Post-Abonnenten, zur Ersparung dieser überflüssigen Ausgabe, ihre Bestellungen

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Die Verlagshandlung.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 634. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_634.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)