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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Leiche zwanzig Jahre später wieder erhoben. Alles war vernichtet bis auf den Schädel; denn Schiller hatte in einer Kalkgrube gelegen. Der Schädel wurde am 17. September 1826 im Saale des Bibliothekgebäudes beigesetzt.“

Für die Leser der „Gartenlaube“ brauchen wir Diesem kein Wort hinzuzufügen; sie wissen aus einer Reihe von Mittheilungen im Jahrgange des Schiller-Jubelfestes, daß 1) zu jener Zeit nächtliche stille Beerdigungen in Weimar Sitte waren, daß ferner eine kirchliche Feier stets am Tage nach der Beerdigung stattfand und auch für Schiller in würdigster Weise stattgefunden hat; 2) daß Schiller nicht von Schneidergesellen, sondern von einer Anzahl seiner Verehrer aus dem Gelehrten- und Beamtenstande zu Grabe getragen worden ist; 3) daß Schiller’s Leichnam nicht in einer Kalkgrube, sondern in einer Gruft bei der Jakobskirche beigesetzt worden war; 4) daß außer dem Schädel auch seine übrigen Gebeine aufgefunden worden und und endlich 5) daß der so „ehrlos“ begrabene Schiller nun längst bei seinem Großherzoge und Goethe in der Fürstengruft zu Weimar ruht.

Einer solchen Reihe von Lügen bedurfte das Würzburger Jesuitenblättchen, um zu beweisen, daß man Schiller nur für sein Katholischwerden so hart gestraft. Die unerhörte Behauptung, daß Schiller „katholisch gestorben“ sei, steht als ausgemachte Wahrheit da, wenn auch nur „Wenige“ sie wissen. Wir fordern die Redaction dieses „Fränkischen Volksblattes“ auf, für ihre Behauptung den Beweis der Wahrheit zu liefern.




Der fliegende Fuchs. Man schreibt uns aus Australien mit Bezug auf den Brehm’schen Artikel „Fliegende Hunde“ in unserer Nr. 31 des Jahrgangs 1871 Folgendes: „Es war im Jahre 1858, daß man im Sidneyer botanischen Garten in Australien eine Anzahl seltsamer Gestalten bemerkte, die, altmodischen, schwarzledernen Strickbeuteln ähnlich, bewegungslos an den Zweigen der Bäume hingen. Der botanische Garten ist eine der beliebtesten Promenaden der Sidneyer eleganten Welt, und schnell bildeten sich Gruppen von Neugierigen, welche jene ungewöhnliche Erscheinung mit Interesse beobachteten. Bald fanden sich auch einzelne Neunmalkluge, welche diese seltsamen Wesen für fliegende Füchse (flying foxes) erklärten und über selbige allerhand Wunderliches zu erzählen und noch mehr zu fabuliren wußten. Schon früher, in den Jahren 1791 und 1792, während einer Periode außergewöhnlicher Hitze und Trockenheit, hatten diese Thiere der damals noch jungen Ansiedelung einen Besuch abgestattet. Sie waren in Myriaden gekommen, so daß ihre verwesenden Leichen Luft und Wasser verpestet hatten. Dieses Mal aber waren ihrer so wenig, daß man sie ruhig gewähren ließ. Nachdem sie sich an Sidney und die Sidneyer sich an ihnen satt gesehen hatten, nahmen sie denn auch friedlich wieder Abschied, und ließen in den nächsten fünf Jahren wenig von sich sehen und hören.

In den Monaten Februar und März 1863 erschienen sie auf’s Neue in Sidney. Jetzt aber kamen sie leider in solcher Menge, daß sie unendlichen Schaden anrichteten. Im botanischen Garten versuchte man vergeblich, ihrer Verwüstung Einhalt zu thun. Wenn auch Hunderte todtgeschossen wurden, so hatte dies doch keine merkliche Wirkung. Diese im botanischen Garten getödteten Exemplare waren alle männlichen Geschlechts. Sie maßen von dem Ende der einen Flughaut zu dem der andern von vier Fuß bis fünf Fuß zwei Zoll.

Mehr noch litt der Obst- und Orangeriegarten eines Mr. M’Keown auf der Nordseite des Port Jackson. In diesem erschienen nicht weniger als dreitausend dieser hungrigen Gäste und zerstörten binnen einer einzigen Nacht alle Aepfel, Birnen, Feigen und Quitten. Glücklicher Weise waren die Orangen noch grün, und dieser Umstand rettete sie. Eine große Menge Leichen dieser Thiere lagen zu jener Zeit in den Straßen Sidneys umher, und die Straßenjugend schleppte solche an ihren ledernen Flügeln von Ort zu Ort.

Einer ihrer Lieblingsplätze war Levey’s Folly, nahe Kissing Point bei Sidney, wo man ihre Anzahl auf zehntausend schätzte. Diese Localität ließ sich leicht finden, wenn man nur dem Geruche nachging, welchen diese Thiere verbreiteten. Aber auch hier erwiesen sich alle zu ihrer Vertilgung getroffenen Maßregeln unzureichend. Unter den Getödteten fand man ungleich mehr männliche als weibliche Exemplare. Die Letzteren hatten Milch in ihren Brüsten; aber von Jungen konnte nicht ein Einziges, lebendig oder todt, gefunden werden, obwohl die Naturforscher versichern, daß die Mütter solche mit sich herumtragen.

Im Hunter-river-District bildete sich eine Gesellschaft, um diese Räuber in ihren Schlupfwinkeln aufzusuchen und zu bekämpfen. Ein Augenzeuge berichtet darüber in den ‚Singleton Times‘: ‚Wie wir die ziemlich steile Seite des Gebirges hinabstiegen, sahen wir die Bäume in einem Umkreise von mehreren Ackern schwarz von fliegenden Füchsen, und die größere Hälfte unserer Jagdgesellschaft begann zu operiren. Nach einer Viertelstunde des wildesten Blutbades gewahrten wir zu unserer Bestürzung, daß sich die ganze Masse in fliegende Bewegung setzte, und ein wunderbarer Anblick war das. Das Gehölz war etwa anderthalb Meile lang, und seine ganze Länge und Breite war eine einzige Wolke fliegender Füchse. Einen Begriff von diesem Gewühle zu geben, fehlen mir die Worte. Mäßig veranschlagt, konnten der Füchse nicht weniger sein, als fünfzigtausend, doch glaube ich, das Doppelte dieser Zahl würde der Wahrheit näher kommen.‘

Seit dem Jahre 1863 hört man von Zeit zu Zeit aus verschiedenen Theilen des Landes von ferneren Besuchen der fliegenden Füchse, und jeder solcher Besuch ist gleichbedeutend mit einem totalen Verluste der Obsternte. In der That, wenn man bedenkt, daß der fliegende Fuchs nicht der einzige Feind des australischen Obstgärtners ist, daß vielmehr der Letztere gleicher Weise mit zahlreichen anderen Thieren, mit Brand und Mehlthau, sowie einem excentrischen Klima zu kämpfen hat, welches die Früchte auf den Bäumen bald bäckt, bald ertränkt, so wundert man sich, daß es hier zu Lande noch Leute giebt, welche Muth und Energie genug besitzen, sich mit Obstbau zu befassen.

Der fliegende Fuchs oder Hund ist in der That ein wunderliches Thier, wenn auch Vieles von dem, was man in früherer Zeit von ihm erzählte, erdichtet ist. Der fliegende Fuchs lebt ausschließlich von Früchten und Honig haltenden Blüthen und ist ein feiner Obstkenner und Gutschmecker. Gerade das macht ihn so schädlich, daß er von hundert Früchten, die er pflückt, neunundneunzig nur kostet und verwirft und vielleicht kaum eine reif und wohlschmeckend genug erachtet, um sie zu verspeisen. Diese letztere verzehrt er denn auch vollständig bis auf die Schale, welche er in jedem Falle verschmäht.

Der fliegende Fuchs ist eine Art Fledermaus; er schläft des Tages und geht des Nachts auf Raub aus. Seine bemerkenswertheste Eigenthümlichkeit liegt darin, daß er wachend und schlafend nicht sitzt, liegt oder steht, sondern ‚hängt‘, mit den Füßen an einen Zweig angeklammert und mit dem Kopfe nach unten. Wenn er frißt, hängt er an einem Beine und braucht das andere wie eine Hand, um sich die Frucht zu brechen und sie zu halten. Es ist eine gräßliche Idee für einen vollblütigen Menschen, so ein ganzes Leben lang mit dem Kopfe nach unten zu hängen, wie gewisse Seitänzer, welche sich mit den Füßen an ein schlaffes Seil befestigen und, den Kopf nach unten, allerhand wunderliche Kunststücke ausführen.

Wenn der fliegende Fuchs schläft, so wickelt er die ledernen Flughäute um sich herum, wie etwa eine Dame ihr Umschlagetuch. Bei seinem nächtlichen Schmauße gestört, schlägt er mit diesen Häuten um sich. Die fliegenden Füchse verrathen übrigens ihre Anwesenheit ebenso durch ein eigenthümliches Geräusch, wie durch den sonderbaren Geruch, welcher ihnen beiwohnt. Des Morgens ziehen sie sich in ein entlegenes Gehölz zurück, um ihre Raubzüge bei Eintritt der Dunkelheit aus’s Neue zu beginnen.

Das Fleisch dieses Thieres ist wohlschmeckend und wird von den Eingebornen gegessen. Wenn angeschossen, ist der fliegende Fuchs sehr wild und beißt tüchtig um sich. Es bedarf dann großer Vorsicht, um ihn zu fassen.“

O. P.




Deutsches Künstler-Album. Als Vorboten der „fröhlichen, seligen Weihnachtszeit“ stellen sich auch dieses Jahr allmählich wieder unsere alten Bekannten, die illustrirten und nicht illustrirten Prachtwerke, ein. Wie lustige, bunte Vögel kommen sie, eins nach dem anderen, dahergeflogen und bieten sich für das Fest feil. Einer der ersten unter diesen Fest-Verkündern ist auch diesmal wieder das von dem talentvollen Ernst Scherenberg redigirte „Deutsche Künstler-Album“ (Düsseldorf, Breidendach u. Comp.), welches in diesem Jahre zum achten Male erscheint. Was wir schon bei früheren Gelegenheiten an dem trefflichen Unternehmen gerühmt haben, Geschmack und Tact in der Auswahl der artistischen und literarischen Beiträge, sowie höchst elegante und solide äußere Ausstattung, das müssen wir auch an dem diesjährigen Künstler-Album loben. Unter den Illustrationen befinden sich einige wahrhaft reizende Genrebilder, wie z. B. A. Kindler’s „Ein süßes Stündchen“ und A. von Rösler’s „Klosterkätzchen“. An Dichtern hat sich diesmal außer dem alten Stamm – Emanuel Geibel, Ferdinand Freiligrath, Karl Gerok, J. G. Fischer, Friedrich Hofmann, Albert Traeger, Hermann Lingg, Emil Rittershaus u. A. – eine Reihe jüngerer Kräfte, wie P. J. Willatzen, Ernst Eckstein, Albert Möser, Ernst Ziel, Stephan Milow u. A. mit mehr oder weniger ansprechenden Beiträgen an dem Album betheiligt. Den Schluß desselben bilden zwei Novellen, „Die Stiftsdame“ von dem letztgenannten Dichter und „Erlkönigs Töchter“ von Ludwig Salomon. Wir geben dem „Deutschen Künstler-Album“ auf seine Reise in alle Welt den Wunsch mit auf den Weg: es möge mit seinen duftigen Blüthen aus den Gärten der Malerei und der Poesie recht viele Herzen in der Nähe und Ferne erfreuen, namentlich aber unter dem strahlenden Weihnachtsbaum, seiner Bestimmung gemäß, in mancher schönen Frauenhand eine willkommene Gabe sein!




Kleiner Briefkasten.

G. B. in S. Das mit unserer Nr. 45 ausgegebene Blatt: „Der illustrirte deutsche Shakespeare“ ist eine buchhändlerische Beilage, wie jede andere. Daß es nicht zur „Gartenlaube“ gehört, können Sie schon aus der am Fuße derselben angefügten Druckerei-Firma ersehen.




Berichtigung. Unter dem Holzschnitte „Aus dem Regen in die Traufe“ in unserer Nr. 44 ist statt „Nach dem Oelgemälde von J. Rosenthal“ zu lesen: „… von Toby E. Rosenthal“.




Von E. Werner, dem Verfasser der „Gesprengten Fesseln“, sind erschienen:
Werner, E., Gartenlaubenblüthen. 2 Bände. Inhalt: „Ein Held der Feder“ – Hermann Eleg. brosch. 2 Thlr.
Werner, E., Am Altar. 2 Bände. Eleg. brosch. 2 Thlr.
Werner, E., Glück auf! 2 Bände. Eleg. brosch. 2½ Thlr.


Die Verlagshandlung von Ernst Keil in Leipzig


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 766. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_766.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)