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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)

ihn in den Hof! Dort möge er hoch und mächtig werden, und vielleicht dem Greise, dem er in seiner Kindheit die erste himmlische Freude bereitet, nun auch die Bretter zur letzten Ruhestätte geben!

Es gereichte mir zum besondern Vergnügen, dem begeisterten Fichtenfreunde seine Eingangs aufgeworfene Frage in befriedigender Weise mit dem Hinweise auf zwei in Kübeln vor meinem Hause stehende Fichten beantworten zu können, sowie seiner Idee über deren schönste Verwendung die Thatsache an die Seite zu stellen, daß die fraglichen Bäume zu den erwähnten Zwecken bestimmt wären und bereits auch bei mir selbst als Weihnachtsbäume gedient hätten. Ebenso leicht war es mir, seinem Wissensdrange nach Behandlung der Nadelhölzer behufs ihrer erfolgreichen Verpflanzung Genüge zu leisten, denn die Behandlung derselben ist im Wesentlichen keine andere als die allen Baumarten zu Theil werdende. Beim Versetzen junger Pflanzen, zwei- bis dreijähriger, muß die Pfahlwurzel, die namentlich bei den Tannen außergewöhnlich lang ist, bis auf acht bis zehn Centimeter eingekürzt werden, bei größeren Bäumen vier- bis achtjährigen, sind auch die Seitenwurzeln, welche nur wenige Centimeter tief unter der Erde fortlaufen, bis auf zehn bis zwanzig Centimeter abzuschneiden; auch ist es rathsam, solche ältere Bäume, wenn sie nicht bereits in den früheren Jahren in der angegebenen Weise einmal versetzt worden waren, mit dem Erdballen zu verpflanzen und eventuell einzuschlemmen. Will man noch größere Bäume zu Anpflanzungen oder um Einsetzen in Kübel verwenden, so muß auch durch mehrmaliges Versetzen und Verschneiden der Wurzeln in der Baumschule für die Bildung einer der Größe des Baumes entsprechenden Wurzelkrone gesorgt worden sein, ganz wie bei allen anderen Bäumen auch. Die Zeit zur Verpflanzung der Nadelhölzer ist beliebig, nur dürfen sie nicht im Triebe stehen, was während der Monate Mai, Juni und Juli und je nach Gegend und Klima auch wohl im August der Fall ist. Ich habe als beste Zeit im Frühjahre die des Safteintrittes und im Herbste den October erprobt.

Sehr erfreut, daß der Durchführbarkeit der Idee keine praktischen Schwierigkeiten entgegenstehen, wie er immer gefürchtet, drang nun mein freundlicher Besuch in mich, das große Publicum mit der Sache bekannt zu machen und zu diesem Zwecke dieselbe in der „Gartenlaube“ zu besprechen, und da die Redaction sich in liebenswürdigster Weise zur Aufnahme einer diesbezüglichen Notiz bereit erklärte, glaubte der Unterzeichnete die oben geschilderte Begegnung als am geeignetsten hierzu dem freundlichen Leser bieten zu sollen. Mögen sich recht Viele an der Verbreitung und Durchführung der Idee betheiligen und sich so, nach dem Ausspruche meines geistlichen Besuchers, den herzlichsten Dank aller frohen Kinder und aller Tannen-Elfen verdienen!

     Kronstadt in Siebenbürgen, im October 1876.

O. Luckhardt.




Novellisirtes Lustspiel. Einen neuen Beitrag zum Capitel der literarischen Freibeuterei liefert uns ein Brief aus Königsberg von unserem geschätzten Mitarbeiter Ernst Wichert. Wir beeilen uns, derselben zur Warnung vor ähnlichen Vorkommnissen hier mitzutheilen.

     „Geehrte Redaction!

Sollte man es für möglich halten, daß es einem Menschen in den Sinn kommen kann, ein Lustspiel, das fast ein halbes Hundert Aufführungen im königlichen Schauspielhause zu Berlin erlebt hat, Repertoirestück des Wiener Hofburgtheaters und auf allen größten und kleinsten deutschen Bühnen heimisch geworden ist, das überdies in Reclam’s Universal-Bibliothek für zwanzig Pfennige erworben werden kann, in eine ‚Humoristische Original-Novelle‘ umzuschreiben? Dieses Ungeheuerliche leistet ein Herr Hermann Görwitz in einem in Zittau erscheinenden Blatte ‚Deutscher Kriegerbund‘ – officielles Organ diverser deutscher, mecklenburgischer, kur- und neumärkischer etc. Kriegerbünde, Wochenschrift für alle Vereine ehemaliger Militärs in Deutschland – und das Opfer ist mein Lustspiel ‚Ein Schritt vom Wege‘. Freilich nennt Görwitz die Quelle nicht, denn er schreibt ja eine humoristische ‚Original-‘Novelle, auch mißfällt ihm der Titel, und er macht daraus: ‚Des Premier-Lieutenants Flitterwochen im Bade‘, wie er denn auch sämmtlichen mithandelnden Personen andere Namen beilegt, aber damit hat seine Originalität auch ihr Genüge. Im Uebrigen hat er ganz harmlos Scene nach Scene in eine entsprechende Anzahl Original-Capitel umgewandelt und selbst große Theile des Dialogs wörtlich hinübergenommen. Daß Herr Görwitz mit dem Vermerke ‚Nachdruck verboten‘ am Kopfe seiner Novelle den Schutz des Gesetzes gegen literarische Freibeuterei in Anspruch nimmt, wird man nur vorsichtig nennen können; er scheint aus eigener Erfahrung zu wissen, wie gefährlich es ist, einen guten Einfall zu publiciren. Vielleicht passirt ihm noch die Unannehmlichkeit, daß Jemand seine ‚Original-Novelle‘ in ein deutsches ‚Original-Lustspiel‘ umschreibt und damit Geschäfte macht. Er würde es sicher sehr übel vermerken, wenn dann nicht wenigstens auf dem Theaterzettel zu lesen wäre: ‚Nach einer Original-Novelle von Hermann Görwitz.‘

Die Ungenirtheit, mit der hier fremdes Eigenthum benutzt wird, verdient Bewunderung. Aber so gern ich auch den deutschen Kriegern eine humoristische Unterhaltung gönne, zu der ich die Kosten trage, scheint es mir doch Pflicht, die Redactionen, denen etwa diese ‚Original-‘Novelle zum Nachdrucke angeboten werden möchte, öffentlich darauf aufmerksam zu machen, daß der muntere Vogel sich mit fremden Federn schmückt.

Die Klagen mehren sich, daß neu erscheinende Novellen und Romane von allgemeinem Interesse sofort in der schamlosesten Weise von Schauspielfabrikanten für ihre Zwecke ausgebeutet werden, aber in den meisten dieser Fälle wird doch wenigstens nicht versäumt, auf die Quelle hinzuweisen. Bleibt die umgekehrte Freibeuterei, bei der sogar geflissentlich durch Aenderung des Titels und der Namen der Ursprung verhüllt wird, ungerügt, so möchte bald Niemand mehr seines Gutes sicher sein.

Aus diesem für den ganzen Schriftstellerstand bedeutsamen Grunde halte ich die Sache für wichtig genug, um Sie ersuchen zu dürfen, in Ihrem weitest verbreiteten Blatte durch Veröffentlichung dieser Zuschrift davon Notiz zu nehmen.

Mit größter Hochachtung Ihr

ergebenster
Ernst Wichert.




Ein neuer amerikanischer Industriezweig. In Amerika haben sowohl die täglichen wie die wöchentlichen amerikanischen Zeitungen sehr große Auflagen, und man verlangt daselbst, daß broschirte Zeitschriften aufgeschnitten seien, ebenso die Bücher nur gebunden (oder wenigstens steif broschirt) und aufgeschnitten auf den Markt kommen. Nun haben die erfinderischen Amerikaner, um Zeit und Arbeitskosten zu sparen, längst daran gedacht, selbstarbeitende Falzmaschinen, verbunden mit Zuricht-Apparaten herzustellen. Unter allen denen aber, welche dieses Ziel verfolgten, haben die Herren Chambers Brothers u. Comp. zu Philadelphia, freilich nach einer mühevoller und große Kosten erfordernden Arbeit von fünfundzwanzig Jahren, den besten Erfolg errungen.

Sie haben Zeitungsfalzmaschinen erfunden, welche entweder an der Presse befestigt sind und dann mit derselben arbeiten oder gesondert ohne dieselbe. Auch können die feinsten Bücher auf diese Weise accurater, schneller und billiger gefalzt werden, als es mit der Hand geschehen kann. Andere solche Maschinen falzen und kleistern zugleich; wieder andere falzen, kleistern und broschiren etc.

Dies hat nun auf den Gedanken gebracht, ein eigenes Geschäft, eine „Versendungsanstalt“ zu begründen, dessen Aufgabe ist, Zeitungen, periodische Zeitschriften und dergleichen zu falzen, zu beschneiden, einzupacken und adressirt zur Post zu schaffen, ohne daß sich der Herausgeber darum im mindesten noch zu kümmern braucht. Viele Blätter haben diese Gelegenheit schon benützt, und es ist in der That eine große Verbesserung in der Expedition besonders von umfangreichen Wochenblättern, wenn man nun dieselben beschnitten und gekleistert oder geheftet, wie z. B. das „New Yorker Belletristische Journal“, welches acht Blätter enthält, wie ein Buch zur Hand nehmen kann. Und diese Zurichtung geschieht so schnell, daß, wie Herr Lexow, der Herausgeber des erwähnten Blattes, seinen Lesern versichert, das Blatt in derselben Zeit, wie früher, expedirt wird.

Ich glaube, diese Erfindung wird auch nicht ohne Einfluß auf das Zeitungswesen in Deutschland bleiben, und es wäre ein wirklicher, vom Publicum gewiß gewürdigter Fortschritt, wenn die Verleger ihre periodischen Zeitschriften, Broschüren und sogar Bücher aufgeschnitten, wie in Amerika, zum Verkaufe bringen würden.[1]

D.




Ein Leipziger Historiker als Humorist. In unseren Tagen, wo große und ernste Culturaufgaben zu lösen sind, wo über Arbeit und Mühen der naive Sinn und die echte Herzensfrische mehr und mehr verschwinden, ist der Humor, der Alles verjüngt und erquickt, eine köstliche Gottesgabe – und nun gar ein ganzes Heft voll heiterer Laune! Ein solches liegt uns in dem soeben erschienenen Werkchen „Lose Blätter und leichte Waare“ von dem Leipziger Geschichtsprofessor Woldemar Wenck (Leipzig, Bernhard Schlicke) vor. Es ist ein wahrer Jungbrunnen flott strömender Gemüthsfröhlichkeit, der in diesen „Gedichten für Stunden heiterer Einsamkeit“ seine Wasser rauschen und rieseln läßt und sie nicht selten zu prächtigen Cascaden launigen Uebermuths keck und frisch emporschnellt. Wer auf ein Stündlein hineinsteigt in das lustige Wellenbad, das sich hier aus den vollen Schläuchen Wenck’scher Witzeslust ergießt, der wird in den Strudeln und Sprudeln des Jocus alle Sorgen und Grillen hinwegspülen und sich gesund baden für so lange, wie diese leichtblüthigen Verse in ihm nachklingen, und nachklingen werden sie bei den meisten Lesern recht lange; denn das ist eben eine bezeichnende Eigenschaft dieser „Losen Blätter“ wie aller echten Poesie, daß sie eben so schnell und unmittelbar wie eindrucksvoll und nachhaltig wirken. Er hat einen kräftigen Zug und Flug, dieser Wenck’sche Humor, und doch ist er zart und decent genug, um selbst prüdesten Ansprüchen gerecht zu werden; er scheint leicht dahinzuflattern, und doch spricht aus ihm oft ein ernster Geist, stets ein feiner Sinn.

Unser Poet ist, soviel wir wissen, bisher nur in Albums und Sammelwerken mit seinen humoristischen Liederblüthen an die Oeffentlichkeit getreten, und dann auch wohl stets unter dem bescheidenen Mantel der Anonymität. Wir wissen es ihm Dank, daß er, die Aufgabe der heitern Muse richtig schätzend, gerade heute die fröhliche Schaar seiner sonst zerstreuten Geisteskinder in lachender Gemeinschaft mit Pritsche und Schellenkappe in die Welt hinaus sendet. Die Mission der humoristischen Dichtung, zu erfreuen und zu erheitern, ist, wie oft es auch anders scheinen mag, zu keiner Zeit gering zu schätzen, am höchsten aber steigt ihr Werth, wie schon angedeutet, in Zeiten rüstigen Bauens und Schaffens an großen Aufgaben, in Zeiten, wo wir uns in den kurzbemessenen Arbeitspausen, müde des Wirkens, nach einem heiteren, gutgelaunten Freunde umschauen, der dem Gemüthe Speise und Labung und so dem Geiste neue Kraft und frischen Muth bringe – in Zeiten, wie heute. Darum ein „Willkommen!“ dieser „leichten Waare“!




Ein Mitarbeiter der „Gartenlaube“, früherer Staatsbeamter, Dr. phil. und anerkannter populärwissenschaftlicher Schriftsteller, sucht eine seinen Kenntnissen und Leistungen entsprechende Stellung. Die Redaction dieses Blattes kann ihn bestens empfehlen und nimmt für ihn Anträge gesicherter literarischer Beschäftigung mit Angabe der Bedingungen gern entgegen. Der Betreffende würde sich namentlich zur Verwaltung wissenschaftlicher Sammlungen, Archive, Bibliotheken etc. sowie zu jeder Redactionsstellung gut eignen.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
  1. Ob sich diese Erfindung auch bei gut illustrirten Zeitschriften wird anwenden lassen, ist freilich noch die Frage.
    D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 764. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_764.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)