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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)


Schwierigkeiten haben, die ganze rhythmische Folge einer gegen ihr Kunstohr gerichteten Musik auf einem durch ein Uhrwerk bewegten Papierstreifen zu photographiren und so dieselbe in einer für ein geübtes Auge wohl entzifferbaren Notenschrift unmittelbar festzubannen. Wir brauchen nicht zu wiederholen, daß die photographirte Musik in der Theorie schöner ausfällt, als sie sich in der Praxis darbieten würde.

C. St.

Fortschritt in der Blumentopffabrikation. Im Anschluß an meine in Nr. 27 d. J. der „Gartenlaube“ gemachte kurze Mittheilung über die kleine dänische Maschine zur Herstellung von Blumentöpfchen, beeile ich mich den verehrten Lesern und Leserinnen der „Gartenlaube“ heute die Nachricht zu überbringen, daß die neuentstandene Kunst, kleine Blumentöpfe herzustellen, durch eine nicht unbedeutende Erfindung bereits einen großen Fortschritt gemacht hat. Ich sagte schon damals, daß der von Dänemark aus bei uns eingeführte kleine Apparat nicht ganz tadellos sei, und es war anzunehmen, daß die Leistungsfähigkeit desselben, sowie das Fabrikat für größere Handelsgärtnereien, Hofgärten etc., wo der Bedarf der sogenannten Stecklingstöpfe, besonders im Frühjahre, nach vielen Tausenden zählt, nicht genügende Resultate liefern werde. Angesichts der schon damals mitgetheilten unverkennbaren Vortheile, welche uns indeß die Einführung der so billigen und zweckmäßigen Töpfchen klar vor Augen stellt, und durch umfassende Versuche von deren praktischem Werthe hinreichend überzeugt, hat nun der Besitzer des unter meiner Leitung stehenden gärtnerischen Etablissements, Herr Charles König hierselbst, in Verbindung mit einem bewährten Mechaniker weder Mühe noch Kosten gescheut, dahin zu gelangen, einen Apparat herzustellen, welcher, das Princip der kleinen dänischen Maschine festhaltend, ein Fabrikat von exacter Form, Festigkeit und Dauerhaftigkeit liefert, wie es besser nicht gewünscht werden kann.

Allen Denen aus dem weiten Leserkreise unserer geschätzten „Gartenlaube“, welche sich in Folge jener ersten Mittheilung aus Nah und Fern an mich wandten und bereits einen dänischen, das heißt hier nach dänischem Muster verfertigten Topfapparat erhielten, habe ich zugleich mit diesem einige Probetöpfchen (der kleinsten Sorte) der neuen Maschine, welche wir kurzweg Topfpresse nennen werden, beigelegt und wird der wesentliche Unterschied der beiden Fabrikate leicht erkannt worden sein!

Die neue, ganz aus Eisen construirte Topfpresse liefert in zehn Arbeitsstunden 1000–1200 Stück durchaus gleicher, fester und widerstandsfähiger Töpfe, welche, an der Sonne getrocknet, schon nach zwölf Stunden zu verwenden sind. Durch einfache Veränderung lassen sich die Töpfe in verschiedener Größe herstellen. Die vortreffliche Eigenschaft, sich im Boden wieder aufzulösen, behalten sie bei, sind aber auf der andern Seite auch fähig, eine junge Pflanze wochenlang außer dem Boden zu beherbergen, und besonders zur Versendung derselben zu empfehlen, da sie, wenn einmal vom Wasser durchzogen, sehr schwer austrocknen und nicht bei einem ungefähren Stoß oder Fall auf der Bahn gleich in Trümmer zergehn.

Die Herstellung respective Zusammensetzung der Masse ist beliebiger Veränderung zugänglich. Je nach dem Bedürfniß der zu culctivirenden Pflanzen, kann man sowohl die Erdart, also etwa: Gartenerde, Lehm-, Haide- und Moorerde, wie auch die Zusätze von Kuhmist, Guano, Knochenmehl, Hornspähne, kurzum beliebige künstliche und natürliche Düngstoffe wählen. Eine Zugabe von Kuhmist wird immer rathsam sein, da dieser dem Ganzen eine gewisse Zähigkeit verleiht. In vorstehender Beziehung wird also unser Topf, falls er mit der Pflanze in den Boden kommt, nicht allein jede schwächende Störung der Wurzeln verhindern, sondern auch, während die Feuchtigkeit ihn langsam zergehen macht, einen großen Theil zur freudigen Entwickelung und Kräftigung der Pflanze beitragen.

     Colmar im Elsaß, im August 1876.

C. H. Wesener, Obergärtner.

Noch einmal die Farbenblindheit. Der Mangel an Farbensinn kann im praktischen Leben sehr schlimme Folgen haben; es ist daher Pflicht, diesen Krankheitszustand nach allen Seiten hin zu beleuchten. Vielleicht dürfte es der guten Sache von Vortheil sein, wenn ein Farbenblinder selbst einmal sich über das Thema ausspricht. Diese Erwägung veranlaßt mich zu folgenden Zeilen.

Mein Vater war farbenblind, ebenso einer meiner Brüder; meine übrigen Geschwister wie auch alle meine Kinder erkennen die Farben. Was durch seinen Lichtreflex auf die Augen meiner Mitmenschen Eindruck macht, das ist auch für mich da. (Nur einmal war dies nicht der Fall. Ein Chemiker wollte mir die Lichterscheinung eines mit rother Farbe verbrennenden Gegenstandes im Spectrum zeigen. Er sah sie, gab mir auch den Ort an, wo er sie sah, ich aber konnte bei aller Anstrengung nichts wahrnehmen.) Dennoch sehe ich nicht wie andere Leute. Ueber das, was vollkommen weiß oder vollkommen schwarz ist, bin ich mit Jedermann einig, auch helles Gelb verwechsele ich nicht mit anderen Farben. Sonst aber giebt es für mich nur zweierlei Farben: auf der einen Seite steht das, was man feuerroth, grün und braun nennt, auf der andern Seite himmelblau, rosenroth, violett, lila.

Ich sehe z. B. den Lack meines Stubenbodens an und will mir über die Farbe klar werden. Nun, er sieht ja aus wie leicht gebrannter Kaffee, ist also braun. Freilich kommt er mir auch vor wie das Gras der Wiesen, dann wäre er grün. Wenn jedoch die Locke eines Rothkopfes darauf läge, würde ich auch keinen Farbenunterschied finden, also kann der Lack roth sein. Summa: ich weiß es nicht.

Oder man macht mich aufmerksam auf einen schönen Kleiderstoff. Ich finde ihn auch schön, spreche aber nicht von seiner Farbe, denke nur: er sieht ja gerade aus wie der wolkenlose Himmel, ist demnach himmelblau, muß aber bald hören, daß er rosa ist. Man hätte mir auch sagen können, er sei lila oder violett, und ich wäre damit einverstanden gewesen.

Schon als Kind merkte ich diese Unfähigkeit, die Farben zu unterscheiden. Wenn ich Umrisse von Figuren ausgemalt hatte, so erregte die Wahl der Farben regelmäßig die Lachmuskeln der Beurtheiler. Und andere Kinder fanden viel leichter und mehr Erdbeeren als ich, der ich sie nur durch ihre Form von ihren dunkeln Blättern zu unterscheiden vermochte. Alle Anstrengungen, den Fehler zu verbessern, waren vergeblich – ich blieb ein Pythagoräer. Zum Mann herangewachsen, konnte ich dem Tuchhändler nicht sagen, von welcher Farbe der Rock sei, den ich schon ein Jahr getragen hatte und der bei mir immer nur „der neue“ hieß. Wenn man mir in einer fremden Stadt sagt, ich solle „in das Haus mit den rothen Läden“ gehen, so weiß ich eben nicht mehr, als vorher. Zum Glück brauchte ich nie einen Fahneneid zu schwören; zum Bahn- oder Weichenwärter wäre ich ganz gewiß total untauglich.

Einen Nutzen habe ich übrigens aus diesem Mangel doch gezogen. Ich bin dadurch tolerant geworden. Tolerant gegen die Ungläubigen: sie haben eben nicht die Fähigkeit, das, was überliefert ist, schon deshalb als Wahrheit in sich aufzunehmen; tolerant auch den Gläubigen gegenüber: es ist ihnen nicht gegeben, einen Unterschied zwischen selbsterkannter und überkommener Wahrheit zu machen. Jeder sieht die Welt nur mit seinen Augen an, und der Mann, der das alte Kirchenlied: „Mitten wir im Leben sind“ gedichtet hat, zeigt in den ziemlich egoistischen Schlußversen: „ich werde ihn mit meinen Augen sehen und kein Fremder, daß er – nicht meine Augen hatte.

     W.

P.

„Die gefiederte Welt“. Eine gute Bezeichnung, die uns sofort sagt, womit wir’s zu thun haben. Nur daß dies der Titel einer Zeit- und zwar einer Wochenschrift ist, welche allen Vogelliebhabern deutscher Zunge und das ist eine große, um die ganze Erde verbreitete Gemeinde – mit allseitiger Belehrung über Wesen und Wartung, Zucht und Abrichtung der Vögel an die Hand geht, und daß der Herausgeber derselben Karl Ruß ist, der erfahrungsreiche und rastlose Forscher und Lehrer auf diesem dankbaren Gebiete, das mag wohl noch nicht allen unseren Lesern bekannt sein. Um so mehr freuen wir uns, sie auf diese treffliche Zeitschrift, welche Gediegenheit mit Billigkeit verbindet, aufmerksam machen zu können. Sie verfolgt seit fünf fahren ernst und sachgemäß ihr Ziel, über den Vogelschutz, die Vogelzüchtung und Vogelpflege nach allen Seiten hin zu belehren, und schließt auch die Geflügelzucht in ihren Kreis ein. Illustrationen giebt sie nur, wo das Verständniß sie erfordert oder wo sie ein besonderes Wort zum Gemüth zu unterstützen haben. Da das Blatt bereits so enge Beziehungen zu seinen Lesern gewonnen hat, daß viele derselben ihre Beobachtungen ihm mittheilen, da ferner die Berichte zahlreicher Vereine ihm zugehen und eine besondere Rubrik „Anfragen und Auskunft“ dem Bedürfniß eines Jeden gerecht zu werden sucht, so kann jedem Freund und Pfleger der „gefiederten Welt“ diese Zeitschrift als eine ebenso nutzreiche wie erquickliche geistige Hausmannskost auf’s Beste empfohlen werden.


Handschriftlich dargestellte Originalbeiträge berühmter Autoren der Gegenwart giebt Karl Böttcher unter dem Titel „Deutsche Dichterhelden“ (Leipzig, Röhl) heraus. Wenn auch der Satz, daß die Handschrift ein wichtiges Moment zur Beurtheilung menschlicher Charaktereigenschaften sei, wohl mit Recht vielfach angezweifelt worden ist, so muß doch die Idee, eine Sammlung von facsimilirten Niederschriften unserer namhaften Autoren in Versen und Prosa zusammenzustellen, als eine glückliche, wenn auch nicht gerade neue bezeichnet werden; ist es doch von allgemeinem Interesse, unseren literarischen Lieblingen, einem Geibel, einem Freiligrath, einem Gutzkow und Laube, einmal im handschriftlichen Gewande zu begegnen. Mögen wir dabei nur in der Einbildung oder thatsächlich psychologischen Studien nachgehen, immerhin ist es fesselnd, die Schriftzüge bedeutender Autoren vor sich zu haben. Wir heißen daher die Böttcher’sche Sammlung freudig willkommen, wenngleich wir gewünscht hätten, daß einige Handschriften von allzu obscuren Schriftstellern aus einer Anthologie ausgeschlossen geblieben wären, die sich selbst „Deutsche Dichterhelden“ nennt.


Berichtigung. In dem Artikel „Der Deutsche des Herrn Dumas“ von Ernst Eckstein in unserer Nr. 30 ist in Folge eines Irrthums der Redaction Alexander Dumas mehrmals als „Romantiker“ bezeichnet worden. Da man nun mit diesem Worte in Beziehung auf die neufranzösische Literatur einen sehr bestimmten Begriff verbindet, könnte diese Bezeichnung leicht mißverstanden werden. Man wolle daher an den betreffenden Stellen statt Romantiker lesen „Romancier“.



Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist soeben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
Schulze-Delitzsch,
Vorschuß- und Creditvereine als Volksbanken.
Praktische Anweisung zu deren Gründung und Einrichtung.
Fünfte, völlig umgearbeitete und vermehrte Auflage.
8. Eleg. brosch. Preis 6 Mark.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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