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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Pumpstation bei Clichy, die man am hohen eisernen Schornsteine leicht erkennt. Kurz davor liegt das Bureau. Dort holen wir uns die Erlaubniß zur Besichtigung und erreichen nach einigen Schritten das Maschinenhaus. Eingetreten, steht man zunächst vor zwei großen in graue Blechmäntel gehüllten Dampfkesseln. Dahinter gelangt man, einige Stufen niedersteigend, in den eigentlichen Maschinenraum. Wenn man in der Meinung kam, hier von Schlamm und Schmutz belästigt zu werden, findet man sich angenehm enttäuscht.

Unter den dunkeln Linden.
Originalzeichnung von H. Heubner.

Die größte Sauberkeit herrscht überall. Der lackirte Fußboden ist sogar mit Teppichen belegt. Ein hoher, heller, fast eleganter Raum umschließt die rastlos arbeitende liegende Dampfmaschine, deren blanke Theile freundlich glitzernd die Lichtstrahlen zurückwerfen. Mit majestätischer Ruhe und anscheinender Leichtigkeit dreht sich ein kolossales Schwungrad mit einer Kraft von hundertfünfzig Pferden. Der gezahnte Umfang desselben treibt ein kleineres Rad, dessen Welle sich rechts und links in zwei mannshohen Gehäusen verliert, die uns als die eigentlichen Pumpen (Centrifugal-Pumpen) enthaltend bezeichnet werden. In der Mitte des ersten Gehäuses tritt ein eisernes Rohr ein, welches draußen im Canal das Schlammwasser aufsaugt. Dieses Wasser wird im Gehäuse durch radiale Flügel in schnelle Drehung versetzt, dadurch am Umfange derselben fortgetrieben und durch eine Rohrleitung der Mitte des zweiten Gehäuses zugeführt. Hier nochmals durch Flügel angetrieben, entflieht es am Umfange des Gehäuses in die Rohrleitung, welche es zunächst über die Seine, dann in den Hauptcanal der Ebene befördert. Wir erfahren gleichzeitig, daß die Kraft der einen Maschine nicht ausreicht, um alles bei Clichy ankommende Canalwasser zu bewältigen. Dazu gehören noch vier Maschinen derselben Größe und Einrichtung, deren Beschaffung noch von der Bewilligung der nöthigen Geldmittel abhängt.

Folgen wir dem Laufe der Wasser über die Brücke bei Clichy, so treffen wir in einiger Entfernung rechts ein erhöhtes Bassin, in dem die bis dahin unterirdisch geführte Flüssigkeit heftig brodelnd zu Tage kommt. Auf dem Rande des Behälters werden wir allerdings durch die um zwölf Meter gehobenen stark bewegten Wässer etwas belästigt. Der Geruch verliert sich indessen, sobald sie in den etwa zwei Meter breiten Hauptcanal übergetreten sind und, ruhig dahinfließend, durch eine lange schwarze Linie die Hauptader der umliegenden Felder bezeichnen. Durch seine Einbettung in die Krone eines aufgeschütteten Dammes, den Napoleon der Erste als Schutzwehr gegen die Ueberschwemmungen der Seine errichten ließ, beherrscht der Canal die umliegende Ebene und gestattet den Abfluß des Wassers nach jeder Stelle derselben. Auch wird sein Wassergehalt vom entgegengesetzten Ende aus durch den Zufluß der Abwässer noch verstärkt, welche bisher bei St. Denis in die Seine übergingen, jetzt aber durch eine neue Leitung mit natürlichem Gefälle hierher geleitet werden, indem sie die Seine an der Brücke bei St. Ouen überschreiten.

Von dem großen Hauptcanale aus beginnt nun die Vertheilung der Wässer in die Ebene. Was in der Stadt an einzelnen Haushaltungen gesammelt wurde, wird jetzt in umgekehrter Weise durch Canäle über und unter der Erde verzweigt, bis zu den an den einzelnen Feldern gelegenen Ausfluß-Oeffnungen. Hier vertheilt es sich auf der Fläche, um als Pflanze, durch Licht und Wärme zu höherem Leben erweckt, wieder der Stadt zurückgebracht zu werden und seinen Kreislauf von Neuem zu beginnen. Betrachten wir ein Grundstück genauer, etwa ein naheliegendes Weißkohlfeld. Wir sehen am Kopfende das schwarze Wasser, wie eine Quelle sprudelnd, austreten, um zunächst einen aus Erde aufgeworfenen Quergraben zu füllen. Von diesem zieht es in zahlreichen Furchen nach der Länge des Feldes, um schließlich ganz im Boden zu verschwinden. Zwischen je zwei Furchen ist ein erhöhter Streifen, auf dem nur eine lange gerade Reihe Weißkohlpflanzen Platz findet. So rieselt das Wasser in vertieften Rinnen zwischen den Pflanzen, kommt also mit diesen in keine verunreinigende Berührung. Nur unter der Erde bringt es den Wurzeln willkommene Nahrung. Begierig wird dieselbe aufgenommen, und daß sie wohl bekommt, beweisen die riesigen festen Köpfe der Kohlpflanzen. Dem Landwirth erleichtert

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 795. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_795.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)