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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

welches ihm im Antwerpener Garten gereicht wurde, schien ihm aber nicht recht zu behagen. Ich entschloß mich daher, ihn naturgemäßer zu behandeln, indem ich ihm verschiedene süße Beeren neben seinem gewöhnlichen Futter reichte, und siehe da, der Vogel wurde sofort lebhafter und munterer und sein Gesang häufiger. Dieses Futter besteht in der Sommersaison aus Kirschen, Waldbeeren, und sogar Erdbeeren, später in Wachholderbeeren und Vogelkirschen, jedoch vermischt mit Weißbrod, geschnittenen Feigen oder auch mit gehackten und trockenen Korinthen. Im Winter werden die zum Trocknen geeigneten Beeren aufgeweicht und mit dem täglichen Futter vermischt. Kleine Stücke von guten süßen Birnen genießt er auch sehr gern. Das sogenannte gemischte Futter mit Zusatz von Brod und Feigen frißt er ebenfalls, aber nicht mit demselben Genusse. Insecten verschmäht er gänzlich.


Der Glockenvogel.
Nach der Natur gezeichnet von L. Beckmann.


Der Araponga gehört zu der Familie der Seiden- oder Schmuckvögel, Ampelidae, die in Südamerika in reicher Formen- und Gefiederfülle heimathen. Sie zeichnen sich durch einen eigenthümlichen Singapparat aus, welcher, statt im Unterkehlkopfe an der Theilungsröhre der beiden Bronchien zu liegen, vor diesem, am untern Ende der Luftröhre sich befindet. Im Allgemeinen sind diese Vögel von geringer oder mittlerer Größe, oft in grellem oder buntem und schönem Gefieder prangend, mit bald breitem, bald dickem und plattem Schnabel, dessen gekerbte Spitze sich hakig herabbiegt. Sie sind harmlose, einfältige Geschöpfe, welche die Einsamkeit der Wälder lieben.

Unser Vogel ist schneeweiß, von der Größe einer Drossel; der Schwanz ist kurz, flach, breit, an dem untern Ende wie abgeschnitten. Die Backen und die Kehle sind nackt, von spangrüner Farbe, letztere ausdehnbar. Der Scheitel ist mit kurzen feinen weißen Federn bis an den Schnabel besetzt; der fleischige Zipfel auf der Basis des Schnabels fehlt gänzlich; die Füße sind etwas heller, als die Kehle. Bei Anfang der Mauser, gegen Mitte October, wurde der Vogel ruhiger und stellte seinen Gesang ein. Nach vollendeter Mauser wurde er wieder lebendiger, allein außer einigen abgebrochenen Tönen, dem Schalle zweier zerbrochener zusammengeschlagener Gläser ähnlich, hat er keinen eigentlichen metallischen Ton vernehmen lassen. Wahrscheinlich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 529. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_529.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)