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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Söhne als geachtete Männer ihren Kreis ausfüllen und hatte die Tochter sich zur Freundin herangezogen. In den Familien der beiden ältesten Söhne erwuchsen liebe, blühende Enkel und der jüngste Sohn wollte in wenig Tagen die junge Braut heimführen.

Ihre letzte, ihre einzige Sorge war noch, daß sie dieses Freudenfest erleben möge, ihr ängstlich immer wiederholter Wunsch der: es solle, möge kommen was wollte, die Hochzeit am bestimmten Tage gefeiert werden.

Ihr Wunsch ist erfüllt worden, aber sie hat seine Erfüllung nicht mehr erlebt.

Am 13. März fuhr sie noch mit ihrer Tochter im Rosenthale spazieren. Sie war schon sehr schwach, aber die Freude an der Natur, das glückliche Auge, das überall Schönes findet, hatte sie sich bewahrt bis in die letzten Tage. Sie wies auf eine junge Buche, in deren welke Blätter sich der Schnee gehängt hatte: „Da sehe ich doch noch einen blühenden Baum.“

Zwei Tage später, Sonntags, am 15. März 1874, Abends um halb sechs Uhr, entschlummerte sie ruhig und sanft dem Leben, an dem sie trotz Geistesgröße und Seelenmuth doch so schwer zu tragen gehabt, und Blumen, Blüthen, die sie so geliebt, überdeckten ihren Sarg.

Wohl mögen Viele ihr nachtrauern, der geistig hochbegabten Frau, der treuen, ausharrenden Freundin, der edlen Gattin des edlen Freiheitshelden, ein Laut, ein Wort, ein Ehrentitel aber ist, der klingt voller als alles Lob, der schlingt fester den nimmer welkenden Kranz der Liebe um ihr Andenken:

Das Wort heißt: Mutter.




Aus unserem papiernen Zeitalter.


Fabrikation von Briefcouverts und Düten. – Die Cartonnagen, Attrapen und Papierlaternen. – Kleider aus Papier. – Papier-Gardinen. – Erzeugnisse des Buntdrucks: Pathenbriefe und Luxusbriefbogen. – Bouquet-Manschetten und Torten-Unterlagen. – Die Herstellung des Papiers und Surrogate für den Stoff desselben.


Ob die Alten, welche von einem goldenen, silbernen und eisernen Zeitalter der Menschheit zu sprechen pflegten, sich wohl etwas von einem „papiernen“ hätten träumen lassen? Gas- und Wasserleitungsröhren, die bei nur einem Centimeter Wandstärke fünfzehn Atmosphären Ueberdruck aushalten, Eisenbahnräder, welche sich durch geringe Abnutzung und Elasticität auszeichnen, ganze Wohnhäuser und Kirchen werden aus Papier hergestellt, ja die Japaner tragen sogar aus ihren vorzüglicher Papieren gefertigte Kleider, Taschentücher und Schirme und ihre Papierfächer haben sich, so häßlich sie sonst sein mögen, seit der Wiener Weltausstellung, wo sie rasend gekauft wurden, einen Markt in Europa geschaffen.

Obwohl die Papierwaaren-Fabrikation bei uns verhältnißmäßig neuen Datums ist – abgesehen von der Futteralmacher- und Buchbinderkunst – hat sie doch schon eine nicht geringe Bedeutung im Binnen- und Exporthandel erlangt.

Der einfachste und nicht unbedeutendste Zweig derselben ist unstreitig die Maschinen-Couvertfabrikation, aus England zu uns gelangt, welche ihre deutsche Wiege in Elberfeld gefunden hat. Großartige Etablissements mit Dampfbetrieb und vielen Arbeitern sind dort Jahr aus, Jahr ein beschäftigt, dem Verkehre diese so bequemen Briefhülsen in den verschiedensten Formaten und Papiersorten zu Preisen zu liefern, welche eine Concurrenz der Hausindustrie gänzlich ausschließen. Das linksrheinische, nicht zu entfernte Düren, berühmt durch den Erfolg, mit welchem es die den deutschen Markt früher fast ausschließlich beherrschenden feineren englischen und französischen Briefpapiere zu ersetzen, ja zu übertreffen gewußt hat, liefert die feinen Couvertpapiere, während die westphälische blühende Papierfabrikation in Stadtberg, Osnabrück, Hemer etc. sowie belgische Fabriken den überwiegend größern Bedarf in mittleren und billigen Papieren decken, der bei einer Jahresproduction von circa tausend Millionen Stück immerhin ein bedeutender genannt werden kann.[WS 1]

Wie aus früheren Jahrgängen der Gartenlaube ersichtlich, ist die Anpreisung dieses verhältnißmäßig neuen Fabrikationszweiges als sehr ergiebiges Erwerbsmittel von speculativen Köpfen benutzt worden. Wer sich durch solch eine Annonce verführen ließ, seinen Thaler einzusenden, bekam eine sauber gedruckte Anweisung „Couverts zu machen“, worin wenig genug von der Fabrikation, desto mehr aber von dem voraussichtlichen Nutzen gesprochen wurde.

Die Fabrikationsvortheile beruhen im Wesentlichen auf mit der Handhabung von Papier eingeschulten Leuten und guten, correct arbeitenden Maschinen, welche der Handarbeit wenig zu thun übrig lassen, also das Umbrechen, Kleben, Stempeln und Zählen selbst besorgen. Die Papierstücken müssen in ausgestanztem Zustande der Maschine aufgelegt werden, und kann eine gute Couvertmaschine achtundzwanzig- bis dreißigtausend Stück täglich liefern. Begreiflicher Weise sind die Anforderungen, die das vielköpfige Publicum an die Couverterzeugung stellt, sehr verschieden, zunächst betreffs der Formate. Es giebt deren, welche groß genug sind, um ein Zwanzigmarkstück gerade zu umhüllen, es giebt aber auch solche von der Größe umfangreicher Actenstücke. Die gebräuchlichsten können natürlich am billigsten hergestellt werden, und gilt dies namentlich von dem gewöhnlichen Postcouvert, welches einen Briefquartbogen einmal quer, zweimal lang gebrochen aufnimmt. Die unverhältnißmäßige Billigkeit dieses Couverts wird auf Kosten der Güte durch den Umstand erzielt, daß man die gewöhnlichen Gebrauchssorten fast nur noch mit sparsamem Zuschnitt der Couvertklappe in den Handel bringt. Das große Postcouvert, zur Aufnahme eines über’s Kreuz gefalteten Quartbriefbogens, unterliegt diesem Uebelstande weniger. Das Damencouvert, für dreimal auf der Langseite gebrochene Octavbriefbogen, wird aus ein- und zweiseitig gefärbtem Briefpapiere vom schönen Geschlechte besonders stark benutzt, während das Kartencouvert, für über’s Kreuz gefaltete Octavbriefbogen, sich besonders zu Festeszeiten einer starken Verwendung erfreut. Die Geldcouverts haben, trotz der Concurrenz der Postanweisungen, sich in der Gunst des Publicums erhalten, zunächst als allerdings zu tadelndes Mittel, sich des an Ort und Stelle nicht cassenfähigen Papiergeldes kostenlos zu entledigen, dann aber auch als billigeres Beförderungsmittel für größere Papiergeldsendungen auf kürzere Entfernungen. Die neuen Zweisiegelcouverts mit hochgeschlossenen Seitenklappen, deren oberer Theil zugleich mit der Schlußklappe umgefaltet wird, bieten, obgleich sie nur zwei Siegel tragen, doch größere Beförderungssicherheit, als die frühern Fünfsiegelcouverts.

Durch Einführung der Packetbegleitadressen ist das Couvert als Packetbegleiter dem großen Publicum zwar entbehrlich gemacht worden, allein es hat bei der zahlreichen Beförderung mancher Firmen nunmehr seinen Platz auf der Außenseite der Sendung selbst, zur Aufnahme des Begleitbriefes gefunden. Für letztere Zwecke werden meist starke, gröbere Papiersorten verwendet; für Geldcouverts kommt zuweilen stoffunterklebtes Papier (Papyrolin) zur Anwendung. Die amerikanisch-gelben Couverts, in den billigsten Sorten dem Strohpapier sehr ähnelnd, in den bessern Arten die feinsten Lederfarben mit hohem Glanze zeigend, haben für das correspondirende Publicum den Vortheil, daß, ebenso wie bei blauen Couverts, die Einlage nicht durch das Papier hindurch von Unberufenen gelesen werden kann. Die neuerdings stark, zuerst von Oesterreich aus in Gebrauch gekommenen Hanfcouverts zeichnen sich durch große Festigkeit bei geringem Gewichte aus, ein wesentlicher Vortheil bei überseeischer oder nach Frankreich gerichteter Correspondenz.

Im Gegensatze zur Couvertfabrikation ist die Dütenfabrikation meist Hausindustrie. Die früher und hier und da noch heute übliche Anfertigung durch die Lehrlinge der Colonialwaarenkaufleute in deren wenigen Mußestunden hat jetzt meist vor der Erkenntniß weichen müssen, daß die mit Hülfe der Papierschneidemaschine hergestellten Düten besser und billiger ausfallen und für ein Geringes mehr gleich mit einer Empfehlungskarte bedruckt werden können.

Mit der riesigen Entwickelung der Maschinenpapierfabrikation in Deutschland (von zwölf Maschinen im Jahre 1840 auf etwa

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 730. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_730.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)