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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)


bildet den Besucherraum, um welchen sich die freundlichen Thierbehälter gruppiren. Eine besonders geräumige Abtheilung dient den mächtigen indischen Elephanten zur Wohnung, während in den übrigen Behältern ein kleiner afrikanischer Elephant, ein amerikanischer Tiger, sowie eine ansehnliche, zum Theil hier gezüchtete Zebrafamilie Platz gefunden haben. Jeder Stall steht mit einem ansehnlichen Laufplatz im Freien in Verbindung, der bei günstiger Witterung als Spazierraum dient.

Immer dem Umkreis des Gartens folgend, kommen wir zu dem Känguruhhause (26) und dem Bisonpark (25). Auf festem Steinboden schreiten die wuchtigen Prairiebewohner umher und das aus starkem Eichenholze gefertigte Gehege, sowie das zu ihrer Wohnung dienende feste Blockhaus sind ganz dem Körperbau und Charakter ihrer Insassen angemessen. Ihrem Parke gegenüber sehen wir nun die Raubvogelvolière (24), eine Reihe luftiger, von frischem Wasser durchströmter Gebauer. Auf spitzen, vielgipfeligen Basaltfelsen thronen ernst und regungslos die stattlichen gefiederten Räuber, den Vorübergehenden mit festem Blicke musternd.

Wenige Schritte bringen uns zu dem burgartigen aus grauem Stein erbauten Bärenhause (27), welches sich mit seinen beiden Thürmen imposant und doch freundlich von dem grünen Hintergrunde der dicht an demselben vorüberziehenden Allee abhebt. Die Bären sind in geräumigen, der Luft und dem Lichte frei zugänglichen Höfen untergebracht, in erfreulichem Gegensatze zu den düsteren, dumpfen Verließen, welche man noch hier und da für diese Thiere gut genug glaubt. An der Südseite führt eine bequeme Treppe auf eine breite Galerie, von der man nicht nur in die Tummelplätze der Bären hinabblickt, sondern auch eine lohnende Aussicht über den ganzen Garten genießt. Die unermüdlich kletternden braunen Bären, von denen das eine Paar seit Kurzem sich einer munteren Nachkommenschaft erfreut, bilden stets einen Anziehungspunkt für die Jugend, welche sich an dem drolligen Wesen der plumpen Gesellen ergötzt. Auch der seit sechszehn Jahren im Garten lebende Eisbär, sowie der seltene schwarze Andenbär mit weißer Zeichnung in Form eines Maulkorbes an der Schnauze wissen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und ihren Antheil an Semmeln, Zucker und anderen Leckerbissen zu erhalten.

Von dem Bärenhause erstreckt sich eine geräumige Wiese, welche von einem Arme des Teiches (38) durchzogen ist und einer großen Anzahl von in- und ausländischen Reihern, Störchen, Flamingos etc. zum Aufenthalte dient. Sie erhält durch die bunten, zeltähnlichen, mit Halbmond und Roßschweifen geschmückten Behausungen für Kameel (39[WS 1]) und Dromedar (41[WS 2]) einen entsprechenden Abschluß.

Unfern davon erhebt sich das Antilopenhaus (38), bewohnt von einer ansehnlichen Sammlung der eleganten Kinder des Südens, bei welchen Kraft und Zierlichkeit in seltener Weise vereinigt erscheinen. Neben der mächtigen Elen Antilope, die an Größe und Form einem starken Ochsen ähnelt, schreitet die hellfarbige Säbel-Antilope mit den sensenförmig nach hinten gekrümmten, über einen Meter langen Hörnern und die rothbraune oder Nager-Antilope von der Größe einer Ziege, die einzige Vertreterin ihrer Art in den europäischen Thiergärten. Die indische Nilgau-Antilope mit den zierlichen schwarz und weißen Binden um die Fesselgelenke findet sich durch eine zahlreiche Familie in allen möglichen Altersstufen vertreten. Die meisten Antilopen sind im Garten geboren.

Gegenüber dem Antilopenhause befindet sich der Zebupark (44) mit ländlichen braunen Holzhäuschen; hier weiden die friedlichen indischen Buckelochsen.

Wir kommen nun an die Hirschparks. Unter einer großen Gruppe gewaltiger Bäume erheben sich ebenso malerisch wie zweckmäßig ein bescheidenes, schilfgedecktes Blockhaus und einige nette Rindenhäuschen, welche den Thieren als Wohnung dienen. Auf den geräumigen Rasenplätzen finden wir den Wapiti-Hirsch aus Canada, den Mähnen-Hirsch aus Indien, daneben seinen Landsmann, den zierlichen, schüchternen Schweins-Hirsch, den zierlich gefleckten Axis-Hirsch und die bunte Schaar des Damwildes.

Inmitten einer fast kreisförmigen Rasenfläche sehen wir einen freundlichen achteckigen Bau, das Straußenhaus (31). Eine hohe, luftige, mit Wandgemälden geschmückte Halle nimmt die Besucher auf. Sie ist rings von den Thierwohnungen umgeben, und wir finden hier den amerikanischen und afrikanischen Strauß, den neuholländischen Emu, den Helmkasuar aus Indien, sowie verschiedene indische und amerikanische Kraniche. Weiterhin gelangen wir an den Teich, der sich in einer Länge von hundertsechszig Metern, bei einer Breite von achtzig Metern, von Westen nach Osten ausdehnt. An seinem östlichen Ende erhebt sich der bereits erwähnte Hügel mit der Burg, welche sich freundlich in dem klaren Wasser spiegelt. Eine zierliche Eisenbrücke verbindet zwei scharf vorspringende Uferstellen mit einander, und ein unter derselben angebrachtes Drahtgitter scheidet, behufs zweckmäßigerer Haltung der Thiere, den Teich in eine größere und eine kleinere Abtheilung. Die Erstere belebt in buntem Gewimmel die Schaar der Schwäne, Gänse und Enten, indeß auf Letzterer die fischfressenden Vögel, als Pelikane, Möven, Cormorane etc. hausen.

An vorzüglichem Wasser ist der Garten reich. Dasselbe wird aus zwei in der Nähe des Maschinenhauses gelegenen, über sechszig Fuß tiefen Brunnen gewonnen, welche unten durch einen weiten Stollen mit einander in Verbindung stehen. Eine Dampfpumpe bringt das Wasser in das auf dem Thurm angelegte Hochreservoir, von dem aus dasselbe, mittels eines nach allen Seiten verzweigten Röhrennetzes, nach allen Theilen des Gartens und sämmtlichen Thierbehältern geführt wird. Durch Hydranten können die Gartenlagen bewässert, die Thierbehälter mit frischem Wasser versehen und alle Käfige und Stallungen gereinigt werden. Der Teich ist aus diesem Reservoire gefüllt worden, und durch täglichen Zufluß aus demselben wird das verdunstete Wasser ersetzt. Außerdem wird das Weiherwasser durch eine starke Dampfpumpe in Bewegung gesetzt. Es wird mittels des Wasserfalles dem Teiche zugeführt, durchfließt diesen und den Arm desselben, worauf es wieder zur Pumpe zurückkehrt. In Folge dessen strömt es Tag und Nacht gleichmäßig, wodurch es sich stets frisch und klar erhält.

Doch wir verfügen uns nun nach der Restauration, welche am westlichen Ende des Teiches auf einer langgestreckten Terrasse gelegen ist. Wie wir sogleich wahrnehmen, haben wir es hier mit einem provisorischen Gebäude zu thun; das eigentliche Restaurationshaus ist noch im Bau begriffen. Dasselbe wird in sehr bedeutenden Dimensionen aufgeführt werden und alle zu einem umfangreichen Wirthschaftsbetriebe erforderlichen Einrichtungen in großer Vollkommenheit enthalten. Außer drei sehr großen Sälen wird es eine Anzahl kleinerer Salons und Speisezimmer umschließen. Auf der Terrasse gönnen wir uns nach mühsamer Wanderung die wohlverdiente Ruhe und erfreuen uns an den Klängen der Militärmusik, welche zweimal täglich concertirt. Man genießt hier einen reizenden Blick über den Garten, dessen Hintergrund der Hügel mit der Ruine und dem Wasserfall bildet.

Im Ganzen darf der Garten als ein äußerst gelungenes Werk bezeichnet werden. Die Thierbehälter und Anlagen sind ebenso geschmackvoll wie zweckmäßig, und allerwärts bekundet sich der Eifer und die Hingebung, mit welchen die Einrichtungen ausgeführt worden sind. Das Publicum weiß auch wohl zu würdigen, was ihm in dem neuen Etablissement geboten wird, denn vom Tage der Eröffnung (29. März) bis zum Schlusse vorigen Jahres besuchten den Garten mit Ausschluß der Actionäre und Abonnenten 131,999 erwachsene Personen und 14,395 Kinder; 47,387 Personen benutzten die Tage, an denen Preisermäßigungen stattfanden, so daß sich die stattliche Gesammtziffer von 193,681 Besuchern ergiebt.

Zu einer so großartigen Anlage bedarf es großartiger Mittel, und diese zu beschaffen war in der Zeit nach dem allgemeinen finanziellen Krache keine leichte Aufgabe. Daß es der Gesellschaft gelungen ist, die zur Vollendung nothwendigen Summen zu erlangen, das dankt sie in erster Linie dem opfermüthigen, uneigennützigen Gemeinsinne der Bewohner Frankfurts. Das ursprüngliche Actiencapital von 500,000 Gulden ist durch die Herstellung des Gartens und der Gebäulichkeiten verbraucht worden, aber die Bürger der ehemaligen freien Reichsstadt hatten sich die Beschaffung des zur Herstellung des Restaurationsgebäudes noch fehlenden Capitals zur Ehrensache gemacht. Aus städtischen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 41
  2. Vorlage: 39
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_338.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)